Behördliche Augenwischerei zum Thema Ganztag

15. November 2013Von: PresseredaktionThema: Schule
GEW kommentiert die BSB-Bilanz zu GBS (Ganztägige Betreuung an Schulen)
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Nachgeholte Grundvoraussetzungen, Korrekturen von Berechnungsfehlern und Rechenspielchen – und schon ist eine neue Erfolgsmeldung der BSB gebastelt. Das ist Augenwischerei - die Wirklichkeit sieht anders aus!“, so kommentiert Jens Kastner, Kita-Experte der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW Hamburg), die Dreimonatsbilanz der BSB zum Thema Ganztagsgrundschule.

Im Einzelnen nimmt die GEW zu folgenden Punkten der Behörde Stellung:

Eine regelhaft geringe Personalausstattung mit noch geringeren Vertretungsreserven

Nur das enorm hohe Engagement aller Beschäftigter und deren Selbstverständnis für ihre pädagogische Verantwortung gegenüber den Kindern erwecken den Anschein, dass dieses System funktioniert. Die unzureichende Personalausstattung, die mit 15 Wochenstunden eindeutig zu knapp bemessende Anwesenheitszeit einer Gruppenerzieherin, die auf diese 15 Wochenstunden ebenfalls zu knapp bemessene Vertretungsreserve, führt ständig dazu, dass zu wenig Fachkräfte vor Ort sind und die vorhandenen ErzieherInnen regelmäßig überlastet werden.

Ausstattung des Nachmittagsangebots:

Die Anwesenheit der Kinder beträgt in der Regel 3 Zeitstunden am Nachmittag, davon sind maximal 90 Minuten als Kursangebot vorgesehen. Das bedeutet für die Betreuer-Kind-Relation am Nachmittag, dass nur Dreiviertel des Betreuungsschlüssels der vormaligen Hortsysteme erreicht wird. Im Hortsystem wurde für den gesamten Nachmittag eine pädagogisch ausgebildete Fachkraft, nämlich ein/e staatlich examinierte ErzieherIn, eingesetzt und bezahlt.

Um bei den Beispielen des Schulsenators zu bleiben: Für das  Kochen und Backen, Handarbeit und Hockey, Computer und Kunst, Malen, Musik, Meeresbiologie und Mathematik, Tennis und Theater, Reiten und Gesellschaftsspiele, Forscherwerkstatt und Russisch, sind in den seltensten Fällen pädagogische Fachkräfte im Kurssystem vorhanden. Bildung und Betreuung auf fachlichem Niveau bedeutet unter anderem auch die Interaktion der Kinder untereinander einordnen zu können.

„Zusätzliches pädagogisches Budget“ – Korrektur der Fehlberechnungen!

Die ständige Wiederholung, dass ein zusätzliches pädagogisches Budget vom „wohltätigen“ Senat eingeführt wurde, soll davon ablenken, dass dieses angeblich zusätzliche pädagogische Budget nur eine Korrektur der Fehlberechnung von vor 2012 des Senats gewesen ist.

Im Hortsystem setzte sich die Finanzierung aus drei Teilentgelten zusammen. Das Teilentgelt für das pädagogische Personal inkl. Hortleitung, das Teilentgelt für die Gebäudekosten und Unterhaltung und das Teilentgelt für den „sächlichen“ Aufwand. Der Senat meinte durch die Verlagerung der Betreuung in die Schulgebäude, fiele das Teilentgelt „Gebäude“ und das Teilentgelt „Sächlicher Aufwand“ weg, so dass „nur“ das Teilentgelt „Pädagogisches Personal“ an die Kooperationspartner zu zahlen sei. Dass aber im Teilentgelt „Sächlicher Aufwand“ auch die Kosten der Verwaltung der Hort-Träger, die Kosten für Schularbeitenhilfen und die Kosten für Interessengruppenhonorare enthalten waren, hatte der Senat bei der Verhandlung über den Landesrahmenvertrag „Ganztägige Betreuung an Grundschulen“ freundlich ausgedrückt: übersehen. Die Wohlfahrtsverbände hatten überzeugend dargestellt, dass dieser Berechnungsfehler korrigiert werden müsse und zum Zwecke der „Gesichtswahrung“ des Senats keine Einwände gegen die Bezeichnung „zusätzliches pädagogisches Budget“ erhoben.

Organisation des Mittagessens – 59 Kinder in einer Essensschicht

70 % der Kinder einer 2,5zügigen Grundschule mit einer Vorschulklasse ergeben ca. 177 Kinder, die in drei Schichten essen, ergeben 59 Kinder in einer Essenschicht. Ein dreifaches der Kinderzahl, die im Hortsystem im Hortgruppenraum zum Mittagessen zusammen saßen. Dreifacher Lärm und keine Möglichkeit Kinder vorzeitig vom Tisch aufstehen zu lassen, da nur eine ErzieherIn je Gruppe für die Betreuung beim Mittagessen vorgesehen ist.

Keine Rechenspielchen, Verschleierungen und Schönfärberei

„Senator Rabe soll sich nun endlich der Aufgabe stellen, die notwendigen Maßnahmen ergreifen, anstatt zu verschleiern, kommentiert Anja Bensinger-Stolze, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW Hamburg): „Wir brauchen mehr Geld, mehr Personal, mehr Raum und eine Erhöhung der Essensgeldpauschale auf das Kita-Niveau. Wir wollen, dass der Ganztag gelingt, aber nicht auf Kosten der Gesundheit unserer KollegInnen und nicht zu Lasten der Bildungsmöglichkeiten der uns anvertrauten Kinder!“

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