Mit Fotos und den Reden von Bernd Winkelmann, GEW-Vorstandssprecher aus Bremen und Anja Bensinger-Stolze, Vorsitzende GEW Hamburg
Über Hundert Kolleginnen und Kollegen haben am 11. Junian der Fahrraddemo unter dem Motto „Wir strampeln uns ab und sind trotzdem Schlusslicht!“ teilgenommen. Dabei ging es darum eine große Gerechtigkeitslücke bei der Bezahlung von Grund- und Mittelstufenlehrkräfte zu schließen. Bis 2003 hatte Hamburg bereits eine einheitliche Eingangsbesoldung von Grund- und Mittelstufenlehrkräften und anderen Lehrämtern. Dies ist und war auch durch die gleich lange Ausbildung – Studium und Referendariat – zu rechtfertigen. Dies wurde unter der CDU-/Schill-Regierung wieder zurück gedreht. Deshalb fordert die GEW seit mehreren Jahren, die BSB und den Hamburger Senat auf, diesen Missstand wieder zurück zu nehmen. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels wird es endlich Zeit, dass Hamburg aktiv wird.
Vom Curiohaus ging es per Fahrraddemo zur SPD-Zentrale in Hamburg. Dort sprach Bernd Winkelmann, GEW-Vorstandssprecher aus Bremen: "Zum Ende der abgelaufenen Legislaturperiode hat die Bremische Bürgerschaft nach langem Drängen beschlossen, A13/E13 für alle umzusetzen. Dies ist ein Erfolg des geschlossenen Auftretens der GEW. Seit einigen Jahren wird in koordinierten Aktivitäten aller GEW-Landesverbände darauf hingewiesen, dass eine gleiche Bezahlung aller Lehrkräfte ein Verfassungsgebot ist. Ebenso ist für die GEW unstrittig, dass die anspruchsvollen Aufgaben der Lehrkräfte in allen Schulformen als gleichwertig anzuerkennen sind und ein Zeichen gegen mittelbare Diskriminierung gesetzt werden muss. Auch wenn die Bremer Regelung ein Vorgehen mit Zulagen in drei Schritten vorsieht und sich damit die Umsetzung bis 2021 hinzieht, trägt dieser Beschluss dazu bei, die Attraktivität des Berufes zu steigern. Dies ist auch dringend nötig, gibt es doch bundesweit zu wenig ausgebildete Lehrkräfte, gerade in der Grundschule. Vor diesem Hintergrund ist Hamburg am Zuge, A13/E13 für alle umzusetzen."
Weiter ging es zur Partei-Zentrale der GRÜNEN und dann vor das Rathaus, wo die Abschlusskundgebung stattfand.
„In den anderen Bundesländern ringsherum – Schleswig-Holstein, Berlin, Brandenburg und seit Mai auch in Bremen – hat man die gesetzlichen Grundlagen schon geschaffen für eine Gleichbehandlung schon geschaffen. Im Bundesland Brandenburg werden bis zum Jahr 2020 alle Grund- und Sekundarstufen-I-Lehrkräfte, ob neu eingestellt oder bereits beschäftigt mit A13 bzw. E13 bezahlt. In Bremen soll dies bis 2021 und in Schleswig-Holstein bis 2022 geschehen. Nur hier in Hamburg, liebe Kolleginnen und Kollegen, in einer Stadt, in der man sich gerne damit rühmt, dass man immer vorne dran ist, hat der Senat noch keine Anstalten gemacht, diese Gerechtigkeitslücke endlich zu schließen“, fasste die GEW Hamburg Vorsitzende Anja Bensinger-Stolze die Hamburger Situation vor dem Rathaus zusammen.
Rede von Bernd Winkelmann, GEW-Vorstandssprecher aus Bremen
vielen Dank für die Einladung zu diesem weiteren Schritt im gemeinsamen Kampf um eine gleiche Bezahlung aller voll ausgebildeten Lehrkräfte.
Ich komme aus einem Bundesland, in dem Hamburg seit geraumer Zeit als leuchtendes Vorbild für bildungspolitische Entscheidungen herangezogen wird. Trotzdem habe ich heute den Zuschlag für diesen Beitrag erhalten, weil die Bremische Bürgerschaft nach ewigem Drängen in den letzten Zügen der gerade abgelaufenen Legislaturperiode „A 13 / E 13 für alle“ beschlossen hat.
Mir ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass „alle“ in diesem Zusammenhang ein bedeutender Begriff ist. „Alle“ heißt: Es sind nicht nur die Kolleg*innen gemeint, die einen Abschluss mit 300 credit-points und 18 monatigem Referendariat aufweisen, sondern alle Lehrkräfte, die eine A 12, A 12a oder E 11 – Stelle besitzen, unabhängig davon, zu welcher Zeit, an welchem Ort und unter welchen Bedingungen sie ihre Examen erfolgreich abgelegt haben.
Dies ist ein großer Erfolg für unsere Grund- und viele unserer Oberschullehrkräfte sowie für Schulleitungen in den Grundsachulen, die um eine halbe Stufe heraufgesetzt werden. Endlich wird deren Arbeit auch ökonomisch anerkannt.
Allerdings erfolgt die Hebung in drei Schritten bis zum 1.8. 2021, zunächst durch Zulagen in diesem und im nächsten Sommer. Diese Streckung bedeutet einen Kompromiss, eine echte fette Kröte, die wir schlucken mussten, zumal der eigentliche Übergang nach A 13 erst 2021 vollzogen wird. Dies verkompliziert das Verfahren für die Tarifbeschäftigten, es geht um Neubewertung statt Höhergruppierung, insbesondere um die Anerkennung der Stufenlaufzeiten. Eine zügige Lösung ist aber versprochen.
Ich denke, für euren Kampf ist es hilfreich, auf einige Umstände dieses Erfolgs hinzuweisen.
Wir wären in Bremen nie so weit gekommen, hätten die GEW nicht als Gesamtheit gehandelt. Durch die Initiative „Bildung. Weiter denken!“ haben Landesverbände und der Bund stetig auf die Ungerechtigkeit ungleicher Bezahlung und die damit verbundene mittelbare Diskriminierung der Kolleginnen verwiesen. So haben wir Druck in die Debatte bekommen, immer wieder am Equal Pay Day. Zudem haben wir den „1. Tag der unbezahlten Arbeit“ erfunden, der verdeutlicht, wie lange Kolleg*innen mit A 12 umsonst arbeiten, vergleicht man deren Einkommen mit dem von A 13. Es sind in der Regel mehr als sechs unbezahlte Wochen, und zwar in jedem Jahr. Dies ist ein Skandal, auch in jedem Jahr!
Und wir wären nie so weit gekommen, hätten die norddeutschen Landesverbände der GEW nicht zusammengehalten, insbesondere Hamburg und Bremen. Neben einem regen Briefverkehr mit den zuständigen Minister*innen und Senator*innen ist es vor allem durch ein hamburgisch-bremisches Rechtsgutachten gelungen, geschrieben vom Würzburger Prof. Brinktrine, das ist in Bayern, die Verfassungswidrigkeit ungleicher Bezahlung dezidiert argumentativ nachzuweisen. Die Analyse gültiger Gesetze zeigt: Es gibt keinen Grund mehr, Lehrkräfte unterschiedlich zu bezahlen, legt man die Aufgabenstruktur ihrer Tätigkeiten als Maßstab an – und nicht ein ideologisch überholtes Verständnis von höherem und niederem Lehramt – und entsprechender Bildung.
Was uns ebenso zu Gute kam, das sollte nicht verschwiegen werden, ist der Wahltermin zur Bremischen Bürgerschaft vor etwas mehr als zwei Wochen. Damit wären wir bei der SPD und bei einer echten Chance für diese Partei in Hamburg mit Blick auf den Februar 2020.
Also: Sehr geehrte Damen und Herren der SPD,
Ihre Umfrageergebnisse sind schlecht.
Wenn der norddeutsche Sommer vorbei ist, so eine nicht besonders waghalsige Prognose, werden sich die Daten kaum erholt haben.
Was die Leute nämlich nervt, ist, dass die SPD die Themen, für die sie einst stand, z.B. soziale Gerechtigkeit und anständige Bildung für alle, nicht umsetzt. Die Begründungen mit allen Schuldenbremsen dieser Welt verfangen nicht. Die Menschen glauben derzeit nicht an Verbesserungen durch die SPD.
Aber, wie gesagt, Sie haben eine Chance. Und: Sie haben gut vorgearbeitet. Just der Parteitag der SPD Hamburg im Oktober letzten Jahres fordert die A 13 – Lösung für alle Lehrkräfte. Sportlich gesehen ist das doch eine Steilvorlage! Setzen Sie Ihre eigenen Beschlüsse einfach um!
An anderer Stelle, beim Fußball, merken Sie doch gerade: 2. Liga stellt nicht zufrieden. Das sage ich nicht ohne eigenes Interesse: Wir mögen die hanseatischen Bundesligaderbys.
Jetzt muss zügig gespurtet werden und dann kommt der Abschluss. So klar und einfach war es doch selten, zu den führenden Bundesländern aufzuschließen.
Der Ball zu A 13 ist im Strafraum! Auf geht´s, SPD Hamburg – macht ihn ´rein!
Rede von Anja Bensinger-Stolze, Vorsitzende GEW Hamburg
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich freue mich, dass so kurz vor den Ferien Ihr alle hier Euren Protest deutlich macht!
Vor ca. einem Jahr, am 23.5.2018, haben wir hier schon einmal gestanden und unsere Forderung nach A13Z bzw. E13 für alle ausgebildeten Grund- und Mittelstufenlehrkräfte lautstark vorgebracht!
Wir werden auch nicht nachlassen unsere Forderung nach gleicher Bezahlung aller voll ausgebildeten Lehrkräfte in Hamburg weiter zu stellen: JA13 für alle Grund- und Mittelstufenlehrkräfte in Hamburg!
Seit 2015 haben wir den Druck auf die politisch Verantwortlichen als Hamburger GEW, aber auch mit den GEW Landesverbänden in Bremen und Schleswig-Holstein zusammen, enorm erhöht. In beiden Bundesländern sind die gesetzlichen Regelungen dazu bereits beschlossen worden. In Schleswig-Holstein werden die entsprechenden Kolleg*innen durch einen Stufenplan 2022 auf A13 / E13 kommen. In Bremen – wir haben es eben von Bernd Winkelmann gehört – sogar bis 2021. Nur Hamburg hält sich hier zurück. Dabei sah es in Hamburg schon einmal anders aus. In Hamburg war die Ausbildung von Grund- und Mittelstufenlehrkräften schon immer gleichwertig mit der Ausbildung der anderen Lehrämter. Bis 2003 fingen in Hamburg diese Lehrkräfte mit A13 bzw. E13 an. Unter der CDU-Schill-Regierung wurde dies zurück gefahren und die Ungerechtigkeit begann. Wir fordern den rot-grünen Senat auf, dieser Ungleichbehandlung endlich ein Ende zu bereiten!
Es ist längst überfällig: JA13 für alle Grund- und Mittelstufenlehrkräfte in Hamburg!
Grund- und Mittelstufenlehrkräfte in Hamburg haben eine gleich lange, ebenso wissenschaftliche Ausbildung wie alle anderen Lehrämter. Die Kolleginnen und Kollegen in den Grundschulen arbeiten mit den heterogensten Lerngruppen, dort wird der Anfang für eine gute schulische Bildung gelegt. Sie helfen Kindern, die Welt zu verstehen. Die Kolleginnen und Kollegen in den Grund- und Stadtteilschulen setzen die Inklusion und den Ganztag um, sie arbeiten kindbezogen und theoretisch fundiert, sie stoßen pädagogische Reformen an. Kolleginnen und Kollegen, es ist längst überfällig:
JA13 für alle Grund- und Mittelstufenlehrkräfte in Hamburg!
Nicht nur Schleswig-Holstein und Bremen haben entsprechende Regelungen beschlossen: In Brandenburg werden bis zum Jahr 2020 alle Grund- und Sekundarstufen-I-Lehrkräfte, ob neu eingestellt oder bereits beschäftigt mit A13 bzw. E13 bezahlt. In Berlin werden ab August dieses Jahres alle Grundschullehrkräfte mit A13 bzw. E13 bezahlt. Nur hier in Hamburg, liebe Kolleginnen und Kollegen, in einer Stadt, in der man sich gerne damit rühmt, dass man immer vorne dran ist, hat der Senat noch keine Anstalten gemacht, diese Gerechtigkeitslücke endlich zu schließen. Wir haben Gespräche mit der Behördenspitze der BSB dazu geführt, wir haben mit dem Finanzsenator und mit dem Bürgermeister gesprochen. Überall heißt es: das wird kommen, wir arbeiten daran. Die SPD hat es auf ihrem Parteitag im Oktober letzten Jahres beschlossen. Liegt es an den GRÜNEN, dass die Regierungskoalition noch nichts umgesetzt hat? Die GRÜNEN hier in Hamburg haben auf einer Landesmitgliederversammlung Ende Oktober letzten Jahres sich leider nicht eindeutig gezeigt: „Wir möchten, dass Lehrkräfte in den Grundschulen langfristig die gleiche Gehaltsstufe erhalten, wie ihre Kolleg*innen in Gymnasien und Stadtteilschulen (A13).“ Was soll das heißen? Wissen die Expert*innen bei den GRÜNEN nicht, dass es nicht nur um Grundschullehrkräfte, sondern auch um Stadtteilschullehrkräfte geht? Und soll das Ganze auf den Sankt-Nimmerleinstag hinausgeschoben werden? Kolleginnen und Kollegen, wenn den GRÜNEN Expertise fehlt, geben wir gerne Nachhilfe!
Eins ist klar: Längst überfällig ist Ja13 für alle Grund- und Mittelstufenlehrkräfte in Hamburg!
Immer einmal wieder in der Diskussion mit Bürgerschaftsabgeordneten fällt das Argument, dass man mit dem Geld für die bessere Bezahlung ja auch mehr Personal einkaufen könnte. Kolleginnen und Kollegen, das ist ein Fehlschluss! Lehrkräfte gewinnt man dann, wenn man ordentlich bezahlt und gute Arbeits- und Lebensbedingungen zu bieten hat. Die Wohnungen in Hamburg sind teuer, die Straßen verstopft, der Nahverkehr immer seltener verlässlich. Die Arbeitszeit der Lehrkräfte in Hamburg ist ein Sparmodell und presst die Beschäftigten nicht selten bis zur Gesundheitsgefährdung aus. Hier und jetzt kann mit einer besseren Bezahlung der Anfang für ein Umdenken geschaffen werden, um Lehrkräfte nach Hamburg zu holen, aber auch sie hier zu halten. Erste Rückmeldungen aus den Schulen zeigen, dass die Kolleg*innen genau gucken, ob es nicht in den Nachbarbundesländer bessere Konditionen gibt. Und es gibt bereits Kolleg*innen, die sich umorientieren.
Dagegen hilft – als erster Schritt -: Ja13 für alle Grund- und Mittelstufenlehrkräfte in Hamburg!
Wir können die Regierungskoalition aber auch rechtlich mit unserem Gutachten, das wir im Februar 2018 vorgestellt haben, gute Argumente an die Hand geben. Das Fazit des Rechtsgutachtens von Prof. Brinktrine aus Würzburg ist eindeutig:
„Die unterschiedliche Einstufung von Lehrkräften an Grundschulen und Lehrkräften in der Sekundarstufe I im Eingangsamt A 12 einerseits und Lehrkräften an Gymnasien im Eingangsamt A 13 andererseits, die alle nach den derzeit geltenden Ausbildungsregelungen ausgebildet worden sind, ist wegen der (…) feststellbaren Vereinheitlichung der Lehrerausbildung nicht mehr überzeugend sachlich zu rechtfertigen. Sie steht deshalb (…) mit dem Alimentationsgrundsatz sowie dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht mehr im Einklang.“
Es ist längst überfällig: Ja13 für alle Grund- und Mittelstufenlehrkräfte in Hamburg!
Wir appellieren an die Regierungskoalition sich endlich zu bewegen und diese Ungerechtigkeit aus der Welt zu schaffen! Auch im Hinblick auf die anstehende Bürgerschaftswahl im Februar 2020 sollte mit der gesetzlichen Regelung nicht mehr gewartet werden. Sonst kann eine solche - bis ultimo hinausgezögerte - Maßnahme auch als bloßes Wahlkampfmanöver verstanden werden. Wenn Hamburg nicht das Schlusslicht sein will, muss es jetzt handeln!
Ja13 für alle Grund- und Mittelstufenlehrkräfte in Hamburg!
Foto: GEW Hamburg