Aus der Senatsdrucksache vom 09.02.2024 (22/14294) geht hervor, dass Hamburgs größter Kita-Träger, die „elbkinder“ in Zukunft das pädagogische Personal auf 95% der Betreuungsquote absenken will und diese Maßnahme mit der unzureichenden Refinanzierung der Tarifkosten durch die Stadt Hamburg begründet.
Auf der einen Seite rühmt sich Hamburg mit einer nun ab 01.01.2024 gesetzlich festgelegter Fachkraft-Kind-Relation von 1:10 im Elementarbereich und 1:4 im Krippenbereich (seit 2021) (s. KiBeG § 16a), die nur dann erreicht werden, wenn die im Gutscheinsystem zugestandenen Personalwochenstunden zu 100% eingesetzt werden – aber zwingt auf der anderen Seite nun tariftreue Kita-Träger den Personal-einsatz auf unter 100% zu fahren. Originaltext Hamburger Senat: „Ein planerischer Personaleinsatz in Höhe von jahresdurchschnittlich 95 Prozent der finanzierten Personalausstattung liegt daher in dem im LRV für den Personaleinsatz festgelegten zulässigen Rahmen und damit über der Mindestvorgabe des LRV.“
In keinem anderen Bundesland in Deutschland müssen kommunal betriebene Kitas nach einem erfolgten Tarifabschluss darüber verhandeln, ob der Tarifabschluss auch in den Kitas durch die Kommune finanziert wird. Anders in Hamburg: Die Freie und Hansestadt Hamburg hat die gesamte Kindertagesbetreuung in die Hände privater Träger gelegt; auch die „elbkinder“ sind eine gGmbH und somit ein privater Träger, allerdings mit der Sozialsenatorin als Aufsichtsratsvorsitzende. Kein städtischer, aber ein stadtnaher Träger mit ca. 7.200 Beschäftigten und ca. 33.000 betreuten Kindern.
Ein Tarifabschluss im Tarifvertrag Öffentlicher Dienst, TVÖD, wird in Hamburg mit der arbeitsrechtlichen Vereinigung, AV-H, nachverhandelt und folgt dann weitestgehend inhaltsgleich dem Tarifabschluss im TVÖD. So auch geschehen für die Aufwertungsrunde des Sozial- und Erziehungsdienstes, wie auch für den Tarifabschluss TVÖD. Aber in den Kommunen der anderen Bundesländer werden die Tarifkosten in den Haushalten eingestellt, nur Hamburg stellt sich auf den Standpunkt, dass dies mindestens zwischen den tarifgebundenen Trägern und der Stadt Hamburg erst einmal verhandelt werden muss.
Um was geht es? Dazu erläutert Jens Kastner, Kita-Tarifexperte der GEW: „Der Tarifabschluss sieht für jede/n Beschäftigte/n vor, den individuellen Tabellenwert der Tariftabelle um 200,- Euro brutto monatlich zu steigern und diesen gesteigerten Gesamtwert dann im zweiten Rechenschritt um 5,5% zu erhöhen (die so erreichte Steigerung soll mindestens 340,- € brutto monatlich ausmachen) In Hamburg erhalten alle Erzieher*innen und alle sozialpädagogische Assistent*innen eine höhere Steigerung, da ihr Ausgangswert höher ist. Bei Erzieher*innen, die im fünften Jahr ihre Tätigkeit ausüben, beträgt die Bruttomonatslohnsteigerung 401,-€; für den Arbeitgeber kommen noch ca. 22% Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung dazu.“
Diese Steigerung gilt ab dem 01.03.2024 somit für 10 Monate in 2024 plus eine Sonderzahlung (zusammengefasstes Urlaubs- und Weihnachtsgeld) grob in der Größenordnung eines weiteren Monatsgehalts. Bei einer durchschnittlichen Teilzeitquote von 82% (siehe Senatsdrucksache 22/ 13991) entsprechen 7200 Beschäftigte knapp 5.900 Vollzeitäquivalenten, bei einem gemittelten Wert der Erhöhung von 390,- € pro Monat sind es deutlich über 25 Millionen Euro, die dieser Tarifabschluss allein nur den „elbkindern“ als nicht gedeckter refinanzierter Betrag aus eigener Einsparung erbracht werden muss. Zwar sicherte die Behörde im August 2023 den Trägern und Kita-Verbänden, die der Vertrags-kommission Kitas angehören, Verhandlungen zu (Umlaufbeschluss der Kita-Vertragskommission nach § 26 Landesrahmenvertrag ‚Kinderbetreuung in Tageseinrichtungen’ vom 28.08.2023), aber bislang gibt es noch kein Ergebnis, welches den Qualitätsabbau verhindern wird.
„Wir fordern den Senat auf,“ so GEW- Kitareferentin Varsenik Vardanyan, „den Tarifabschluss in gesamter Höhe, so wie es die Stadt Hamburg auch im Tarifabschluss TV-L der Länder machte, in die Erstattungssätze der Kita-Finanzierung einzupflegen und den Qualitätsabbau in der pädagogischen Arbeit sofort zu stoppen.“
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