Nach seinen drei Gutachten zu Schulen hat der Arbeitsrechtler Wolfhard Kohte im Auftrag der GEW eine Expertise zum Arbeits- und Gesundheitsschutz bei der schrittweisen Öffnung von Kitas erstellt. Diese konzentriert sich auf das Thema Risikogruppen.
Altersgrenzen, Behinderungen, erkrankte Kontaktpersonen, Schwangerschaft und Stillzeit: In einem neuen Gutachten zur Öffnung von Kindertagesstätten stellt der Arbeitsrechtler Wolfhard Kohte den dringlichen Schutz der sogenannten Risikogruppen in den Vordergrund. „Diese Schwerpunktsetzung ergibt sich aus den Besonderheiten der Kitas. Die Notwendigkeit einer hinreichenden Distanz kann zwar gegenüber Eltern und im Kreis der Kolleginnen und Kollegen gewahrt werden, nicht jedoch gegenüber jungen Kindern oder Kindern mit erhöhtem Förderbedarf“, erklärt der Experte. Auch wenn unklar sei, inwieweit solche Kinder Viren übertrugen, seien Angehörige der Risikogruppen gefährdet.
Keine Einheitslösungen
Im Unterschied zu den Schulen spielt das Beamtenrecht Kohte zufolge keine Rolle in den Kindertagesstätten. Die Träger sind sehr unterschiedlich organisiert: Es gibt kommunale Träger, freie Wohlfahrtsverbände, Selbsthilfeorganisationen, Elterninitiativen und kirchliche Träger. Dies führt auch rechtlich zu einer großen Vielfalt, so dass es vor allem im Mitbestimmungsrecht keine Einheitslösungen gibt. Einheitlich ist jedoch die arbeitsschutzrechtliche Basis: Für alle Betriebe und Dienststellen gilt das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).
In seinem im Auftrag der GEW verfassten Gutachten mit dem Titel „Sehr dringliche Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes im Prozess der Öffnung von Kindertagesstätten und an Einrichtungen der Jugendhilfe“ formuliert Kohte sieben Rechtsgrundlagen. Diese lauten verkürzt zusammengefasst:
1. Jeder Arbeitgeber ist zum Schutz besonderer Risikogruppen verpflichtet. |
2. Zu den betrieblichen Regelungsaufgaben gehört zunächst die Bestimmung der Risikogruppe; die Hinweise des Robert-Koch-Instituts sind dafür geeignete, allerdings nicht abschließende Anhaltspunkte. |
3. Die Beschäftigten sind über die Rechte der Risikogruppe zu informieren. Eine betriebsärztliche Bescheinigung oder – wenn der betriebsärztliche Dienst nicht verfügbar ist – ein hausärztliches Attest reichen zur Geltendmachung der Rechte aus. Die Betroffenen sind dann mit Arbeiten mit verringertem Infektionsrisiko zu beschäftigen oder unter Entgeltfortzahlung freizustellen. |
4. Die Bestimmung der Kategorien der Risikogruppe und das innerbetriebliche Verfahren sind im Wege der Mitbestimmung festzulegen. Wenn ein Arbeitsschutzausschuss besteht, ist dieser ein geeigneter Ort für gemeinsame Absprachen. Die Schwerbehindertenvertretung und die Gleichstellungsbeauftragten sind daran zu beteiligen |
5. Wenn Beschäftigte im Haushalt mit Kontaktpersonen zusammenleben, die durch eine Infektion besonders gefährdet sind, kann sich je nach Intensität der Gefährdung ebenfalls ein Freistellungs- oder Umsetzungsanspruch ergeben. |
6. Schwangere und stillende Mütter sind nicht per se eine Risikogruppe und daher nicht automatisch freizustellen. |
7. Es ist erforderlich, dass für behinderte Kinder gesonderte Informationen erfolgen und spezifische Schutzmaßnahmen geklärt und realisiert werden. |
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