Durch die Corona-Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vom Mai wurde die zulässige Befristungsdauer um sechs Monate verlängert. Das Bundesforschungsministerium möchte diese Regel per Verordnung ausweiten. Der GEW geht das nicht weit genug.
Die im Mai rückwirkend zum 1. März 2020 in Kraft getretene Änderung des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes (WissZeitVG) sieht vor, dass befristete Arbeitsverträge pandemiebedingt um sechs Monate verlängert werden können – auch über die zulässige Befristungdauer von sechs Jahren vor und weiteren sechs, in der Medizin neun, Jahren nach der Promotion hinaus. Einzige Voraussetzung dafür ist, dass das Arbeitsverhältnis im Zeitraum zwischen 1. März und 30. September 2020 bestanden hat.
Außerdem fügte die Gesetzesänderung eine Verordnungsermächtigung ins Gesetz ein. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) kann die zulässige Befristungsdauer um weitere sechs Monate verlängern, „soweit dies aufgrund fortbestehender Auswirkungen der COVID-19-Pandemie in der Bundesrepublik Deutschland geboten erscheint“, heißt es in Paragraf 7 des Gesetzes.
Das BMBF plant nun eine entsprechende Verordnung vorzulegen, nach der auch Arbeitsverträge, die zwischen 1. Oktober 2020 und 31. März 2021 bestehen, um sechs Monate verlängert werden können. Arbeitsverträge, die vor dem 1. Oktober 2020 bestanden haben, sollen um zwölf Monate verlängert werden können.
Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender der GEW und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung, begrüßt die Initiative. „Die Coronapandemie hält an, eine zweite Welle ist nicht auszuschließen. Damit gehen weiter erhebliche Beeinträchtigungen von Lehre und Studium, Forschung und wissenschaftlicher Qualifizierung einher. Es ist folgerichtig, den Rahmen für die pandemiebedingte Verlängerung von Arbeitsverträgen auszuweiten“, sagte er.
Kritisch sieht der GEW-Hochschulexperte, dass das BMBF plant, Beschäftigungsverhältnisse, die erst nach dem 1. Oktober 2020 abgeschlossen werden, zu benachteiligen. „Warum jemand, dessen Arbeitsvertrag im März 2020 ausgelaufen wäre, um ein volles Jahr verlängert werden kann, aber die Kollegin oder der Kollege, die im Oktober 2020 eingestellt wird, nur ein halbes Jahr in Anspruch nehmen kann, ist nicht nachvollziehbar. Wir fordern zwölf Monate für alle. Pandemiebedingte Verzögerungen können erhebliche Auswirkungen auf die wissenschaftliche Arbeit haben,“ erklärte Keller.
Der GEW-Vize wies auf ein weiteres Problem hin. „Das WissZeitVG und die nun geplante BMBF-Verordnung eröffnen lediglich die Option, dass die Arbeitsveträge pandemiebedingt verlängert werden. Ob davon tatsächlich Gebrauch gemacht wird, entscheiden aber allein die Arbeitgeber. Viele Kolleginnen und Kollegen können ganz leer ausgehen und mit einer halbfertigen Forschungsarbeit auf die Straße gesetzt werden“, monierte Keller. Er hatte das bereits im Mai in seiner Stellungnahme zum Wissenschafts- und Studierendenunterstützungsgesetz, mit dem das WissZeitVG geändert wurde, ausgeführt.
Keller forderte das Ministerium auf, mit der Verordnung einen Gesetzentwurf für eine weitere WissZeitVG-Novelle vorzulegen, „die aus der Option auf Vertragsverlängerung einen Rechtsanspruch der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler macht.“ Auch die studentischen Beschäftigten sollten in die Regelung einbezogen werden, mahnte Keller.
Bis dahin sollten die Hochschulen und Forschungseinrichtungen „großzügig von der Verlängerungsoption Gebrauch machen und sich mit ihren Betriebs- und Personalräten auf entsprechende Vereinbarungen verständigen“, ergänzte er. Der Bund solle, sofern er selbst Forschungsprojekte oder Hochschulen und Forschungseinrichtungen finanziere, etwa über den Pakt für Forschung und Innovation, auf eine entsprechende Ausschöpfung der Verlängerungsoption bestehen und dafür zusätzliche Mittel bereitstellen.
Abschließend wies er daraufhin, dass auch befristete Dienstverhältnisse mit Beamtinnen und Beamten, Stipendien sowie die Ausbildungsförderung nach dem BAföG um ein Jahr verlängert werden müssten, um die pandemiebedingten Nachteile kollektiv auszugleichen.
Bildquelle: GEW-Hauptvorstand