[Mit der Rede von Peter Petersen im Namen der DGB-Senior/innen auf der DGB-Kundgebung zum 1. Mai]
Tausende Menschen haben sich am heutigen 1. Mai in Hamburg (7.000 TN), Harburg (400 TN) und Bergedorf (600 TN) an den Maikundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) beteiligt. Dass die Gewerkschaften derzeit im Aufwind sind und einen deutlichen Mitgliederzuwachs verzeichnen, schlug sich auch in der Zahl der Teilnehmenden der 1. Mai-Kundgebungen nieder: Unter den rund 8.000 Teilnehmer*innen befanden sich Gewerkschafter*innen, Arbeitnehmer*innen, Studierende, Rentner*innen und viele weitere Menschen, die sich für soziale Gerechtigkeit, bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und die Stärkung der Tarifbindung einsetzen. Die Versammlungen fanden unter dem Motto „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit – Tarifwende!“ statt.
Hamburgs DGB-Vorsitzende Tanja Chawla: „Ob bei der Buchhandelskette Thalia, bei Hagenbecks Tierpark oder beim Fahrdienstleister MOIA: Immer mehr Arbeitgeber stehlen sich auch in Hamburg aus ihrer sozialen Verantwortung. Neue Zahlen zeigen: Hamburg hat die zweitschlechteste Tarifbindung in Westdeutschland. Deshalb brauchen wir jetzt eine Tarifwende. Gemeinsam machen wir uns für eine höhere Tarifbindung stark. Denn sie bringt viele Vorteile – mehr Geld, bessere Arbeitsbedingungen, sichere Zukunftsaussichten, mehr Lebensqualität! Mit Tarifvertrag ist einfach mehr drin: Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit. Das ist auch das Motto, unter dem wir am heutigen Tag der Arbeit auf die Straße gehen.“
Die DGB-Demonstration in Hamburg begann mit einem Auftakt um 10:30 Uhr an der Max-Brauer-Allee.
Um 11:00 Uhr setzte sich die Demo in Bewegung und zog mit durch die Straßen von Altona. Um 12:00 Uhr erreichte die Demonstration schließlich ihren Höhepunkt mit einer Kundgebung am Fischmarkt, wo die Hauptredner*innen Tanja Chawla (Vorsitzende DGB Hamburg), Maike Finnern (GEW Bundesvorsitzende), Jana Sierck (DGB-Jugend Hamburg), Peter Alexander (Betriebsrat MOIA) und Malte Klingforth (Betriebsrat Gesamthafenbetriebs-Gesellschaft) die Bedeutung von Tarifbindung betonten.
GEW-Bundesvorsitzende Maike Finnern redete zum „Tag der Arbeit“ in Hamburg
„Der Digitalpakt 2.0 muss endlich kommen. Bund und Länder müssen die Hängepartie beenden. Die Schulen brauchen Planungssicherheit“, sagte Maike Finnern, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), während ihrer Rede während der Kundgebung am „Tag der Arbeit“ in Hamburg. Der 1. Mai, den die Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in ganz Deutschland mit vielen Veranstaltungen feiern, steht in diesem Jahr unter dem Motto „Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit". Nicht zuletzt die Corona-Pandemie, so Finnern, habe deutlich gemacht, dass es an den Schulen viel Nachholbedarf gebe: „Bei der Digitalisierung müssen wir mehr Tempo machen. Dafür ist es notwendig, dass der Bund die benötigten Finanzen für den Digitalpakt 2.0 endlich bereitstellt und das Programm verstetigt.“
Die GEW Hamburg begleitet in diesem Schuljahr eine Studie zur Arbeitszeit und Arbeitsbelastung von Lehrkräften an Stadtteilschulen und Gymnasien, auf die Finnern in ihrer Rede hinwies: „Der Arbeitsalltag an Hamburger Schulen ist – wie so oft in Deutschland - bestimmt von Zeitdruck, häufig miserablen Schulgebäuden, unterentwickelter digitaler Ausstattung, der Verwaltung des Mangels und zusätzlichen Aufgaben ohne angemessenem Zeitausgleich. Klar ziehen die Pädagog*innen die individuelle Reißleine! Immer mehr Lehrkräfte suchen den Ausweg aus dem Job oder in die freiwillige Teilzeit, der ihnen aber immer häufiger versperrt wird. Im letzten Jahr betrug die Teilzeitquote unter den Lehrkräften in Hamburg 56,1 Prozent, und war damit deutschlandweit am höchsten. Bis Ende der Sommerferien geht die Studie, also macht mit!“
Finnern wies zudem auf den dramatischen Fachkräftemangel an Kitas auch in Hamburg hin: „Die Freie und Hansestadt Hamburg hat die gesamte Kindertagesbetreuung in die Hände privater Träger gelegt. Ein Tarifabschluss im Tarifvertrag des Öffentlichen Dienst muss nachverhandelt werden. Allerdings stellt Hamburg das für die Übertragung des Abschlusses benötigte Geld nicht direkt im Haushalt bereit. Herr Dr. Dressel, das geht so nicht! Eine langfristige Förderung des frühkindlichen Bildungsbereichs ist unabdingbar, um die Qualität und Quantität der Betreuung zu sichern und den Kitas Handlungsspielräume zu ermöglichen und das kostet Geld!“
„Wir brauchen ein Bildungswesen, das Chancen eröffnet - und nicht verschließt! Wir brauchen ein Bildungssystem, das den Zusammenhang von Armut und Bildungserfolg entkoppelt - und nicht zementiert. Deshalb setzen sich GEW und DGB für gute Bildung ein, für bessere Lern- und Arbeitsbedingungen von der Kita über die Schulen, die Hochschulen bis hin zu Erwachsenen- und Weiterbildung. Deshalb ergänze ich unseren Slogan: ‚Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit, mehr Chancengleichheit, mehr gute Bildung für alle‘“; hob Finnern hervor.
Foto: GEW Hamburg Social Media Team
Rede von Peter Petersen im Namen der DGB-Senior/innen auf der DGB-Kundgebung zum 1. Mai
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
die zentrale Forderung der Gewerkschaften an diesem 1.Mai lautet:
mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit!
Diese Forderung wäre zu ergänzen mit: mehr Rente!
Die Rente muss für ein gutes Leben reichen!
Leider haben wir bei den Renten haben in Deutschland in den letzten 25 Jahren das genaue Gegenteil erlebt. Durch mehrere sogenannte Reformen wurde das Rentenniveau um über 10% abgesenkt.
In Deutschland wird heute pro Rentner ein um 25% geringerer Anteil am BIP ausgegeben als noch vor 30 Jahren.
Die Folge ist: Immer weniger Menschen können von ihrer Rente leben.
Die gesetzliche Rente schützt heute in vielen Fällen weder vor Armut, noch sichert sie den Lebensstandard.
Die Zahl der Menschen, die zum Sozialamt gehen und Grundsicherung beantragen müssen, hat sich in den letzten 15 Jahren mehr als verdoppelt. Jeder 5. Rentner in Deutschland ist von Altersarmut betroffen und die Zahl wird in den nächsten Jahren dramatisch steigen, wenn hier nicht schleunigst umgesteuert wird.
Das Rentenniveau in Deutschland liegt offiziell bei 48% des zuvor bezogenen Arbeitseinkommens. Die durchschnittliche Standardrente für Männer beträgt 1218 €, für Frauen allerdings nur 809 € (2022).
Mehr als 6,7 Millionen Menschen in Deutschland haben eine Rente von weniger als 850 €.
Damit ist Deutschland beim Rentenniveau in das untere Tabellendrittel aller OECD-Staaten abgerutscht. Fast alle Nachbarländer haben deutlich bessere Rentensysteme.
In Österreich z.B. beträgt das Rentenniveau 75 % des durchschnittlichen Arbeitseinkommens und die Renten sind im Durchschnitt um 700 € höher als in Deutschland. Außerdem gibt pro Jahr 14 Rentenzahlungen.
Natürlich kostet das mehr. Daher gilt auch ein höherer Rentenversich- erungsbeitrag. Allerdings zahlen dort die Arbeitgeber einen um 3 % höheren Beitragssatz als die Arbeitnehmer.
Ich habe bisher nicht gehört, dass deswegen die Wirtschaft in Österreich zusammengebrochen wäre. Im Gegenteil: Die Wirtschaftsleistung pro Kopf ist in Österreich sogar höher als in Deutschland.
Außerdem gibt es in Österreich seit 20 Jahren eine Erwerbstätigen-versicherung, in der nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Selbststän-dige, Beamte und auch Politiker versichert sind und einzahlen.
Es gibt keinen vernünftigen Grund, weshalb so ein Rentensystem wie in Österreich nicht auch in Deutschland eingeführt werden könnte.
Aber hierzulande gibt es andere Ideen: Die Bundesregierung hat das sogenannte Rentenpaket II beschlossen. Damit soll das Rentenniveau von 48 % in den nächsten 12 Jahren stabil gehalten werden. Von einer Anhebung ist keine Rede.
Trotzdem machen die Arbeitgeberverbände ein Riesengeschrei über angebliche Mehrausgaben für die Rentenversicherung, die nicht mehr tragbar seien.
Sie wollen, dass das Rentenniveau noch weiter sinkt und dass das Renteneintrittsalter noch weiter steigt, am besten auf 70 Jahre.
Damit soll angeblich die jüngere Generation entlastet werden. Das ist eine plumpe Lüge. Denn die heutigen Arbeitnehmer, die in die Rentenversicherung einzahlen, sind die Leidtragenden der immer schlechteren Rentenzahlungen, die die Arbeitgeber in der Zukunft gerne hätten.
In Wahrheit geht es nur darum, die Unternehmensgewinne zu steigern und höhere Dividenden auszuschütten.
Aber die Regierung hat sich auf Druck der FDP noch etwas neues aus-gedacht:
Die Einführung der sog. Aktienrente, neuerdings als „Generationen-kapital“ bezeichnet. Was für ein Schwindelbegriff!
Die Regierung will dafür jedes Jahr 12 Milliarden € an Krediten aufnehmen, die natürlich verzinst und irgendwann zurückgezahlt werden müssen. Dieses Geld soll an den Kapitalmärkten angelegt werden und angeblich so viel Rendite erbringen (fantasiert wird 8% pro Jahr), dass davon ab dem 2037 die Rentenbeiträge um 0,3 %% gesenkt werden könnten. Was für eine Schnapsidee!
Viele wissen noch, wie es mit der Einführung der sog. Riester-Rente vor 20 Jahren gelaufen ist. Ein Riesengeschäft für die Versicherungen, ein Reinfall für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ein ähnlicher Reinfall droht auch mit dieser Aktienrente.
Wir fordern dagegen eine Rentenreform, die diesen Namen verdient und eine armutsfeste und lebensstandardsichernde Rente schafft, vergleichbar mit dem, was in Österreich oder anderen Nachbarländern gilt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
in den letzten 3 Jahren hat sich die Lage der Rentnerinnen und Rentner noch einmal zusätzlich verschlechtert. Grund dafür waren die hohen Inflationsraten, die vor allem für Lebensmittel und für Heizungskosten noch stärker gestiegen sind als für andere Produkte. Die Preis-steigerungsraten lagen jedes Jahr deutlich höher als die jährlichen Rentenerhöhungen. Aufgrund dessen ist der reale Wert der Renten in diesen 3 Jahren um über 10% gesunken, was die Altersarmut noch einmal zusätzlich verschärft hat.
Für die meisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist daher in den Tarifverhandlungen neben der Lohnsteigerung eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3000 € vereinbart worden. Auch ehemalige Beamte, die jetzt eine Pension beziehen, haben diese Ausgleichsprämie erhalten.
Das gleiche gilt für Politiker.
Aber für Rentnerinnen und Rentner gibt es eine solche Prämie bis heute nicht. Das ist eine schreiende Ungerechtigkeit!
Daher hat sich jetzt in Hamburg und Schleswig-Holstein ein breites Bündnis von Gewerkschaften, Sozialverbänden und Seniorenbeiräten gegründet, um gegen diese Ungerechtigkeit anzugehen.
Seit einigen Wochen sammeln wir Unterschriften für die Forderung nach einem Inflationsausgleich von 3000 € auch für Rentnerinnen und Rentner. Wer will, kann heute auf dieser Demo und auch am Stand der DGB-Senioren am Fischmarkt für diese Forderung unterschreiben.
Es haben bereits Zehntausende Kolleginnen und Kollegen unter-schrieben, und wir hoffen, dass noch einige zehntausend Unterschriften dazu kommen werden.
Wir haben bereits im letzten Jahr am 2.September eine Demonstration für diese Forderung veranstaltet und wollen dieses Jahr am 15.Juni eine weitere Demonstration zum Rathaus durchführen. Dabei wollen wir auch die gesammelten Unterschriften übergeben. In anderen Bundesländern gibt es ähnliche Aktionen, z.B. haben in den letzten Wochen vor allem in Schleswig-Holstein mehrere Aktionen stattgefunden.
Übrigens, in der Schweiz gab es vor drei Monaten sogar eine Volksabstimmung, bei der eine deutliche Mehrheit für die Zahlung einer 13.Rente als Inflationsausgleich und gegen die Erhöhung des Renten-alters auf 67 Jahre gestimmt hat. So etwas sollte auch bei uns möglich sein.