Obwohl ein von der BSB in Auftrag gegebenes Gutachten der Professoren Rauer und Schuck den Mehrbedarf an sonderpädagogischer Förderung insbesondere an den Stadtteilschulen bestätigt hat, hat die Behörde im Herbst 2014 ein weiteres Verfahren zur Diagnostik für die Bereiche Lernen, Sprache und emotional-soziale Entwicklung (LSE) von SonderpädagogInnen und Grundschullehrer-Innen in den 4. Klassen durch führen lassen. Ein Feststellungs- und Zuschreibungsverfahren, das mit einem 11seitigen Vorklärungsbogen, der durchschnittlich 5 Stunden und weitere 1-2 Konferenzen pro Schüler enormen Mehraufwand nach sich zog und wiederum im Januar den Bedarf an sonderpäda-gogischer Förderung bestätigte, soll nun jedes Jahr in den Klassen 3 und 4 laut Behördenpapier vom 01.04.2015 durchgeführt werden. Ein altes Verfahren, dass die Kinder stigmatisiert und nicht den nächsten Lern- und Entwicklungsschritt mit den Schülerinnen und Schülern gemeinsam definiert (Förderdiagnostik).
„Statt entsprechendes Personal an die Schulen zuzuweisen, will der Senator wieder und wieder prüfen und diagnostizieren. Nicht nur dass dieses Vorgehen der Behörde die Erfahrung und Kompetenz der Kolleginnen und Kollegen infrage stellt, es ist den Kolleginnen und Kollegen gegenüber unangemessen und kontraproduktiv und bedeutet eine Missachtung der bereits erfolgten diagnostischen Arbeit,“ kommentiert Anja Bensinger-Stolze, GEW-Vorsitzende.
Während der Durchführung dieses zusätzlichen Verfahrens müssen die Schülerinnen und Schüler auf die sowieso schon zu gering ausgestattete Förderung verzichten.
„Die GEW lehnt dieses Verfahren ab. Es ist ein Mehraufwand für die Kolleginnen und Kollegen, die das einzelne Kind nicht einen Schritt weiter bringt. Wir befürchten, dass weder Eltern, noch Kinder und auch die Kolleginnen und Kollegen dies auf Dauer nicht mitmachen werden und damit dem Senator in die Hände spielen, der diese Jahrhundertreform zum Nulltarif haben will. Statt dieser sinnlosen Testerei fordern wir eine personelle Ausstattung der Schulen, die sich an dem erfolgreichen Modell der Integrationsklassen orientiert. Inklusion braucht mehr: Nämlich 550 Stellen in Hamburg! Daran hat sich auch nach der Wahl nichts verändert“, so Bensinger-Stolze.
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