Studie des Bundesministeriums enthüllt schamlose Ausbeutung an Hochschulen

29. September 2011Von: Dr. Fredrik DehnerdtThema: Hochschule und Forschung

Eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Auftrag gegebene Evaluation des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG), das seit 2007 den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen mit Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen regelt, kommt zu alarmierenden Ergebnissen.

Befristung ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel Der Evaluationsbericht gibt den Anteil der befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für 2009 mit 83 Prozent an. Das stellt einen erheblichen Anstieg dar, denn seit Mitte der achtziger Jahre bis zum Jahr 2005 hatte der Anteil noch stabil bei 74 bis 76 Prozent gelegen. Dabei ist zu beachten, dass diese Quote sowohl Beamt/innen als auch die wissenschaftliche Mitarbeiteri/nnen an Fachhochschulen einschließt, sonst läge der Anteil der befristet Beschäftigten noch höher. Bei den Drittmittelbeschäftigten beträgt der Anteil der befristet Beschäftigten 97 Prozent.

Vertragslaufzeiten meistens unter einem Jahr

Geradezu dramatisch fallen die Befunde zu den Laufzeiten von befristeten Beschäftigungsverhältnissen aus. An Hochschulen hat mehr als die Hälfte aller Zeitverträge (53 Prozent) eine Laufzeit von unter einem Jahr, weitere 36 Prozent haben eine Laufzeit von ein bis zwei Jahren, nur 11 Prozent haben eine Laufzeit von zwei Jahren und länger. Selbst die Autoren des Berichts kommen nicht um ein kritisches Urteil herum: „Die Untersuchungsergebnisse lassen jedoch – bei allen Unterschieden im  Detail – ein deutliches Potenzial erkennen, die Vertragsmodalitäten für die Zeit der  wissenschaftlichen Qualifizierung zu verbessern.“ Die dunkle Seite der schönen neuen Hochschulwelt Immer mehr Zeitverträge, immer kürzere Laufzeiten – das sind die zentralen Befunde, die jetzt bekannt geworden sind. Dass über die Hälfte der befristet beschäftigten wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Verträge mit einer Laufzeit von unter einem Jahr haben, ist schockierend. Die extrem kurzen Vertragslaufzeiten sind nicht nur eine schamlose Ausbeutung junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die  Hochschulen und Forschungseinrichtungen untergraben damit auch die Kontinuität und Qualität der wissenschaftliche Arbeit in Forschung und Lehre sowie die Attraktivität des  Berufs Wissenschaft – und sägen damit an dem Ast, auf dem sie sitzen.

Für eine Reform von Personalstruktur und Berufswegen in Hochschule und Forschung

Die gute Nachricht: Die Ergebnisse der Evaluation sind Wasser auf die Mühlen des  Templiner Manifests, mit dem sich inzwischen über 7.000 Unterzeichner/innen für eine  Reform von Personalstruktur und Berufswegen in Hochschule und Forschung stark  machen.
Ziffer 2 des Templiner Manifests: „Postdocs verlässliche Perspektiven geben“, 
Ziffer 3: „Daueraufgaben mit Dauerstellen erfüllen“,
Ziffer 4: „Prekäre durch reguläre Beschäftigung ersetzen“ –
aktueller denn je!

Also, jetzt erst recht: das Templiner Manifest unterzeichnen und für die eigenen Interessen eintreten!

Hier können Sie das Templiner Manifest unterzeichen.