Der digitale Wandel, die Veränderung der Arbeitswelt und die Heterogenität der Schülerschaft erfordern nach Ansicht von Fachleuten eine Reform des Abiturs. Dazu stellte ein Bündnis, zu dem auch die GEW gehört, sechs Eckpunkte vor.
Ein Bündnis aus Praktikerinnen und Praktikern, Fachleuten und der GEW fordert die Kultusministerkonferenz (KMK) auf, das Abitur zeitgemäßer und flexibler zu gestalten. Dabei geht es dem Bündnis um mehr Vergleichbarkeit der Abiturnoten, individuellere Bildungswege durch eine immer diversere Schülerschaft, neue Lern- und Prüfungsformate sowie das Erlernen von Kompetenzen, die in der digitalen Gesellschaft und Arbeitswelt wichtig sind.
„Wir plädieren für eine Oberstufe, in der fachlich und interdisziplinär, individuell und im Team, projektorientiert und inhaltlich vertieft, digital und analog, handlungsorientiert und theoriebezogen auf hohem Niveau gelernt und gearbeitet werden kann“, heißt es in der „Potsdamer Erklärung“, die das Bündnis am Freitag vorstellte. GEW-Vorstandsmitglied und Schulexpertin Anja Bensinger-Stolze sagte: „Für mehr Bildungsgerechtigkeit brauchen wir flexiblere Wege zum Abitur.“
Länder planen Oberstufenreform
Hintergrund: Das „Bündnis für ein zukunftsfähiges Abitur“ befürchtet, dass Gestaltungsräume der Schulen und Reformansätze eingeschränkt werden, wenn die KMK wie geplant im März eine neue „Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe und der Abiturprüfung“ verabschiedet.
In der „Potsdamer Erklärung für ein zukunftsfähiges Abitur“ heißt es daher weiter: „Alle Jugendlichen müssen lernen, im Team zu arbeiten und ihr Lernen selbstständig zu verantworten. Kreatives und vernetztes Denken ebenso wie komplexe Problemlösefähigkeiten gehören zu den notwendigen und geforderten Kompetenzen.“ Viele Grundschulen und Schulen in der Sekundarstufe I veränderten seit Jahren ihre pädagogische Arbeit in diesem Sinne, in der gymnasialen Oberstufe hingegen verhinderten strikte formale Regelungen dies.
Die heterogene Schülerschaft sei eine Chance, erklärte Bensinger-Stolze weiter und betonte zugleich: „Um diese Chance zu nutzen, bedarf es flexiblerer Wege zum Abitur, nicht noch mehr Klausuren und noch mehr Auflagen. Um den Jugendlichen mehr Zeit zu geben, sich mit anspruchsvollen Themen auseinanderzusetzen, brauchen wir weniger Verpflichtungen und mehr Freiheiten im Curriculum“.
Sechs Handlungsfelder
Ihre Forderungen formulieren die Verfasserinnen und Verfasser des Papiers in sechs Handlungsfeldern. Zu den Vorschlägen gehören das Arbeiten in unterschiedlichsten Lerngruppen, neue Prüfungsformate wie Forschungsberichte oder Multimediapräsentationen, weniger Belegverpflichtungen und die individuelle Auseinandersetzung mit Schwerpunktthemen sowie Schulzeitstreckungen oder -verkürzungen.
Weil sich Schule und Bildung immer schneller ändern, soll es eine Innovationsklausel ermöglichen, darauf flexibel reagieren und Inhalte und Formate anpassen zu können. Wichtig sind dem Bündnis auch Transparenz und Mitbestimmung: „Die KMK tagt wieder hinter verschlossenen Türen, statt mit den Bildungsbeteiligten zu beraten. Wir brauchen eine öffentliche Bildungsdebatte“, sagte Bensinger-Stolze. Daher laden die Initiatorinnen und Initiatoren der „Potsdamer Erklärung“ dazu ein, sich zu vernetzen und die Erklärung zu unterzeichnen.
Die Erklärung findet sich im Anhang.
Foto: Gerd Altmann / pixelio.de
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„Potsdamer Erklärung für zukunftsfähiges Abitur“ | 356.2 KB |