Selbstbewusstsein, Mut und Druck

12. Februar 2014Von: Andreas HammThema: Tarif / Besoldung
Anmerkungen zur Podiumsdiskussion am 11. Februar 2014: Für Musik begeistern?! Was ist Hamburg musikalische Bildung wert?
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Wie kann das gehen? Die Teilnehmer einer Podiumsdiskussion sind sich weitgehend einig – und gleichzeitig ist die Veranstaltung spannend,
lehrreich und macht Mut.

Im Rahmen des einwöchigen Warnstreiks hatten ver.di und GEW zu einer Podiumsdiskussion eingeladen.Teilnehmer waren: Prof. Wolfhagen Sobirey, Edda Georgi (langjährige Elternvertreterin der JMS), Prof. Hans-Georg Spiegel (HfMT), Katrin Steinbach (Lehrkraft JMS), Gerald Mertens (Geschäftsführer Deutsche Orchestervereinigung) und Philip Stein (Referent der Elbphilharmoinie).

Die Überschrift stammt aus dem Schlusszitat von Wolfhagen Sobirey. Er sprach damit neben einem Kompliment an die streikenden Kolleginnen und Kollegen auch das aus, was die übrigen Podiumsteilnehmer so oder ähnlich ausdrückten.Dabei waren die Ausgangspunkte und die Begründungen zum Teil unterschiedlich.Philip Stein sah die Bedeutung der Arbeit an der Jugendmusikschule in der Bildung des Publikums. Ein Publikum für Spitzenmusik entstehe durch musikalische Grundbildung. Die langjährige Elternvertreterin Edda Georgi lobte die Lehrkräfte. Sie seien hochmotiviert und könnten die Kinder für Musik begeistern. Und das trotz vielfach ungünstiger Arbeitsbedingungen. Wie die aussehen, konnte Katrin Steinbach an Hand ihrer Arbeitswoche anschaulich darstellen. Für ein Publikum, das natürlich ähnliche Erfahrungen macht. Auch Gerald Mertens nahm die Arbeitsbedingungen zum Anlass, einen Schwerpunkt auf die Besonderheit von Musikern im Vergleich zu anderen Berufsgruppen zu legen. Es sei schwer für Individualisten, einen Streik zu organisieren und auch zu streiken. Aber man müsse über diesen Schatten springen, wenn man Erfolg haben wolle. Sonst glaube die andere Seite, man wolle ja nur spielen.

In der zweiten Diskussionsrunde ging es mehr um die Qualität der Arbeit und ihre Bedeutung. Neben der Vermittlung von musikalischen Fähigkeiten habe musikalische Erziehung auch eine wichtige Bedeutung für die Gewinnung von Kernkompetenzen. Edda Georgi benutze sogar den Begriff Prävention. Gerald Mertens wies darauf hin, dass das Erlernen eines Instrumentes Ausdauer verlange, eine Fähigkeit, die in der Berufsausbildung nur zu oft fehle.
Diese Diskussion führte dann zu einem weiteren zentralen Thema, der Bedeutung von Einzel- und Gruppenunterricht. Die einseitige Orientierung auf Gruppenunterricht, wie die Schulbehörde es wolle, sei ein Fehler. Mit dem geplanten Heraushebungsmerkmal für die Arbeit in Gruppen, so Wolfhagen Sobirey, zeige die Schulbehörde, dass sie die Bedeutung von Einzelunterricht nicht verstanden habe. Beides müsse die JMS leisten. Dem pflichtete Hans Georg Spiegel bei, der deutliche Defizite bei Hochschulzugängern sah. So etwas könne man nur im Einzelunterricht entwickeln, der mithin ein Kernbereich der JMS sei. Und daraus ergebe sich auch die Notwendigkeit einer besseren Bezahlung. Katrin Steinbach fasste es so zusammen: “Wir müssen alles können.“ Und um die dafür angemessene Bezahlung ginge es in diesen Tarifverhandlungen.

Das sah auch das Publikum so. Eine Kollegin machte den Vorschlag, nicht nur jedes Kind, sondern auch jeden Bürokraten mit einem Instrument vertraut zu machen. Das erhöhe vielleicht das Verständnis. Der Bürgerschaftsabgeordnete der Linken, Norbert Hackbusch, brachte es auf den Punkt: Eine solche Bezahlung gehört sich nicht. Auch wenn kein Vertreter der regierenden SPD anwesend war, die Botschaft war doch deutlich: Musikstadt Hamburg darf nicht heißen, Leuchtturmprojekte für wenige, sonder musikalische Basisarbeit für Viele. Dafür müsse die Stadt Mittel bereitstellen – und nicht kürzen, wie gerade geschehen.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dieser Diskussionsveranstaltung konnten jedenfalls zwei Erkenntnisse mitnehmen: Die Unterstützung der Fachwelt für die Tarifverhandlungen und den Streik ist einhellig. Und: Unsere Argumentation für eine bessere Bezahlung ist richtig und nachvollziehbar. Das müssen  Schulbehörde und Senat jetzt nur noch begreifen. Und dafür gibt es diesen Streik.

Foto: Marion Dittmer