In den 1980er Jahren erreichte die rechte Gewalt in Hamburg mit mindestens acht Tötungsdelikten einen absoluten Höhepunkt. Darüber hinaus gab es mindestens 13 Bomben- und Brandanschläge und unzählige Körperverletzungen. Rechte und rassistische Gewalt gehörte zum Alltag. Die Dunkelziffer dürfte noch viel höher liegen, denn staatlicherseits wurden rechte Gewalttaten nicht gesondert erfasst.
In ihrem Vortrag stellen Felix Krebs (Hamburger Bündnis gegen Rechts) und Dr. Florian Schubert einige bekannte und weniger bekannte Fälle rechter Gewalt im Hamburg der 1980er Jahre vor. Sie fragen nach den gesellschaftlichen Bedingungen dieser Eskalation rechter Gewalt, analysieren den Umgang von Polizei, Justiz und Politik und werfen einen Blick auf unterschiedliche Formen des Widerstands.
Buchvorstellung und Veranstaltung am Montag, 29. Januar 2024, 19:00–21:00, Geschichtsort Stadthaus, Stadthausbrücke 6, 20355 Hamburg
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Das Buch: Felix Krebs / Florian Schubert: Hamburgs »Baseballschlägerjahre«
Rechte und rassistische Gewalt in den 1980er-Jahren: gesellschaftliche Bedingungen und staatliche Reaktionen
128 Seiten | Frühjahr 2024 | ISBN 978-3-96488-199-1|EUR 12.80 |Hier bestellen
Als »Baseballschlägerjahre« ist die Explosion rechter und rassistischer Gewalt in den 1990er-Jahren im wiedervereinigten Deutschland bekannt geworden. In Hamburg spielte sich diese Entwicklung allerdings schon ein Jahrzehnt zuvor ab.
In den 1980er-Jahren gab es in Hamburg und Umgebung mindestens acht Tötungsdelikte, bei denen die Täter*innen aus der rechten Szene kamen und/oder aus rassistischen Motiven handelten. Es wurden mindestens 13 Bomben- und Brandanschläge sowie über 60 vollendete Körperverletzungsdelikte verübt. Erschreckende Zahlen, die mit Abstand weder davor noch danach wieder erreicht wurden. Es begann mit einem Bombenanschlag der wenig später auch mordenden »Deutschen Aktionsgruppen« auf eine Gedenkstätte im April 1980 und endete im Juni 1989 mit der Bestätigung der Rechtsentwicklung durch knapp 8% für Parteien rechts der CDU bei den Europawahlen.
Dass Hamburgs »Baseballschlägerjahre« weitgehend vergessen sind, ist der Fokussierung auf die Explosion rechter und rassistischer Gewalt der 1990er-Jahre im wiedervereinigten Deutschland geschuldet. Auch die bereits damals kaum betriebene staatliche Erfassung rechter Gewalt und die Tatsache, dass antifaschistische Archive und Zeitschriften meist erst um 1990 entstanden und Wissen zu wenig tradiert wurde, unterstützten dieses Vergessen.
Grund genug für die Autoren, die gesellschaftlichen Bedingungen in einem bundesweit erstmalig sich formierenden Neonazismus neuen Typs zu suchen. Zudem nehmen sie die SPD in den Blick, die jeglichen Rassismus versuchte auszublenden. Außerdem wird der duldsame Umgang von Polizei und Justiz mit einem Problem dargestellt, das in erster Linie als Gewalt- und Jugendphänomen erklärt wurde und rechte Schläger*innen in ihrem Handeln bestärkte.
Die Autoren:
Felix Krebs publiziert seit 30 Jahren zur extremen Rechten mit Schwerpunkt Hamburg. Er ist seit langer Zeit im »Hamburger Bündnis gegen Rechts« aktiv, verdient seinen Lebensunterhalt allerdings als Anästhesist.
Florian Schubert arbeitet als Lehrer, promovierte über Antisemitismus im Fußball und publiziert zur extremen Rechten. Für das HSV-Museum konzipierte er zuletzt die Ausstellung »Ins rechte Licht gerückt« über rechte Gewalt in Hamburg in den 1980er-Jahren, die (rechte) HSV-Fanszene und deren Verbindungen in die damalige neonazistische Szene.