Die GEW unterstützt den Brief der Betriebsgruppe der Otto-Hahn-Schule:
Sehr geehrter Senator Rabe,
Wir möchten gerne zu Ihrer Entscheidung, die Schulpflicht in Hamburg zwischen dem 16.12.2020 und dem 08.01.2020 auszusetzen, anstatt die Schulen zu schließen, Stellung nehmen.
Wir befinden uns in einer Situation, in der, auch in Hamburg, das Infektionsgeschehen außer Kontrolle geraten ist. Der Bundespräsident nennt die Lage "bitterernst". Diese Situation erfüllt uns mit großer Sorge um unsere Familien, Freunde, unsere Schüler*innen und deren Familien, uns selbst und generell um alle Menschen, für die dieses Virus eine Gefahr darstellt. In dieser Situation haben Sie entschieden, die Schulen allen offenzuhalten, die das wünschen. Wir fühlen uns in dieser zunehmend dramatischen Situation in unseren Sorgen und Nöten von Ihnen, unserem fürsorgepflichtigen obersten Dienstherren, nicht wahrgenommen. Das macht uns traurig und wütend.
Seit Beginn des Schuljahres haben wir täglich Kontakt mit einer Vielzahl von Menschen, mit unseren Schüler*innen, unseren Kolleg*innen und mit den Menschen, denen wir ungewollt und ungeplant auf unserem täglichen Arbeitsweg begegnen. Seit Beginn des Schuljahres sind wir täglich einem viel höheren Ansteckungsrisiko ausgesetzt, als die allermeisten anderen Menschen, Sie eingeschlossen. Seit Beginn des Schuljahres kommen wir unserer Verantwortung gegenüber unseren Schüler*innen und deren Eltern und mittelbar gegenüber unserer Gesellschaft nach, indem wir für Bildung, Erziehung und Betreuung sorgen. Und nun entscheiden Sie, dass wir, anders als die Beschäftigten im Einzelhandel, als Friseur*innen und viele andere Beschäftigte, nicht den Schutz der Kontaktbeschränkungen bekommen sollen. Das lässt uns fassungslos zurück, wir fühlen uns in unserem Einsatz weder gesehen noch wertgeschätzt.
Die Arbeitszeit einer Vollzeitstelle eine*r Lehrer*in beträgt in Hamburg 46,57 Stunden, wovon 75%, also ca. 35 Stunden, unterrichtliche Tätigkeit sind. Durch Ihre Entscheidung, dass wir gleichzeitig Präsenz- und Distanzunterricht gewährleisten sollen, nehmen Sie in Kauf, dass sich unsere Arbeitszeit mit einem Schlag verdoppelt. Dabei haben wir als Schule auf Anweisung der BSB Konzepte sowohl für den Distanz- als auch für den Hybridunterricht erarbeitet. Beide Konzepte, in die viel kollegiale Arbeit geflossen ist, können jetzt nicht angewendet werden. Beide Konzepte integrieren die im Frühjahr gemachten Erfahrungen und beide Konzepte versuchen zumindest, die Arbeitszeiten der Kolleg*innen nicht über Gebühr zu strapazieren. Die jetzige Entscheidung zeugt jedoch entweder von tiefer Unkenntnis unserer Arbeitsbedingungen oder von einer zynischen Haltung unserer Profession gegenüber. Was schlimmer ist, lässt sich kaum sagen. Und: Das Ganze erfolgt ohne Not. Jede*r in Hamburg hätte es verstanden, wenn Sie, wie viele Ihrer Kolleg*innen in der KmK, die Schule für die verbleibenden drei (!) Tage vor den Weihnachtsferien vollständig geschlossen hätten. Dies wäre eine klare Entscheidung gewesen, die allen Lehrkräften und Eltern Hamburgs Klarheit und Orientierung geboten hätte. Unserer Einschätzung nach kann es keine privaten sondern nur politische Lösungen für pandemische Probleme geben. Wo Politik diesem Auftrag nicht nachkommt, schwindet das Vertrauen in ihre Vertreter*innen.
Die Betriebsgruppe der Otto-Hahn-Schule mit der Unterstützung von 100 Kolleg*innen