Die Kritik an den von Schulsenator Rabe vorgelegten Bildungsplänen reißt nicht ab. Bei einer Anhörung im Schulausschuss wurde einmal mehr deutlich, dass alle drei Kammern – die Lehrer-, Eltern- und Schülerkammer – die vorgelegten Entwürfe ablehnen. Auch die GEW kritisierte das zunehmende geforderte „Teaching to the test“ und rief dazu auf, diesen Prozess kritisch-konstruktiv zu begleiten: „Die Behörde spricht bei den Bildungsplanentwürfen von ‚Evolution statt Revolution‘ – für uns zeigt sich in der Ausrichtung auf verbindliche Inhalte und vermehrte Leitungsbemessungen jedoch ein Rückschritt: hin zu Bulimie-Lernen statt zu nachhaltiger und zukunftweisender inklusiver Bildung.“
Kammern einig in Kritik
„Die Überarbeitungsphase der Bildungsplanentwürfe wurde vonseiten der Schulbehörde und des Schulsenators Rabe bisher darauf verschwendet, falsche Kompromisse zu erfinden, statt die fundierte Kritik der Interessenvertretungen und Verbände an den Entwürfen sowie die Empfehlungen zu einer grundlegenden Überarbeitung ernst zu nehmen und die Entwürfe im notwendigen Maße zu überarbeiten“, spart die Schülerkammer nicht mit Kritik. Die Lehrerkammer sieht es ähnlich: „Die Chance, eine Rahmensetzung für eine zukunftsweisende, moderne und leistungsfähige Schule zu entwickeln, ist mit den bisher vorgelegten Entwürfen vertan. Kosmetische Korrekturen können die notwendige pädagogische und didaktische Zieldiskussion nicht ersetzen.“ Neben Schüler*innen und Lehrkräften sehen auch die Eltern eine Chance vergeben: „Die überwältigende Mehrheit der eingegangenen Stellungnahmen der schulpolitischen Akteure in Hamburg sieht das Bemühen um einen Entwurf zukunftsweisender Bildungspläne als gescheitert an“, fasst die Elternkammer in ihrer Stellungnahme zusammen.
Koalitionspartner: „Strukturelle Überarbeitung nötig“
Im Schulausschuss wurde deutlich, dass auch der grüne Koalitionspartner der rot geführten Behörde den Entwürfen kritisch gegenübersteht. Statt einer punktuellen Veränderung der vorgelegten Entwürfe sei eine „strukturelle Überarbeitung Richtung inklusive Zukunftsbildung“ nötig. Die Kritik entzündet sich insbesondere an der Überfrachtung, was Stofffülle aber auch die Klausurendichte angeht. Befürchtet wird auch von der GEW ein Rückfall in eine veraltete Prüfungskultur. Auch das Bündnis für zukunftsfähige Schulen in Hamburg, in dem u.a. die Verbände der Hamburger Schulleitungen und die Kammern beteiligt sind, stellt fest, dass dort ein „anderer Plan von Bildung“ als der vom Senator vorgegebene vorherrsche. Der Senator steht allein auf weiter Flur.
So viel Beteiligung wie noch nie?
Besonders auffällig ist die unterschiedliche Bewertung der Beteiligung am Entstehungsprozess. Während der Schulsenator davon redet, soviel Beteiligung „wie noch nie“ zu ermöglichen, sehen dies alle anderen Beteiligten anders: Bei den Kammern und auch bei der GEW verfestigt sich der Eindruck, dass ihre Stellungnahmen nicht ernst genommen werden und die Schulbehörde immer stärker hinter verschlossenen Türen agiert. Diese Gutsherrenart des Senators trifft nun auch den Koalitionspartner, auf deren öffentliche Kritik der Senator mit den Worten „Das klären wir intern“ reagierte, und das Beteiligungsverfahren nun einfach für abgeschlossen erklärte. Eine moderne und partizipative Beteiligung sieht sicher anders aus. So wird es keine Akzeptanz der Bildungspläne bei Schüler*innen, Eltern und Lehrkräften geben können.
Den Senator nicht damit durchkommen lassen!
Die nächsten Monate werden zeigen, ob sich der Senator mit seiner Linie durchsetzen kann, oder ob es den beteiligten Kammern, Gewerkschaften und politischen Parteien gelingt, mit ihrer gemeinschaftlich vorgetragenen Kritik die SPD dazu zu bewegen, auf ihren Senator einzuwirken: Schulpolitik in Hamburg sollte mit den Beteiligten, und nicht gegen sie gemacht werden.
Dr. Fredrik Dehnerdt, Mitarbeiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit GEW Hamburg