Seit dem 1. Januar 2017 gibt es einige – für die Betroffenen nicht unwesentliche – Veränderungen. So ist der „Pflegebedürftigkeitsbegriff“ neu definiert worden. Im Mittelpunkt steht jetzt der tatsächliche Unterstützungs- bedarf, gemessen am Grad der Selbständigkeit des/der Pflege - bedürftigen – unabhängig davon, ob diese_r an einer psychischen, geistigen oder körperlichen Einschränkung leidet.
Gleichzeitig ist das bisherige System der Pflegestufen durch die Festlegung von „Pflegegraden“ abgelöst worden. Der Grundsatz „Rehabilitation vor Pflege“ soll stärker beachtet wer - den, ebenso der Grundsatz „ambulant vor stationär“.
Die stärkere Hinwendung zur ambulanten Pflege bedeutet, dass neben den professionellen Pflegekräften vor allem Ange - hörige in der häuslichen Umgebung des/der Pflegebedürftigen die Pflege übernehmen werden. Dies stellt berufstätige Angehörige häufig vor eine Reihe von Problemen. 1.1.2017 sind die Hilfsangebote für Arbeitnehmer_innen und Beamt_innen nahezu wirkungsgleich, unter- schiedlich sind lediglich die zu- ständigen Institutionen.
Welche Hilfe erhalten Mitarbeiter_innen, die die Pflege von Angehörigen plötzlich organisieren müssen?
Oft stellt sich ein Pflegefall infolge von schwerer Krankheit oder einem Unfall völlig überraschend ein. Um eine bedarfs- gerechte Pflege für Angehörige zu organisieren und die Versorgung des/der Pflegebedürftigen sicherzustellen, haben die Beschäftigen das Recht, bis zu zehn Arbeitstagen vom Dienst freigestellt zu werden. Für diese Zeit erhalten die Arbeitnehmer_innen ein Pflegeunterstützungsgeld, das 90 Prozent des letzten Nettoverdienstes beträgt, von der Pflegekasse. Beamt_innen wird das Gehalt von der Dienststelle in der bisherigen Höhe für neun Arbeitstage weitergezahlt.
Welche dienstrechtliche Unterstützung erfahren Angehörige, die die Pflege übernehmen?
Für die Dauer von sechs Monaten haben Unterstützer_innen Anspruch auf eine Pflegezeit, in der sie pflegebedürftige An - gehörige in ihrer häuslichen Umgebung betreuen. In dieser Zeit kann auf Antrag ein Urlaub ohne Bezüge oder eine Teilzeitbeschäftigung in Frage kommen. Zur finanziellen Überbrückung kann entweder ein zinsloses Darlehen des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (Arbeitnehmer_innen) oder ein Vorschuss der Dienst- stelle (Beamt_innen) genutzt werden. Für alleinstehende Mitarbeiter_innen, für die bei voller Beurlaubung grundsätzlich kein Krankenversicherungsschutz bzw. kein Schutz über die Krankheitsfürsorge (Beihilfe) besteht, ist eine Auffangregelung geschaffen worden. Für die al- leinstehenden Tarifbeschäftigten kommt u.U. die Pflegekasse für die Beiträge zur Krankenversicherung auf, bei alleinstehenden Beamt_innen bleibt der Beihilfeschutz erhalten.
Welche Absicherung gibt es, falls die Pflege einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt?
Hier kann eine Familienpflegezeit, entweder alternativ zur Pflegezeit, aber auch vor oder nach der Pflegezeit infrage kommen. Der Unterschied zur Pflegezeit besteht einmal darin, dass die Familienpflegezeit immer mit einer Teilzeitbeschäftigung von mindestens 15 Stunden die Woche verbunden ist. Zum anderen kann die Familienpflegezeit für längstens 24 Monate beansprucht werden. Pflegezeit und Familienpflegezeit sind zusammen auf insgesamt 24 Monate begrenzt.
Welche versorgungsrechtlichen Auswirkungen sind mit der Pflege für die Angehörigen verbunden?
Alle Beschäftigten, die An- gehörige mit einem Pflegegrad zwischen zwei und fünf pflegen, sind in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert, wenn die Pflege an mindestens zwei Tagen pro Woche und wenigstens zehn Stunden geleistet wird. Die Beiträge zur Rentenversicherung übernimmt die Pflegekasse. Hieraus erwachsen Rentenanwartschaften je nach Pflegegrad und Intensität der Pflege. Dies gilt auch für Beamt_innen. Zu einem Anspruch auf eine Regelaltersrente (mit 65 plus) führt dies jedoch nur, wenn für mindestens 60 Kalendermonate Plicht- oder freiwillige Bei - träge gezahlt wurden.
Welche Institutionen helfen weiter?
Jede Pflegesituation ist anders und längst nicht alle rechtlichen Details können hier dargestellt werden. Eine gute individuelle Beratung ist für die pflegenden Angehörigen sehr wichtig. Ansprechpartner sind die Pflegekassen bei den Krankenkassen, die Pflegestützpunkte der Bezirke und die Personalabteilungen der Behörden.
Gerhard Brauer
Foto: Gerhard Brauer / GEW Hamburg