Ein langjähriger Kampf der GEW für die Kolleginnen und Kollegen kommt zu einem erfolgreichen Ende. Schulen in einkommensschwachen Stadtteilen sind jedoch in Zukunft schlechter gestellt
Zunächst die gute Nachricht: Seit Jahren kämpft die GEW dafür, dass das Hamburger Reisekostengesetz (HmbRKG) auch auf Lehrerinnen und Lehrer der FHH angewandt wird. Genau wie alle anderen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes haben auch diese Beschäftigten ein Anrecht darauf, dass die Kosten, die im Rahmen einer genehmigten Dienstreise entstehen, vom Dienstherrn beglichen werden. Zum 1.3.2016 erscheinen nun Änderungen, die dazu führen, dass die Forderung der vollständigen Erstattung der Reisekosten umgesetzt werden: die Neufassung der „Richtlinie Schulfahrten“ und die „Bestimmungen zur Erstattung von Reisekosten auf Schulfahrten“.
Zur Historie
Kolleginnen und Kollegen an Schulen bekamen trotz der eindeutigen Regelung des HmbRKG vom 21. Mai 1974, dass der Dienstherr die Reisekosten der Beschäftigten übernehmen muss, ihren Anspruch in der Praxis in der Regel nicht durchgesetzt.
Ein Kollege hatte 2013 mit Unterstützung der GEW Widerspruch gegen die auf einen Höchstbetrag begrenzte Reisekostenerstattung eingelegt. Im August 2013 wurde dem Widerspruch seitens der BSB stattgegeben und der Kollege erhielt die vollen ihm bei der Klassenreise entstandenen Kosten erstattet. Als Folge davon konnten Kolleginnen und Kollegen von dieser Entscheidung profitieren, jedoch nur, wenn sie sich selbst die Mühe machten, Widerspruch einzulegen. Dies war ein erster kleiner Erfolg, aber nicht das Ziel, das die GEW erreichen wollte.
Die Gewerkschaft wurde in ihrer Auffassung vom Gesamtpersonalrat unterstützt, dass die Regelungen des Gesetzes für alle Beschäftigten gelten, und zwar ohne darum durch Widerspruch kämpfen zu müssen.
Die Neuerungen
Auch auf Grund des Druckes durch alle aktiven Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter hat die BSB sich entschlossen zum 1.3.2016 die folgenden Änderungen vorzunehmen:
Die BSB unterscheidet in „pflichtmäßige“ und „freiwillige“ Fahrten. Schülerinnen und Schüler haben in Hamburg einen Anspruch auf eine Klassenfahrt in der Grundschule und drei an weiterführenden Schulen (zwei in Sek I und eine in Sek II). Hierbei handelt es sich um „pflichtmäßige“ Fahrten. „Freiwillige“ Fahrten sind alle weiteren, die über die Pflichtfahrten hinausgehen: Kennenlernfahrt, Austausch, Projektfahrt etc.
Der Höchstkostensatz für Pflichtfahrten ist neu berechnet worden: Die Zuweisungen an die Schule werden sich ab dem 1.3.2016 anders bemessen als bisher: Pro Klasse und Pflichtfahrt gibt es zwei Begleitpersonen. Die Schule bekommt den in der „Richtlinie Schulfahrt“ ausgewiesenen Höchstbetrag für zwei Begleitpersonen pro Pflichtfahrt.
Bei der Antragstellung auf Genehmigung einer Schulfahrt ist der Schulleitung ein Kostenplan vorzulegen, der alle Fahrt-, Übernachtungs-, Verpflegungsund Nebenkosten umfasst. Die „Bestimmungen zur Erstattung von Reisekosten für Schulfahrten“ sind eindeutig: Die von der Schulleitung genehmigten Kosten sind in vollem Umfang zu bezahlen.
Den begleitenden Lehrkräften werden also die genehmigten Fahrtkosten in vollem Umfang erstattet, gleiches gilt für die Übernachtungskosten. Notwendige Eintrittsgelder etc. werden gegen Vorlage der entsprechenden Nachweise ebenfalls erstattet. Wichtig ist dabei, dass sie nur dann als notwendig gelten, wenn die konkrete Aktivität vor Antritt der Fahrt aus- drücklich genehmigt worden ist. Verpflegung soll zusammen mit den Schüler_innen eingenommen werden, die entstehenden Kosten werden ebenfalls ersetzt. Ein Anspruch auf Tagegeld besteht daher jedoch nicht, er kann im Einzelfall nur dann in Betracht kommen, wenn eine gemeinsame Einnahme der Mahlzeiten unmöglich ist.
Diese Bestimmungen gelten auch für „freiwillige“ Fahrten (etwa im Rahmen von Schulpartnerschaften oder Austauschen). Die Schule übernimmt die Lehrerreisekosten in dem Umfang des von der Schulleitung genehmigten Kostenplans. Die Gelder werden der Schule aber nicht gesondert zugewiesen. Die Schule muss diese durch Umschichtung innerhalb des SBF (Selbstbewirtschaftungsfonds) tragen. Die Schule legt bei den „freiwilligen“ Fahrten die Höhe der Reisekosten selbst fest. Auch hier ist aber klar, dass den begleitenden Lehrkräften alle genehmigten und notwendigen Kosten erstattet werden.
Ist jetzt alles gut?
Damit verschärft sich die Situation an Schulen in benachteiligten Stadtteilen. Die Schulleitungen sehen sich gezwungen, ein möglichst breites Angebot an sog. „freiwilligen“ Schulfahrten zu machen. Ebenso verbergen sich hinter diesen Aktivitäten für Schülerinnen und Schüler besondere Chancen, außerhalb des Klassenzimmers zu lernen. Die Lehrerreisekosten für Austausche, Projektfahrten oder ähnliches müssen aus dem SBF der Schulen querfinanziert werden, ohne dass es eine besondere Zuweisung durch die BSB gibt. Schulen in einkommensschwachen Stadtteilen werden benachteiligt sein. Die Lehrerreisekosten wurden bislang dadurch beglichen, dass die Kolleginnen und Kollegen die Freiplätze für sich nutzten. Dies ist allerdings nicht gestattet, was durch die sehr eindeutige Neuregelung für die Annahme von Belohnungen und Geschenken seit diesem Schuljahr noch einmal ausdrücklich klargestellt wurde. Die Schulvereinstöpfe an Schulen in benachteiligten Stadtteilen sind schwach bestückt. Es ist fraglich, ob sie die Reisekosten vieler Schülerinnen und Schüler vor- oder mitfinanziert können.
Lucie Kuhse, Mitglied des Geschäftsführenden Ausschuss (GA) und Anke Beyer, GEW-Rechtsreferentin
Der Artikel erschien in der hlz 1-2/2016
Foto: Gila Hanssen / www.pixelio.de