Steuerungsgruppe – Kampfmittel der Schulleitung?!

14. Mai 2014Von: Thema: Schule
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Viele Entscheidungen werden von Steuer-,Qualitäts- oder Schulentwicklungs-
gruppen vorbereitet und in der Lehrerkonferenz nur noch vorgestellt. Diese Praxis ist mit dem Schulgesetz kaum vereinbar.

Situationsbeschreibung

Im Zuge der selbstverantworteten Schule bzw. zur Umsetzung des Orientierungsrahens Schulqualität haben Schulleitungen Steuer-  oder andere Gruppen eingerichtet. Die Mitarbeit in solchen Gruppen wird in der Regel über Funktionszeiten honoriert, also über den F-Zeitenanteil der Lehrerarbeitszeitverordnung von allen Lehrkräften bzw. aus dem Schülerbedarf finanziert. Mit Hilfe dieser Gruppen treffen Schulleitungen häuig Vorentscheidungen darüber, wie und in welchem Umfang Behördenvorgaben umgesetzt werden.

In dieser wenig transparenten Weise wird damit auch über den Umfang zusätzlicher Aufgaben an den Schulen entschieden. Das Vorgehen ist aus Sicht der Schulleitungen nachvollziehbar und über den Qualitätsrahmen Schulqualität begründbar. Die  Schulleitungen holen sich leistungsbereite und frische Kräfte in ihre Gruppen,mit denen man, von Schultraditionen unabhängig und frei von Verweisen auf die Lasten der Lehrerarbeitszeitverordnung, die Schule neu aurichten kann. Bei der eigentlichen Arbeit ist aber nur ein kleinerer Teil des Kollegiums beteiligt und in der Regel nich vom Kollegium  legitimiert. Trotzdem übernehmen  solche Gruppen an  einzelnen Schulen sogar Aufgaben der Lehrerkonferenz. Z.B.  hat kürzlich die Schulleitung an einer Schule die „Erörterung in der Lehrerkonferenz“ über eine A-14-Stelle durch das Einvernehmen in der  Steuergruppe ersetzt und das Ergebnis dem Kollegium mitgeteilt. Der Personalrat wurde nicht gesondert informiert, sondern auch über die Mitteilun an das Kollegium. Das Vorgehen entspricht der Praxis an vielen  Schulen, widerspricht aber u.a. der Beförderungsrichtlinie.

Vergangenheit

Früher – vor der Lehrerarbeitszeitverordnung und der selbstverantworteten Schule –  war die Lehrerkonferenz bei der Schulentwicklung und dem Haushalt viel stärker eingebunden und/oder hat für die Bearbeitung vieler Themen Ausschüsse  eingerichtet, die von der Konferenz selbst besetzt wurden. Die Mitglieder der Ausschüsse waren daher demokratisch aus der Lehrerkonferenz heraus legitimiert und handelten im Namen der Lehrkräfte und der anderen Konferenzmitglieder. Ein an Schulen noch manchmal anzuterffendes Relikt aus dieser Zeit ist der Haushaltsausschuss.

Bewertung

Welche Themen darf eine Steuergruppe für die Lehrerkonferenz vorbereiten bzw. vordiskutieren? Welche Grenzen müsste eine Schulleitung bei der Aufgabenzuweisung beachten? Das Schulgesetz weist der Lehrerkonferenz eine Reihe von Aufgaben zu, deren zugehörige Themen damit der al-leinigen Entscheidung durch die Schulleitung bzw. von der Schulleitung benannten Gruppen entzogen sind. Dazu unten § 57 des Hamburgischen Schulgesetzes im Wortlaut. Geht man davon aus, dass die hier benannten Themen Sache der Lehrerkonferenz sind, bleibt für Gruppen, die nicht über die Lehrerkonferenz besetzt werden,  nur wenig Raum. 

Qualitätszirkel oder Qualitätsausschuss?

Da es sich bei den allermeisten Aspekten des Qualitätsrahmens Schulqualität um Grundsätze der Unterrichtsgestaltung und der Unterrichtsmethoden sowie um Grundsätze der Erziehung, Betreuung und Beratung an der Schule handelt, müsste die Lehrerkonferenz einen Qualitätsausschuss einrichten, wenn sie nicht selbst die Fragen diskutieren und entscheiden will. Die „Einrichtung einer Qualitäts- oder Steuergruppe“ gehört allerdings nach dem Orientierungsrahmen Schulqualität zu den Aufgaben der Schulleitung. Hier ist  scheinbar die Konkurrenz zweier Regelungen gegeben. Der Orientierungsrahmen hat aber nur den Charakter eines Leitfadens. Anzuwendendes Recht ergibt sich aber nur aus dem Schulgesetz.  Möchte eine Schulleitung beidem gerecht  werden, müsste sie wie folgt verfahren: Die Schulleitung beantragt in der Lehrerkonferenz die Einrichtung einer „Qualitäts- oder Steuergruppe“ und die Lehrerkonferenz richtet  sie per Beschluss ein, denn es ist das alleinige Recht der Lehrerkonferenz, solche Ausschüsse einzurichten. Bei diesem Vorgehen wird die vom Orientierungsrahmen geforderte Gruppe zu einem Ausschuss der Lehrerkonferenz, auch wenn dieser „Qualitäts- oder Steuergruppe“ heißt.  Eine „Qualitäts- oder Steuergruppe“ ist auch nicht unbefristet besetzt. Eine Lehrerkonferenz sollte nach spätestens zwei Jahren die Besetzung diskutieren und ggf. eine andere Besetzung durch Abstimmung vornehmen. Ein solches Vorgehen sichert  nicht nur die Beteiligung der Lehrerkonferenz und verhindert  eine Instrumentalisierung neuer Kolleginnen und Kollegen, sondern schützt auch die (jüngeren) Mitglieder solcher Gruppen. Jüngere mögen zwar allgemein belastbarer sein, können aber durch die Mitgliedschaft in einer „Qualitäts- oder Steuergruppe“, das Hineinwachsen in den Lehrberuf und ggf. weitere Lasten auch schnell überlastet werden.  Ähnliches gilt für die anderen Mitglieder. Die regelmäßige Neubesetzung von Gruppen und Gremien bietet da einen konlikt freien Ausweg und erspart  einen  zu begründenden Rücktritt.

Fazit

Die aktuelle Praxis vieler Schulleitungen, ohne Beteiligung der Lehrerkonferenz „Qualitäts- oder Steuergruppen“ einzurichten, geht an  den Vorgaben des Schulgesetzes vorbei. Wenn diese Praxis durchbrochen werden soll, müssen allerdings die Lehrerkonferenzen selbst tätig werden. Ein Anordnung der BSB oder des HIBB, das Schulgesetz einzuhalten, kann es nicht geben und würde kaum zu Änderungen führen. Die GEW-Betriebsgruppen oder die Lehrerkonferenzen müssen also beharrlich die Beteiligung einfordern. Die  Wiedergabe der Steuergruppendiskussion wird im günstigsten Fall durch die von der Steuergruppe vorbereitete Diskussion der Lehrerkonferenz ersetzt. So können die Lehrerkonferenzen darüber mitentscheiden, wie und in welchem Umfang Behördenvorgaben umgesetzt und ggf. zusätzliche Aufgaben an den Schulen geschaffen werden. Das wäre ein notwendiger Schritt zur demokratischen Schule.

ROLAND KASPRZAK
GPR-Vorstand

Auszug aus dem Hamburger Schulgesetz:

Dritter Abschnitt: Lehrerkonferenz

§ 57

Aufgaben

(1)

Die Lehrerkonferenz ist das Beratungs- und Beschlussgremium der Lehrerinnen und Lehrer der Schule. Sie berät über die Gestaltung der Bildungs- und Erziehungsarbeit der Schule und entscheidet darüber unter Berücksichtigung der von der Schulkonferenz oder dem Schulvorstand beschlossenen Grundsätze. Sie erstellt auf Verlangen der Schulkonferenz die für Beschlüsse nach § 53 Absatz 1 notwendigen Vorlagen. Sie fördert die Zusammenarbeit der Lehrkräfte. Sie wählt aus ihrer Mitte ihre Vertreterinnen und Vertreter für die Schulkonferenz oder den Schulvorstand und den Findungsausschuss.

(2)

Die Lehrerkonferenz beschließt insbesondere über
1. Grundsätze der Unterrichtsgestaltung, der Unterrichtsmethoden und der Leistungsbeurteilung sowie Verfahren zu deren Koordinierung und Auswertung,
2. Grundsätze der Unterrichtsverteilung, der Aufsichts- und Vertretungsregelungen und der Übertragung dienstlicher Aufgaben an Lehrerinnen und Lehrer der Schule,
3. Grundsätze der Erziehung, Betreuung und Beratung an der Schule,
4. Inhalt und Durchführung der schulinternen Lehrerfortbildung,
5. die Verwendung der Haushaltsmittel im Rahmen der von der  Schulkonferenz oder dem Schulvorstand beschlossenen Grundsätze.

Hier im Anhang  die "Roten Karten" zu den Entscheidungsbefugnissen der Lehrerkonferenz, die es im Original in der GEW Geschäftsstelle gibt:

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