Unter dem Artikel findet ihr die 1. Mai Reden von Svea Gruber (junge GEW/GEW Studis), Wolfgang Brandt (GEW und DGB Harburg) sowie Detlef Zunker (GEW Fachgruppe Weiterbildung)
Tausende Menschen haben sich am heutigen 1. Mai in Hamburg versammelt, um gemeinsam für eine gerechtere und friedliche Zukunft zu demonstrieren. An der zentralen Kundgebung beim Museum der Arbeit nahmen 8.100 Menschen teil. In Bergedorf kamen 600 und in Harburg 300 Teilnehmer*innen zum Tag der Arbeit zusammen. Die Veranstaltungen wurden vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) Hamburg organisiert und fanden unter dem Motto "Ungebrochen solidarisch“ statt.
Unter den Teilnehmer*innen befanden sich Gewerkschafter*innen, Arbeitnehmer*innen, Studierende, Rentner*innen und viele weitere Menschen, die sich für soziale Gerechtigkeit, bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und die Stärkung der Tarifbindung einsetzen.
Die zentrale Veranstaltung begann mit einem Auftakt um 10:30 Uhr an der U-Bahn-Station Straßburger Straße.
Um 11:00 Uhr setzte sich die Demo in Bewegung und zog mit Tausenden durch die Straßen von Hamburg-Barmbek. Begleitet von Musik und Sprechchören, wurde die Forderung nach einer gerechteren und solidarischen Gesellschaft lautstark und kraftvoll zum Ausdruck gebracht.
Um 12:30 Uhr erreichte die Demonstration schließlich ihren Höhepunkt mit einer Kundgebung am Museum der Arbeit, wo die Hauptrednerinnen Tanja Chawla (Vorsitzende DGB Hamburg), Jürgen Kerner (IG Metall-Bundesvorstand), Yavuz Daşkin, (DGB-Jugend Hamburg) und Dennis Grabowski (Betriebsrat Hagenbecks Tierpark) die Bedeutung von Solidarität und Zusammenhalt in Zeiten von Krisen und Herausforderungen betonten.
Tanja Chawla, Hamburgs DGB-Vorsitzende, stellte heraus: "Gewerkschaften haben in der Krise für Entlastungen gekämpft und viel erreicht. Doch staatliche Hilfen sind nur ein Notnagel, kräftige Lohn- und Gehaltszuwächse sind das beste Mittel gegen steigende Lebenshaltungskosten und das geht am besten mit Tarifverträgen. Für eine Stabilisierung der Reallöhne brauchen wir dringend eine höhere Tarifbindung. Das ist nicht nur ein Punkt auf einem Wunschzettel, sondern bereits eine Richtlinie der EU, die eine Tarifbindung von 80 Prozent als Zielmarke formuliert. Hiervon sind wir weit entfernt – auch in Hamburg.“ Stattdessen sei an allen Ecken Tarifflucht zu beobachten, so Chawla. Sie forderte den Hamburger Senat auf, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge die Tarifbindung zur Voraussetzung zu machen. „Wir Gewerkschaften erwarten: Öffentliches Geld gibt es nur für tarifgebundene Unternehmen!“
Jürgen Kerner, IG Metall-Bundesvorstand, sagte: „Wir lassen uns von den Arbeitgebern kein Märchen der Lohn-Preis-Spirale erzählen! Das Gegenteil ist richtig. Wirtschaftliche Stabilität, wirtschaftliches Wachstum erreichen wir nur mit stabiler Kaufkraft. Und dafür brauchen die Menschen Geld in der Tasche! Gute Löhne und stabile Wirtschaft – dafür streiten und streiken wir.“
Schwerpunkt der Gewerkschaftsjugend war die Forderung nach einer gesetzlichen Ausbildungsgarantie. Yavuz Daşkin, Redner der DGB-Jugend Hamburg, fand dafür deutliche Worte: „Transformation, Digitalisierung, Dekarbonisierung - die Arbeitswelt steckt mitten in einem enormen Wandel. Eine Arbeitswelt 4.0 braucht eine Ausbildung 4.0. Denn nur eine gute Ausbildung ist die Antwort auf die Herausforderungen der digitalen Arbeitswelt. Und das bedeutet viel mehr als WLAN in der Berufsschule. Es geht uns um Bildungsgerechtigkeit! Wir kämpfen für einen Rechtsanspruch auf einen Ausbildungsplatz und eine gute Ausbildungsqualität auf der Höhe der Zeit für alle jungen Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft und ihren sozialen und familiären Voraussetzungen.“
Die Beschäftigten des Tierparks Hagenbeck nutzten den 1. Mai für einen Warnstreik für einen Tarifvertrag. Auf der Bühne übte Betriebsrat Dennis Grabowski Kritik an der Geschäftsleitung des bekannten Hamburger Tierparks: „Die Beschäftigten des Tierparks sind keine Menschen zweiter Klasse. Unsere Entschlossenheit und unser Durchhaltevermögen sind unsere schärfsten Schwerter. Dieser Kampf gilt nicht nur unseren Arbeitsbedingungen, sondern auch dem Wohlergehen unserer Tiere. Wir hören erst auf, wenn wir den Tarifvertrag in unseren Händen halten. Bei unserem Warnstreik und den Aktionen haben wir gezeigt, dass wir uns nicht verstecken müssen. Im Gegenteil, wir müssen Gesicht zeigen. Und dafür sorgen, dass niemand alleine kämpfen muss!“
Die Veranstaltung verlief ohne Zwischenfälle. Auch das Wetter spielte mit, sodass die Teilnehmer*innen bei angenehmen Temperaturen und Sonnenschein für ihre Forderungen eintreten konnten.
"Wir sind sehr zufrieden mit dem Verlauf der Kundgebungen zum 1. Mai und sagen Danke an unsere Kolleg*innen, dass sie ungebrochen solidarisch mit uns auf der Straße waren", sagte Tanja Chawla, Vorsitzende DGB Hamburg. "Die große Zahl der Teilnehmenden hat unterstrichen, dass die Gewerkschaften eine gesellschaftliche Kraft sind, an der es auch zukünftig kein Vorbeikommen geben wird."
Einige Hamburger GEWler*innen hielten Reden, die wir gerne dokumentieren:
Redebeitrag 1. Mai: junge GEW/GEW Studis (Svea Gruber)
Mein Name ist Svea und ich bin die aktuelle Sprecherin der GEW-Studis in Hamburg. Ich stehe heute am 1. Mai hier und demonstriere, weil ich wütend bin. Wütend darauf, wie junge Menschen in Ausbildung und Studium von der Politik und Gesellschaft behandelt werden.
Als Studentin fühle ich mich seit Jahren von der Politik alleine gelassen. Egal ob es um die dringend notwendige Erhöhung des BAföG-Regelsatzes oder die Einmalzahlung von 200€ ging - die Politik reagierte in Krisenfällen halbherzig bis gar nicht. Maßnahmen, Reformen und Beschlüsse kommen nicht nur viel zu spät, sondern bringen zudem auch keine echten Verbesserungen. Dass die soziale Lage von Studierenden dramatisch schlecht ist und konstant schlimmer wird, zeigen Studien nicht erst seit gestern. Getan wurde bislang jedoch wenig und so ist es zwar erschreckend, aber nicht wirklich verwunderlich, dass das statistische Bundesamt im November letzten Jahres mitteilte, mehr als ein Drittel aller Studierenden seien armutsgefährdet. Unter denjenigen, die alleine oder in Wohngemeinschaften wohnen, liegt der Anteil sogar bei über 75%. Für ein so wohlhabendes und privilegiertes Land wie Deutschland sind diese Zahlen mehr als peinlich. Die soziale Lage von Studierenden könnte sehr schnell merklich verbessert werden, wenn es denn den politischen Willen dazu geben würde. Dass es an diesem aktuell mangelt, zeigt das jüngste Beispiel Energiepauschale für Studierende und Fachschüler:innen. Im September verkündet, ab Mitte März dann auf höchst kompliziertem Wege ausgezahlt. Dass die 200€ angesichts der Inflation kaum eine Entlastung oder gar Verbesserung der wirtschaftlichen Lage waren, ist das eine. Das andere, und das ist aus meiner Sicht das viel traurigere, ist das Signal, welches mit dem komplizierten und langwierigen Antragsverfahren gesendet wurde: Ihr seid uns nicht wichtig genug, als dass wir uns schnell um euch kümmern würden. Wer solche Signale sendet, darf sich nicht wundern, wenn Protest und Unmut weiter zunehmen.
Der aktuelle Bafög-Höchstsatz beträgt 812€ pro Monat - das dies in Städten wie Hamburg, in denen Mieten und Nebenkosten seit Jahren steigen, nicht zum Überleben reicht, dürfte keinen überraschen. Seit Jahren fordert das Bafög-Bündnis eine kontinuierliche Anhebung der Bedarfssätze und Sozialpauschalen sowie eine Anpassung an die studentischen Lebenshaltungskosten und die allgemeine Einkommensentwicklung. Die Förderung sollte elternunabhängig, für alle zugänglich und vor allem unbürokratischer gestaltet werden. Damit wäre nicht nur ein großer Schritt in Richtung Verbesserung der sozialen Lage, sondern auch in Richtung Bildungs- und Chancengerechtigkeit getan. Es ist skandalös, dass das Studium in Deutschland immer noch ein Privileg ist und nicht allen offensteht.
Diese finanzielle Not drängt viele Studierende dazu sich durch zusätzliche Lohnarbeit zu finanzieren. Diese Not wird von der Politik besonders bei Lehramtsstudierenden ausgenutzt. Um den bedarfsdeckenden Unterricht zu gewährleisten und den Schein zu wahren, wird den Studierenden eine bessere Aussicht auf einen Referendariatsplatz versprochen, wenn ein Lehrauftrag angenommen wird. Auf so einen Referendariatsplatz warten einige studierte Lehrer:innen bis zu 2 Jahre. Dies führt dazu, dass unausgebildete Menschen alleinverantwortlich in den Klassen stehen und auf Unterstützung von den Lehrpersonen hoffen müssen, die so schon Unmengen von unbezahlten Überstunden machen. Hier zeigt sich, dass schon lange die Probleme des Lehrer:innenmangels auf dem Rücken von den Lehrpersonen und den Schüler:innen ausgetragen werden. Anstatt strukturelle Reformen voranzubringen und den Beruf attraktiver zu machen werden aktuell weitere Maßnahmen diskutiert, die mehr Arbeit, weniger Flexibilität und weniger Freiheiten bedeuten, unterm Strich schlechtere Arbeitsbedingungen. So ist es kein Wunder aber ein riesiges Problem, dass immer weniger junge Menschen Lehramt studieren möchten.
Wohin diese Ignoranz von strukturellen Problemen führt, sieht man nicht nur an der Schule sondern in allen Bildungs- und Erziehungseinrichtungen. Auch dort ist die Lage seit Jahren prekär und wird immer schlechter. Immer weniger Menschen sind bereit, soziale und pädagogische Berufe zu ergreifen und das liegt nicht nur an den schlechten Arbeitsbedingungen, die sie erwarten, sondern auch an dem Gefühl, Politik und Gesellschaft nicht wichtig genug zu sein.
Es muss sich dringend etwas ändern und wir brauchen eine gesamtgesellschaftliche Diskussion darüber, wie wir unser Erziehungs- und Bildungssystem gerechter und inklusiver gestalten. Dazu gehört einerseits, die soziale Lage von Studierenden zu verbessern und sie stärker zu unterstützen, dazu gehört andererseits aber auch, die Rahmenbedingungen an den Bildungseinrichtungen zu verbessern. Dafür müssen nicht nur Löhne und Gehälter steigen, sondern es braucht vor allem auch mehr Personal und neue Betreuungsschlüssel, besseren Arbeits- und Gesundheitsschutz, eine Ausfinanzierung von Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen sowie Entfristungen. An dieser Stelle zeigt sich, wie wichtig es ist, die verschiedenen Arbeitskämpfe nicht isoliert voneinander zu betrachten, sondern zusammen zu denken und zu führen. Gibt es strukturelle Verbesserungen bei Aus- und Weiterbildungsförderung und Arbeitsbedingungen, wirkt sich das auch auf die Qualität von Bildung und die Attraktivität von sozialen und pädagogischen Berufen aus. Die Geschichte zeigt, dass uns diese strukturellen Verbesserungen nicht geschenkt werden. Wir müssen sie uns gemeinsam solidarisch erkämpfen. Darum stehe ich heute hier.
Rede von Wolfgang Brandt in Harburg:
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Harburgerinnen und Harburger,
Europa ist im Krisenmodus. Viele befürchten die Ausweitung des Krieges in der UkraIne und sehen mit Bestürzung auf die vielen toten Soldaten und die zivilen Opfer auf beiden Seiten. Nach mehr als einem Jahr Krieg wird immer deutlicher: Dieser Krieg ist trotz aller Kriegspropaganda militärisch nicht zu gewinnen. Weder vom Angreifer Russland, noch von der durch die NATO unterstützte Ukraine. Weitere Waffenlieferungen in das Kriegsgebiet werden auf absehbare Zeit auch der Ukraine nicht den militärischen Sieg bringen, sie verlängern nur das Sterben auf beiden Seiten und bergen die Gefahr in sich, dass es zu einer direkten Konfrontation zwischen der NATO und Russland kommt.. Über Frieden und Sicherheit für die Ukraine und über die Zukunft der von Russland besetzten Gebiete kann es am Ende nur am Verhandlungstisch eine Lösung geben. Solche Verhandlungen sind nur tragfähig, wenn die Ergebnisse für beide Seiten akzeptabel sind. Das gilt für Sicherheitsgarantien und die territoriale Integrität. Eine Fortführung eines zermürbenden Stellungskriegs mit ungewissem Ausgang wird zu noch mehr Leid führen. Wir erwarten deshalb von der Bundesregierung über diplomatische Kanäle darauf hinzuwirken, dass Verhandlungen über einen Waffenstillstand eingeleitet werden, um das Sterben zu beenden. Gleichzeitig fordern der DGB-Hamburg und seine Mitgliedsgewerkschaften alle demokratischen Parteien auf, die öffentliche Debatte über immer mehr und immer neue Waffen endlich zu beenden. Der DGB orientiert auf eine europäische und internationale Friedensordnung, die auf den Menschenrechten und den Prinzipien der Freiheit, der Selbstbestimmung und der sozialen Gerechtigkeit beruht. Gemeinsam kämpfen wir für eine Welt ohne Krieg und Gewalt. Denn Frieden ist die Grundlage für eine gerechte und lebenswerte Zukunft für uns alle.
Ungebrochen solidarisch: Damit die Krise nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird!
Die steigenden Preise bei Lebensmitteln, Energie und Mieten belasten die privaten Verbraucherinnen und Verbraucher aber auch viele Betriebe. Zugleich wachsen die Vermögen der Superreichen ungebremst weiter. In Deutschland leben mittlerweile 1,6 Millionen Vermögensmilionäre. Allein im letzten Jahr sind 100.000 hinzugekommen. Nicht auf der Insel der Glückseligen leben die Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten. Hieran zeigt sich besonders die Verschärfung der sozialen Spaltung. Einige Konzerne insbesondere im Energiebereich fahren überhöhte Gewinne ein. Diese müssen abgeschöpft und zur Gegenfinanzierung der Entlastungen genutzt werden. Superreiche müssen endlich mehr Steuern zahlen; Menschen mit hohem Vermögen müssen eine Abgabe erbringen für die historisch wichtigste Herausforderung unserer Gesellschaft: den Klimawandel. Wir fordern die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Nur so kann der entstehende öffentliche Schuldenberg bewältigt werden. Es darf nicht sein, dass die Hauptlasten der Krise den Beschäftigten aufgebürdet werden, während sich die Reichen aus der Verantwortung stehlen.
Ungebrochen solidarisch: Damit die Beschäftigten nicht die Verlierer bei der Lastenverteilung werden!
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die spürbare hohe Inflation vor allem bei Energiekosten, Lebensmitteln und Mieten hat dazu geführt, dass viele Menschen sich finanziell einschränken müssen und manche in die Armut getrieben wurden. Um hier wirksam gegenzusteuern haben die Gewerkschaften bei ihren Tarifverhandlungen Forderungen aufgestellt, die deutlich höher sind als in der Vergangenheit. Wir haben erlebt, dass die Beschäftigten im öffentlichen Dienst und beim Bahnverkehr den Aufrufen zur Beteiligung an Warnstreiks massiv gefolgt sind. Im April stand der öffentliche Personenverkehr an manchen Tagen komplett still. Wie Umfragen zeigten hat die Bevölkerung diese Streiks akzeptiert und für notwendig erachtet. Ganz im Gegenteil zu manchen Politikern, die Warnstreiks in Bereichen der sogenannten kritischen Infrastruktur mit Anträgen vor Gericht verbieten lassen wollten. Dem haben die Gerichte mit Hinweis auf unser Grundgesetz nicht entsprochen. Im Artikel 9 unseres Grundgesetzes wird das Streikrecht garantiert wie auch das Existenzrechts von Gewerkschaften. Ohne das Recht auf Streik wären Tarifverhandlungen nur kollektives Betteln. Wir lassen uns das Streikrecht nicht nehmen!
Die Tarifautonomie gehört zum Wesensgehalt unseres Staates und ist deshalb im Grundrechtskatalog fixiert. Tarifverträge regeln die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten über die Betriebsgrenzen hinaus. Mit Tarifverträgen, die höhere Bezahlung garantieren, erhöht man auch die Attraktivität der Arbeit. So könnte zum Beispiel fehlendes Personal für den öffentlichen Dienst gewonnen werden. Tarifverträge haben auch eine positive Sogwirkung für den leider viel zu großen Bereich in der Arbeitswelt, in dem keine überbetrieblichen Tarifverträge abgeschlossen werden. Wenn die Wirtschaft in unserem Land wirklich eine soziale Marktwirtschaft sein will, was dem Auftrag des Grundgesetzes entspricht, muss mindestens garantiert sein, dass öffentliche-also staatliche- Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die ihre Beschäftigten nach Tarif bezahlen. Das ist aber bei weitem nicht so. Jetzt hat Hamburger Senat endlich einen Gesetzentwurf für ein Tariftreuegesetz vorgelegt, der in die Anhörung kommt. Das ist ein erster Schritt, aber der Entwurf hat aus gewerkschaftlicher Sicht noch einige Schwächen. Wir fordern für Hamburg ein wirksames Tariftreue-Gesetz ohne Schlupflöcher!
Ungebrochen solidarisch: Auch mit den Beschäftigten von Karstadt Harburg!
Im Artikel 14 unseres Grundgesetzes heißt es: Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Davon scheint das Management von Galeria-Kaufhof-Karstadt noch nichts gehört zu haben. Seit Februar fordert Verdi von diesem Konzern die Anerkennung des Flächentarifvertrags des Einzelhandels, was das Management kategorisch ablehnt. Deshalb fand am April vor Karstadt Harburg ein Warnstreik der Beschäftigten aller Hamburger Karstadt-Häuser statt, den wir als DGB-Harburg unterstützt haben. Der Warenhauskonzern Galeria-Karstadt-Kaufhof will 52 Warenhäuser bundesweit schließen – betroffen ist auch das Warenhaus in Harburg. Dagegen protestieren wir vom DGB Stadtverband Harburg: Wir sind solidarisch mit den Beschäftigten, die zur Bewältigung der Krise des Unternehmens über Jahre finanzielle Einbußen in Höhe eines Monatsgehalts hingenommen haben. Die Schließung von Galeria-Karstadt-Kaufhof Harburg ist eine unternehmerische Fehlentscheidung, weil dieser Standort seit vielen Jahren Kunden in der gesamten südlichen Region Hamburgs versorgt einschließlich der angrenzenden Landkreise Harburg und Stade. Bereits in den letzten Jahren hatte der Konzern Staatshilfen in Anspruch genommen, um die Kaufhauskette zu retten. Die Bundesregierung griff dem Konzern mit vielen Millionen Euro aus Steuergeldern unter die Arme. Es ist nicht hinnehmbar, dass nun rund 180 Beschäftigte ihren Job verlieren sollen. Was mich befremdet: Am gleichen Tag als die Schließung von Karstadt-Harburg bekannt wurde, diskutierten einige Bezirkspolitiker bereits über die weitere Nutzung des Gebäudes. Ich denke, das haben wir vom DGB Harburg zu Recht kritisiert. An erster Stelle muss die Sorge um die Zukunft der Beschäftigten stehen!
Ungebrochen solidarisch: gegen rechts-keine Zusammenarbeit mit der AFD
Am 2. Mai, also morgen, wird der Deutsche Gewerkschaftsbund in Hamburg und vielerorts an die Zerschlagung der Gewerkschaftsbewegung durch die Nationalsozialisten vor 90 Jahren erinnern. In Hamburg findet um 17 Uhr vor dem Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof eine Gedenkveranstaltung statt, zu der hoffentlich viele von euch kommen werden.
Am 2. Mai 1933 stürmten SA und SS die Gewerkschaftshäuser des ADGB in ganz Deutschland und verschleppten Vorstandsmitglieder und Mitarbeiter. Manche von ihnen kamen sofort in Gefängnisse oder Konzentrationslager, andere in den folgenden Jahren. Viele Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter kamen auf diese Weise zu Tode. In den Betrieben wurden die Betriebsräte abgeschafft und sogenannte „Treuhänder der Arbeit“ eingesetzt. Streiks wurden verboten. Das bedeutete das Ende der Mitbestimmung während der Zeit des Faschismus. Nach der Befreiung haben die Alliierten nach früheren Betriebsräten und aktiven Gewerkschafterinnen gesucht und sie in der Verwaltung eingesetzt. Einer der verfolgten Gewerkschafter aus Hamburg war der spätere Mitbegründer der IG-Bausteine-Erden und Bürgerschaftsabgeordnete Paul Bebert. Am 14. September 1945 hat Paul Bebert am Gewerkschaftshaus Besenbinderhof mit Hammer und Meißel das Hakenkreuz abgeschlagen. Ich zitiere seine Worte:
"Mit meinen Hammerschlägen werde ich die Giftzeichen des Nationalsozialismus von der geistigen Waffenschmiede der Hamburger Arbeiterschaft entfernen. Möge diese symbolische Handlung mit zu der Erkenntnis beitragen, dass das Gift der Nazi-Propaganda restlos aus dem deutschen Volk beseitigt werden muss. Denn nur auf diesem Wege der Entwicklung werden wir zu einem wahrhaft freien, demokratischen Deutschland kommen."[1]
Anschließend sangen die Anwesenden das Lied der Arbeiterbewegung „Brüder, zur Sonne zur Freiheit“.
Detlef Zunker, GEW, Rede zur Lage der Erwachsenenbildung in Hamburg auf der 1.-Mai-Auftaktkundgebung 2023
(Die vollständige Rede findet sich unter https://www.gew-hamburg.de/themen/erwachsenenbildung/detlef-zunker-zur-lage-der-erwachsenenbildung-in-hamburg)
Die Beschäftigten in der Weiterbildungsbranche sind über den ökologischen und digitalen Umbau die wesentlichen, aber nicht gewürdigten Leistungsträger*innen, die dafür sorgen, dass Weiterbildung gelingen kann. Ihre Arbeitsbedingungen müssen den Kriterien gute Bedingungen für gute Arbeit entsprechen!
Denn: In der Weiterbildung sind Lehrende in dieser Branche bundesweit nur zu 28% in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Schlechter sieht es in keinen anderen Branche Deutschlands aus.
So kann es nicht weitergehen!
Für die Bereiche, in denen die Stadt Hamburg unmittelbar verantwortlich ist, steht die Volkshochschule Hamburg beispielhaft:
Wir fordern für alle VHS-Kursleitenden:
- • Deutlich erhöhte Honorarsätze von mindestens 41 Euro pro UE von 45 Min, auch für die Kursleitenden des offenen Angebots und
- zeitnah einen Inflationsausgleich, analog der Höhe der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes
zusätzlich für die Arbeitnehmerähnlichen:
• Zuschüsse entsprechend den gesetzlichen Arbeitgeberanteilen für Sozialversicherungen
Das ist nicht zu viel verlangt: die „armen“ Bundesländer Berlin und Bremen habe es bereits umgesetzt!
Wir fordern gute Lebensperspektiven für die Beschäftigten durch entfristete Verträge, eine Bezahlung, von der man gut leben kann, die der Qualifikation der Beschäftigten entspricht und eine realistische Arbeitszeit, die die Vor- und Nachbereitung angemessen berücksichtigt!
Hier ist der Hamburger Senat in der Pflicht, diese Zukunftsaufgabe für Hamburg nachhaltig anzugehen!
Fotos: Fredrik Dehnerdt