Arbeitszeitentlastung - Man war bemüht

GEW
Nach langem Warten präsentierte die Schulbehörde endlich ihre Maßnahmen

Montag, 3. September Curiohaus: Der Leiter des Amtes für Bildung, Norbert Rosenboom, informiert die versammelten Schulpersonalräte über die Entscheidung des Senators zu Entlastungen für Lehrkräfte. Kurz zuvor erfährt die Presse von den Plänen des Senators und am Dienstag soll der Brief des Senators die Kolleginnen und Kollegen in den Schulen erreichen.
Vor einem Jahr hatte Senator Rabe bei seinen ersten Auftritten vor Lehrkräften erklärt, er werde an den Faktoren des AZM nichts ändern, sei aber offen für Vorschläge für Streichung in Bereichen, die seit der Lehrerarbeitszeitverordnung zu vermehrtem organisatorischen Aufgaben und Verwaltungsaufwand geführt hätten.
Nun endlich, nachdem im Laufe des vergangenen Jahres Vorschläge und Beschlüsse von Lehrerkonferenzen, Personalversammlungen und Schulleiterkonferenzen beim Senator eingegangen waren, nachdem gewerkschaftliche Unterstützung das Thema ins Zentrum gerückt hatte, hat die mehrfach versprochene „Prüfung der Vorschläge” nun endlich zu konkreten Ergebnissen geführt. Zu spät – allerdings –, um im gerade begonnen Schuljahr noch wirksam zu werden, aber gerade noch rechtzeitig zu den Personalrätekonferenzen. Da von vornherein klar war, dass es der Behörde nur um kostenneutrale Entlastungen ging (abgesehen von den beschlossenen Frequenzsenkungen in den Grundschulen) und folglich weder bei Unterrichtsverplichtungen noch bei Klassenfrequenzen stellenwirksame Maßnahmen zu erwarten waren, beschränkten sich die Vorschläge zur Entlastung auf die Bereiche Testen, Prüfen, Vergleichen, Qualitätsmanagement, Verwaltungsaufgabe und Beurteilungswesen. Vielfach beschlossen die Kolleginnen und Kollegen auf Personalversammlungen oder Lehrerkonferenzen, dass sie weitere Aufgabe nur dann übernehmen würden, wenn gleichzeitig als Gegeninanzierung bisherige Aufgaben wegielen.

Was der Leiter des Amtes Bildung, Herr Rosenboom, im Auftrag des Senators den Schulpersonalräten mitteilte, ließ viele aufhorchen. Tatsächlich ist die Behördenleitung auf viele Vorschläge der Kolleginnen und Kollegen, der Schulpersonalräte und der Gewerkschaften eingegangen. Im Laufe der Diskussion sicherte Herr Rosenboom außerdem zu, dass weitere Vorschläge zur Aufgabekritik (mit Ausnahme der Forderung nach Abschaffung der Schulinspektion) geprüft würden und dass die berufsbildenden Schulen (HIBB) in den Prozess der Aufgabenentlastung gleichermaßen einbezogen würden, obwohl für deren Bereich es im Schreiben des Senators praktisch keine Entlastungsvorschläge gibt. In der Diskussion wiesen kritische Stimmen darauf hin, dass die Entlastungsvorschläge zu wenig die Arbeit in Grundschule und Sekundarstufe I berücksichtigen würden und dass die realen Klassenfrequenzen die Belastungen im Kernbereich Unterricht / Pädagogik verschärft hätten.

Einige Entlastungen müssen mit einem klaren „Aber” versehen werden. Erstes Beispiel: Der wegfallende dritte Präsenztag. Durch den Wegfall entsteht keine zusätzliche Freizeit, denn die Arbeit muss ja trotzdem getan werden. Die Kolleginnen und Kollegen haben jetzt eher die „Freiheit“ zu entscheiden, wann sie diese Arbeit machen. Zweites Beispiel: Nur noch ein verbindliches Lernentwicklungsgespräch. Das erscheint als Entlastung. Die Option ein zweites führen zu können, wird die Kolleginnen und Kollegen vor Ort unter Druck setzen. Muss der Elternwunsch berücksichtigt werden? Darf die Schulleitung bei starker Nachfrage das zweite Gespräch „dringend empfehlen“ oder gar anweisen?
Insgesamt hat die überwiegende Mehrheit der anwesenden Schulpersonalräte die vom Senator geplanten Entlastungsmaßnahmen als einen ersten, kleinen Schritt in die richtige Richtung gewertet. Nehmen wir das als Ansporn, diesen Prozess gemeinsam weiter zu forcieren.

WOLFGANG BRANDT, GPR

 

„Dass sich überhaupt etwas tut in Richtung Entlastung von PädagogInnen ist eine positive Nachricht, die zeigt, dass der ausdauernde Druck der KollegInnen und der GEW nicht ohne Wirkung bleibt, kommentiert Klaus Bullan, Vorsitzender der GEW Hamburg: „Gemessen an den Vorstellungen unserer KollegInnen zur Arbeitsentlastung, die die GEW in einer großen online-Befragung im Frühjahr erhoben hat, bleiben die Ankündigungen des Senators hinter den Erwartungen zurück. Zusätzliches Personal und kleinere Klassen gibt es nur in wenigen  Bereichen, mehr Zeit und wenigerUnterrichtsstunden fast gar nicht. Eine grundsätzliche Überprüfung des Arbeitszeitmodells indet nicht statt – damit bleibt das Hauptübel der großen Belastung der LehrerInnenarbeit erhalten. Den vielen neuen Aufgaben, die noch immer ständig auf die Schulen einprasseln, stehen nicht die entsprechenden Entlastungen gegenüber."

GEW-PRESSEINFORMATION
3. SEPTEMBER 2012

Wolfgang Brandt