Bei der GEW-Veranstaltung vom 03.02.2020 „Bündnis für gute Weiterbildung Working poor für Lehrkräfte unter staatlicher Regie: Welche Schritte können wir gemeinsam tun?“ waren FachsprecherInnen aller demokratischen Bundestagsparteien eingeladen. Die Parteien der Großen Koalition (SPD und CDU), aber auch der FPD hatten offenbar andere Prioritäten und standen nicht für die Veranstaltung zur Verfügung, sodass die Interpretation naheliegt, dass die abwesenden Parteien nicht die ganze Stadt in den Blick nehmen wollen.
„Wir werden das Thema weiter verfolgen und dafür sorgen, dass es auch bei den Koalitionsverhandlungen der neuen Regierung nach der Wahl nicht ignoriert werden kann“, führte Anja Bensinger-Stolze, die Vorsitzende Hamburger GEW gegenüber der Presse aus.
Die Veranstaltung selbst gab wichtigen Anregungen für eine Verbesserung der Lage der Weiterbildung:
Petra Densborn, BBB, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Träger beruflicher Bildung beklagte die Ausschreibung der Aufträge nach dem Billigkeitsprinzip. Das habe einen ruinösen Wettbewerb in der Branche zur Folge. Dieser zwinge die Betriebe dazu, auf Honorar umzustellen und sich am Mindestlohn Weiterbildung zu orientieren, um überhaupt Aufträge zu bekommen. Sie forderte eine Anhebung des Bundesdurchschnittskostensatzes und eine Orientierung der Vergabe von Kursen an der Qualität sowie eine längerfristige Vergabe von Aufträgen, die den Unternehmen eine Planbarkeit ermöglicht und die Etablierung von verbindlich erklärten Tarifverträgen in der Branche. Die Weiterbildung müsse als vierte Säule in der Bildung verankert werden.
Ansgar Klinger, GEW Hauptvorstand, Organisationsbereich Berufliche Bildung und Weiterbildung,
stellte gemeinsame Interessen und Handlungsmöglichkeiten mit dem BBB fest, da die ruinösen Rahmenbedingungen für diesen Bereich der Weiterbildung vom Staat vorgegeben werden. Er forderte ein Bundesrahmengesetz für Weiterbildung mit verbindlichen Regeln für den gesamten Bereich, auch für die politische Weiterbildung. Die GEW fordere von den Bundesländern einen Weiterbildungshaushalt von mindestens 1 Prozent ihres Bildungshaushaltes. Davon sind nach Untersuchungen der GEW alle Bundesländer, auch Hamburg, weit entfernt. Er forderte Dauerstellen für Daueraufgaben und eine Verstärkungen der Professionalisierung der Beschäftigten in der Branche.
Perspektivisch sollten die Sprachkurse in Länderverantwortung übergehen und vergleichbar dem Schuldienst unter ähnlichen tariflichen Bedingungen organisiert werden. Dies gelte auch für den Unterricht. Dieser bedürfe eine gute Vor- und Nachbereitung. Für eine Vollzeitstelle bedeute das nicht mehr als 25 Unterrichtsstunden.
Weiter forderte Klinger ein Mindesthonorar von 39 € für alle Tätigen in der Weiterbildung, auch in den Volkshochschulen.
Für die Beschäftigten im Bereich der Sprach- und Integrationskursen forderte er Löhne vergleichbar dem TV ÖD EG 11 und Honorare in Höhe von 58 € pro Unterrichtsstunde. Für den Schuldienst sei „DAZ/DAF“ als eigenes Unterrichtsfach eine Notwendigkeit. Dies schaffe für die Beschäftigten der Weiterbildung eine Übergangsmöglichkeit in den Schuldienst.
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, MdB (BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN), führte aus,
Weiterbildung sei zwar ein ganz wichtiges Thema in Berlin. Digitalisierung, ökologischer Umbau, Migration seien dabei intensiv diskutierte Themen. Aber die Arbeitsbedingungen in der Branche seien nicht im Fokus. Hier sei die Politik in der Verantwortung. Der Mindestlohntarifvertrag soll allgemeinverbindlich werden. Auch Mindesthonorare solle es in der Branche geben; er wendete sich aber gegen eine einheitliche Höhe. Die Vergabepraxis solle reformiert werden, bei der Vergabe solle auch die Qualität berücksichtigt werden. Außerdem solle die soziale Sicherung verbessert werden. Eine freiwillige Arbeitslosenversicherung solle ermöglicht werden und eine Bürgerversicherung. Strengmann-Kuhn forderte außerdem eine Erhöhung der staatlichen Ausgaben für die Weiterbildung, um Festbeschäftigung in der Branche zu erreichen. Er sah eine gesetzliche Regelung für die Faktorisierung als notwendig an, wenn dies nicht tariflich geregelt werden kann.
Sabine Zimmermann, MdB (DIE LINKE), kritisierte die geringe gesellschaftliche Anerkennung der wichtigen Arbeit in der Weiterbildung. Sie forderte ordentliche Tarifverträge mit einer Regelung der Arbeitsbedingungen für die Branche, der Mindestlohn sei nur die unterste Haltelinie. Außerdem stellte sie die Idee einer Sozialversicherung zu geringeren Kosten bei Honorarkräften und bei geringen Einkünften vor. Sie forderte weiter ein Recht Weiterbildung in Betrieben, aber auch für Arbeitslose, ebenso für die Beschäftigten in der Weiterbildung. Weiterbildung koste. Das Geld dafür sei eine notwendige Zukunftsinvestition.
Die Forderungen der GEW Hamburg zur Bürgerschaftswahl 2020, u. a. mit dem Kapitel "Beschäftigungsbedingungen in der Weiterbildung verbessern" finden sich unter https://www.gew-hamburg.de/themen/bildungspolitik/leitlinien-fuer-gute-bildungspolitik-in-hamburg.
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