Die "elbkinder"-Geschäftsführung verweist auf das Lohngefüge des öffentlichen Dienstes und beschreibt die Erfüllung der Forderungen der Gewerkschaften als „Begünstigung“ des Erziehungsdienstes. Weiterhin verweist sie auf die Brutto-Einkünfte die eine beschäftigte Erzieherin erhält, die in Vollzeit arbeitet.
Die Forderung der Gewerkschaften lautet: Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes. Selbstverständlich ist das ein Eingriff in das Vergütungsgefüge. Denn genau darum geht es: ErzieherInnen und alle weiteren Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst leisten eine umfassende Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsarbeit, die bisher nicht in der Vergütung abgebildet wurde.
Wer eine im Regelfall fünf Jahre dauernde Ausbildung (ohne Ausbildungsvergütung) durchläuft, sich dann im Berufsleben laufend fortbilden muss und sich im Berufsalltag auf immer neue Anforderungen einstellen muss, mit Kindern arbeitet und jedem Kind individuell gerecht werden muss, der ist nicht vergleichbar mit in der Regel technischen Berufen im öffentlichen Dienst, die eine ähnlich lange Ausbildungszeit durchlaufen. Einen Vergleich mit einer dreijährigen Berufsausbildung ist wegen der kürzeren (und bezahlten) Ausbildung nicht statthaft.
Verschwiegen wird bei dem Vergleich zu anderen Berufen im öffentlichen Dienst mit ähnlich langer Ausbildungsdauer, dass die ErzieherIn erst nach 21 Jahren Berufstätigkeit die Endstufe erreicht und andere Angestellte im öffentlichen Dienst ihre Endstufe nach 15 Jahren Tätigkeit erreichen.
Gerade im ErzieherInnenberuf findet sich ein hoher Anteil an Teilzeitstellen. Die ErzieherInnen nehmen die Teilzeitbeschäftigung in Anspruch, weil es nur wenige Vollzeitstellen gibt (Teilzeitquote bundesweit bis zu 60%). Es sind Zwangsteilzeitstellen.
Der Nettoeinkommensvergleich ergibt folgende Zahlungen:
Bei Steuerklasse 1 und Vollzeit 1.605,- Euro;
bei Steuerklasse 1 und 25-Std. Teilzeitstelle (max. bei GBS-Erz.-Innen): 1.149,- Euro
oder bei verheirateten Kolleginnen Steuerklasse 5 und Vollzeit 1.305,- Euro
und bei 25 Stunden Teilzeit 932,- Euro.
Erst nach 21 Berufsjahren erreicht man als ErzieherIn bei Vollzeit und St.- Kl. 1 ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.027,- Euro. Die teilzeitbeschäftigte Erzieherin mit 25 Stunden Teilzeit und St. – Kl. 1 ein Einkommen in Höhe von 1441,- Euro.
Nebenbei bemerkt: Die Sendung „tagesthemen“ vom 05.05.2015 verglich die Erziehereinkünfte mit den Einkünften von Industriemechanikern und stellte fest, dass schon das Einstiegsbruttogehalt für den Industriemechaniker um 1.000 Euro höher ausfällt.
Die Geschäftsführung unterstellt den Gewerkschaften mit dem Forderungspaket eine strategisch wichtige Weichenstellung für weitere Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst zu betreiben. Das ist zum jetzigen Zeitpunkt reine Spekulation. Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings, dass der gesamte öffentliche Dienst schon seit Jahrzehnten unter dem Einkommensniveau der freien Wirtschaft liegt. War in Vorjahren noch mit dem Argument des sicheren Arbeitsplatzes eine Begründung für die geringere Vergütung gefunden, so ist diese Begründung in Zeiten des Stellenabbaus im öffentlichen Dienst auch nicht mehr aufrecht zu halten.
Aus all den hier aufgezeigten Gründen halten wir daran fest, dass die ungerechte Bezahlung aller Kolleginnen und Kollegen im Sozial- und Erziehungsdienst endlich beendet werden muss und hoffen weiterhin auf die Unterstützung der Öffentlichkeit.
Für die Hamburger Kita-Träger stellt es sich tatsächlich so dar, dass die Finanzierung des Kita-Betriebs hauptsächlich aus Gutscheinmitteln bestritten wird. Somit muss sich jede Tariferhöhung oder Veränderung des Tarifgefüges im Gutscheinsystem wiederfinden. Die Haushaltsmittel, die in das Kita-Gutscheinsystem eingestellt werden, erhöhen sich nicht automatisch deshalb, weil es höhere Tarifabschlüsse gibt. Die Behörde, bzw. der Senat gibt vor, wie viel Geld aus dem Stadthaushalt in die Kindertagesbetreuung fließt. Deshalb ist es auch in dieser Tarifauseinandersetzung wichtig, der Hamburger Regierung deutlich zu machen, dass für die Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes den tarifgebundenen Trägern mehr Geld zur Verfügung gestellt wird.
Eltern, die ebenfalls hinter der Forderung der Gewerkschaften stehen, könnten ihren Unmut über diese Tarifauseinandersetzung auch an die Regierungsparteien richten.
Die Arbeitgebervertreter und der Hamburger Senat haben es in der Hand, diese Tarifauseinandersetzung schnell zu beenden.