Ich starte mit einer ketzerischen Frage: Sind Gesundheitsbeauftragte an Schulen nur ein Feigenblatt, oder sind sie ein echter Schutz für die Beschäftigten?
Annegreth Spieker: Sowohl das eine, als auch das andere, weil man in seiner Stellung ganz schnell herausfindet, dass man die systemischen Herausforderungen für die Kolleg*innen nicht verbessern kann, sondern eher so eine Art Trostpflaster ausgibt. Ich gebe Kolleg*innen das Gefühl, dass es legitim ist, Selbstfürsorge zu betreiben und aufeinander zu achten. Die Schulleitung, die ja die Fürsorgepflicht für uns trägt, setze ich ins Bild, welche Herausforderungen oder welche gesundheitlichen Aspekte bei uns relevant sind, zum Beispiel über die Gefährdungsanalyse (die bei uns aber Gesundheitsbefragung heißt, weil wir versuchen, das nicht gleich so negativ zu sehen). Wir wollen einen besseren Blick darauf bekommen, was man tun kann, was man für sich tun muss und wo man aber auch sagen muss, das ist ein systemischer Aspekt. Entweder sorge ich für mich, halte das aus oder durch und finde meine eigenen Grenzen – oder ich werde verschlungen. Also Gesundheitsschutz an Schulen ist eher so etwas wie ein gut gemeintes Trostpflaster oder vielleicht auch die Brücke da hin, sich selber mehr in den Blick zu nehmen, weil der Beruf Lehrer*in heutzutage nicht mehr dem entspricht, was er vor 20 Jahren war. Wir haben nicht nachmittags frei, sondern müssen gucken, dass wir nachmittags am besten noch eine Meditation einbauen, damit wir den Rest des Unterrichts noch überleben können.
Wie genau ist denn deine Berufsbezeichnung?
Ich bin Gesundheitsbeauftragte, aber für mich ist Gesundheit viel mehr ist als ergonomische Möbel- und Suchtprävention. Sich selbst in den Fokus setzen, Selbstfürsorge, Achtsamkeit, Resilienz aufbauen und an bestimmten Stellen feststellen, wo eigene Grenzen sind, wo man nicht vom Job mit Haut und Haaren gefressen werden will – das sind relevante Gesundheitsaspekte. Das bedeutet auch: Spaß, Humor, schöne Dinge miteinander teilen und gute Gruppenmomente erleben. Ein guter Zusammenhalt schafft Lebensqualität und geht über Gesundheit hinaus. […]
Der vollständige Artikel findet sich in der hlz 11-12/2023, S. 60f.