Leitfaden Gute Arbeit in der Wissenschaft – vor Ort umsetzen!

Arbeitsgruppe bringt umfangreiche Verbesserungen für wissenschaftlich Beschäftigte auf den Weg
HK

Leitfaden Gute Arbeit in der Wissenschaft – vor Ort umsetzen!

Die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen an den Hochschulen sind geprägt von Zeitverträgen mit immer kürzeren Vertragslaufzeiten, unsicheren Berufsperspektiven, mangelnder Ausstattung der Arbeitsplätze und einer zunehmenden Arbeitslast. Diese Missstände benannte die SPD bereits im Bürgerschafts-Wahlkampf 2011. Zwei Jahre später hat die Behörde endlich erste Schritte eingeleitet, die Situation zu verbessern und im März 2013 eine Arbeitsgemeinschaft „Gute Arbeit an Hamburgs Hochschulen“ einberufen, die in einem Code of Conduct Leitlinien zur Begrenzung prekärer Beschäftigung erarbeiten soll (hlz 12/2013). Diese AG hat nun ihre Ergebnisse vorgelegt. Auslöser für diese Entwicklung waren nicht nur, aber auch, die Aktivitäten der GEW für den Traumjob Wissenschaft (hlz 8-9/2013).

Mit dem Ziel der Verbesserung der Beschäftigungssituation von wissenschaftlichen MitarbeiterInnen haben VertreterInnen der staatlichen Hamburger Hochschulen, der Behörde für Wissenschaft und Forschung, der Gewerkschaften und Personalräte eine Verständigung über eine Reihe konkreter Maßnahmen erzielt, die im Folgenden dargestellt und erläutert werden. Sie zielen zum einen auf gesetzliche Regelungen im Hamburgischen Hochschulgesetz (HmbHG), zum anderen auf einen Code of Conduct (CoC), d.h. eine freiwillige Selbstverpflichtung der Hochschulen. Dieser Code bedarf der präzisierenden Umsetzung, für die jede Hochschule unter Berücksichtigung ihrer spezifischen Gegebenheiten selbst verantwortlich ist.

Wissenschaftliche MitarbeiterInnen mit dem Ziel der Promotion

Problematische Elemente dieser Stellen sind die regelhafte Begrenzung auf eine halbe Stelle oder weniger sowie der fehlende Arbeitsanteil für die eigene Promotion. Der diese Stellenkategorie betreffende § 28 (1) des HmbHG wird dahingehend verändert, dass mindestens eine hälftige Beschäftigung vorzusehen ist, zudem wird die Bestimmung, nach der bei hälftiger Beschäftigung kein Anteil für die eigene Promotionsarbeit zu gewähren ist, gestrichen. Das heißt konkret, dass in Zukunft alle Promotionsstellen mindestens halbe Stellen sein müssen und ihnen mindestens ein Drittel der Arbeitszeit für das Verfassen ihrer Dissertation zur Verfügung stehen muss. Somit wird der GEW-Forderung „Promotionsphase besser absichern“, wie sie im Templiner Manifest[1] erhoben wird, nachgekommen. Im Code of Conduct wird zudem vereinbart, dass Verlängerungen der grundsätzlich dreijährigen Vertragsdauer möglich sind, soweit sie zur Fertigstellung eines weit fortgeschrittenen und erfolgversprechenden Qualifizierungsvorhabens erforderlich sind.

Wissenschaftliche MitarbeiterInnen mit ausschließlicher Lehrtätigkeit

Problematische Elemente dieser Stellen sind unter anderem die Vielzahl kurzer Befristungen, die Ausübung von Dauertätigkeiten durch befristet Beschäftigte, besonders dann, wenn es kaum oder keine Qualifizierungsmöglichkeiten gibt sowie daraus folgend eine berufliche Unsicherheit. Um diesem Befristungsunwesen vorzubeugen, wird in § 28 (3) HmbHG der Satz aufgenommen, dass, wenn „überwiegend Daueraufgaben in Forschung und Lehre wahrgenommen werden, […] hierfür Stellen zur unbefristeten Beschäftigung vorzuhalten“ sind. Somit wird die GEW-Forderung „Daueraufgaben mit Dauerstellen erfüllen“ gesetzlich verankert. Nun wird es an den Hochschulen bzw. in den Fakultäten darum gehen festzulegen, welche Tätigkeiten bzw. Funktionen (z.B. notwendige Lehrveranstaltungen und Forschungstätigkeiten, wissenschaftsunterstützende Verwaltungstätigkeiten und technische Tätigkeiten) Daueraufgaben darstellen – mit der Folge, dass alle Stellen, die diese Tätigkeiten bzw. Funktionen umfassen, entfristet werden müssen. Im Code of Conduct wird festgehalten, dass die Hochschulen Abweichungen von unbefristeter Beschäftigung bei Daueraufgaben und die Beschäftigungsformen regelmäßig evaluieren und darüber hochschulintern berichten sollen.

Wissenschaftliche MitarbeiterInnen auf (drittmittelfinanzierten) Projektstellen

Das Hauptproblem bei diesen Stellen besteht darin, dass die Laufzeit von Verträgen häufig deutlich kürzer ist, als die Bewilligung der Mittel. Eine landesgesetzliche Änderung ist nicht vorgesehen, stattdessen wird im Code of Conduct festgehalten, dass Tätigkeiten im Rahmen von Projektstellen grundsätzlich für die Laufzeit des Projektes wahrgenommen werden sollen und somit ebenfalls eine Forderung aus dem Templiner Manifest erfüllt. Festgeschrieben wird darüber hinaus, dass die Hochschulleitungen in Abstimmung mit den Personalräten bis Juli 2014 Verfahrensregelungen für kürzere Befristungen auch in Zusammenhang mit Mutter-schutz- und Elternzeitvertretungen erarbeiten sollen.

Lehrbeauftragte

Das Problem besteht darin, dass Lehraufträge häufig ohne oder wenn, dann mit geringer Vergütung angeboten werden. Zudem nimmt ihr Anteil an der Lehre stark zu. Lehre soll, darin war sich die AG einig, stärker durch unbefristete oder längerfristig beschäftigte wissenschaftliche MitarbeiterInnen übernommen werden. Im Code of Conduct wird festgeschrieben, dass bei Lehraufträgen im Regelfall ein angemessener Vergütungsanspruch besteht. Somit wird die bestehende Praxis der Hochschulen bzw. Fakultäten, unbezahlte Lehraufträge anzubieten, per Selbstverpflichtung der Hochschulen verboten. Ausnahmen hiervon gelten für Fälle, in denen Lehrbeauftragte bereits sozialversichert oder sozialversicherungsfrei sind. Darüber hinaus wird festgehalten, dass die Hochschulen den Umfang der Lehraufträge in den jeweiligen Untergliederungen evaluieren und darüber hochschulintern berichten.

Hochschulen in die Verantwortung nehmen!

Zum Abschluss der Beratungen stimmten die Mitglieder der AG dem Code of Conduct in der nun vorliegenden Fassung zu. Die Behörde sicherte zu, dass die vorgesehenen Änderungen des § 28 HmbHG in den aktuell diskutierten Novellierungsentwurf aufgenommen werden. Die Bürgerschaft soll des Weiteren mit einer gesonderten Drucksache über die Ergebnisse unterrichtet werden. Hochschulen und Forschungseinrichtungen müssen jetzt unter Beweis stellen, dass sie mit ihrer gewachsenen Autonomie verantwortungsbewusst umgehen und den Arbeitsplatz Wissenschaft attraktiver machen. „Die Hochschulen“, so heißt es im Protokoll des letzten Treffens, „werden gebeten, die Vereinbarungen zügig umzusetzten. Die BWF wird dem nach einer gewissen Frist nachgehen.“ Die GEW ebenfalls.

Fredrik Dehnerdt, stellv. Vorsitzender GEW Hamburg

 

[1] Das Templiner Manifest der GEW ist unter www.templiner-manifest.de zu finden.