GEW-Hamburg, Fachgruppe Kinder- und Jugendhilfe
Wir begrüßen ausdrücklich die Haltung des Hamburger Senats, den gesundheitlichen Schutz der Kinder und der Beschäftigten in den Vordergrund zu stellen.
Selbstverständlich haben wir als Gewerkschaft auch Überlegungen angestellt, wie in Zeiten von Corona trotz sozialer Distanz elementare Bedürfnisse der Kinder auf außerfamiliären sozialen Kontakt zu anderen Kindern erreicht werden können.
Die Notbetreuung hat vorrangig die Aufgabe Kinder von Eltern zu betreuen, die in systemrelevanten Berufen arbeiten. Mit dem Versuch, in kleinen Schritten wieder etwas mehr „Normalität“ herzustellen, hat die Regierung beschlossen, den Einzelhandel wieder in größerem Rahmen ihren Betrieb zu ermöglichen; mit der Folge, dass nun auch Eltern, die in diesen Bereichen arbeiten, ihrer Tätigkeit nachgehen können und die Kitas auch für die Kinder dieser Eltern eine Notbetreuung ermöglichen müssen.
Aber auch hierbei soll der Schutz vor Infektionen beachtet werden. Viele der Hamburger Kita-Träger berücksichtigen die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts beim Personaleinsatz und nehmen Kolleg*innen mit Vorerkrankungen und/ oder entsprechend älteren Kolleg*innen von der direkten Kinderarbeit aus.
Wenn sich der vorsichtige Einstieg ab dem 04. Mai bewährt, kann über die nächsten Schritte nachgedacht werden.
Als Lösung und Beitrag zur Bewältigung der Krise könnte ein reduzierter Betrieb anhand einer erheblich reduzierten Kinderzahl (z.B. 10% der nach Betriebserlaubnis genehmigten Plätze - je nach Einschätzung der Gesundheitsbehörden im Einzelfall) in Betracht gezogen werden, wobei hier nicht nach Alter der Kinder sondern nach Notwendigkeit von zielgerichteter Entwicklung, Bildung und Betreuung gegangen werden kann: Sofern die Einrichtungen dies neben dem Notdienst zur Betreuung von Kindern von Eltern aus systemrelevanten Berufen leisten können, können weitere Kinder in die Einrichtung kommen, die z.B. behindert oder von Behinderung bedroht sind oder aus besonders belasteten Familienverhältnissen kommen. Kriterien dafür können z.B. psychisch erkrankte Eltern oder eine beengte Wohnsituation sein. Falls eine Auswahl notwendig ist (z.B., weil nicht genügend Personal vorhanden ist), müssen dabei neben den Kita-Leitungen auch die (Landes-) Jugendämter, Träger und Elternvertretungen einbezogen werden. Die Kriterien müssen transparent und nachvollziehbar sein, jedoch das Wohl des einzelnen Kindes in den Vordergrund stellen. Notfalls kann zeitweise über einen Einstieg in die Kita-Öffnung in einem 2-Schicht-Modell mit jeweils einer Gruppe am Vormittag und einer Gruppe am Nachmittag nachgedacht werden. Ein tageweiser Wechsel ist aus pädagogischer Sicht jedoch abzulehnen, wenn es um eine schrittweise Rückkehr zur Normalität geht. Anders sieht es hingegen bei einer reinen Notbetreuung aus: Diese soll Eltern in systemrelevanten Berufen die Arbeit ermöglichen und findet daher unter anderen Voraussetzungen statt.
Dabei ist aus Sicht der GEW der Infektionsschutz für Kinder und die eingesetzten Kolleg*innen zentral und vorranging. Eine Beratung und Begleitung durch die Gesundheitsbehörden ist unerlässlich. Fachkräfte müssen die Möglichkeit haben, sich kurzfristig Rat und Unterstützung (z.B. bei der Beschaffung von Desinfektionsmitteln) einzuholen.
Je Kindergruppe müssten jeweils mindestens 2 Fachkräfte zur Verfügung stehen, um Aufsicht und Sicherheit zu gewährleisten. Dies ist notwendig, um z.B. Kinder beim Gang auf die Toilette und beim Händewaschen zu unterstützen oder um eine gegenseitige kurzzeitige Vertretung sicherzustellen.
Zentral in der Beziehungsarbeit gerade mit jungen Kindern ist eine kontinuierliche Betreuung durch eine ihnen vertraute Bezugsperson. Von daher wäre darauf zu achten, dass die Gruppenzusammensetzung als auch das Personal in der jeweiligen Gruppe möglichst wenig fluktuiert.
Es wäre notwendig, in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsämtern einzuschätzen, ob die Räumlichkeiten jeder einzelnen Kita geeignet sind, einen ausreichenden Schutz vor Infektionen der einzelnen Kinder und des Personals und damit eine teilweise Öffnung zu ermöglichen. Trotzdem wäre es immer noch wahrscheinlich, dass ganze Einrichtungen beim Auftreten eines einzelnen Verdachts- oder Infektionsfalls (beim Personal) wieder geschlossen werden müssten.
Auch die notwendigen Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten müssen sichergestellt werden und dürfen nicht den Fachkräften zusätzlich aufgebürdet werden. Ob neben einer täglichen Reinigung und der Einhaltung der vorhandenen Hygienepläne weitere Arbeiten notwendig sind, muss mit den Gesundheitsbehörden verbindlich geklärt werden.
Zu beachten ist außerdem, dass ein erheblicher Teil des Personals zu den Risikogruppen zählt: Mindestens ein Viertel der Fachkräfte ist aktuell über 50 Jahre alt. Hinzu kommen Kolleg*innen mit Vorerkrankungen oder mit Risikopersonen im eigenen familiären Umfeld. Diese Personen können also nicht für eine Betreuung herangezogen werden.
Bundesweit sind in 22% der Kita-Teams sogar mindestens die Hälfte des Personals über 50 Jahre alt. In diesen Einrichtungen dürfte selbst ein reduzierter Betrieb schwierig werden (Quelle: Fachkräftebarometer Frühe Bildung 2019, Deutsches Jugendinstitut, München 2020).
Auch die Kooperation mit den Eltern ist zentral. Es muss vollkommen klar sein, dass keine Kinder in die Einrichtungen kommen, die Erkältungs- bzw. Krankheitssymptome haben oder in deren Umfeld es einen Corona-Verdachtsfall gibt. Hierauf sind Eltern verstärkt hinzuweisen. Zudem müssen Kinder, die sich unwohl fühlen oder in der Kita Krankheitssymptome wie z.B. Husten oder Fieber entwickeln, innerhalb kurzer Zeit aus der Einrichtung abgeholt werden. Dazu muss die Erreichbarkeit der Eltern sichergestellt sein. Für die Betreuung in solchen Fällen muss es die Möglichkeit geben, Kinder bis zum Eintreffen der Eltern von anderen Kindern zu separieren und ggf. mit notwendiger Schutzkleidung zu betreuen.
Die GEW steht als Organisation von pädagogischen Fachkräften bereit, um an möglichen Lösungen mitzuwirken. In diesem Zusammenhang weist die GEW auch auf ihre Positionierungen zur Notbetreuung und auf ihre Ablehnung von Kurzarbeit im Sozial- und Erziehungsdienst hin. Aufgrund der Trägervielfalt in Hamburg lassen sich nur grobe Verallgemeinerungen auf unsere Internetseite stellen.
Mails unserer Mitglieder, die an die GEW-Hamburg gerichtet werden (info@gew-hamburg.de) werden umgehend beantwortet, eingeschränkt ist auch ein telefonischer Kontakt möglich.
Foto: GEW Hauptvorstand