Die GEW mahnt die Bundesregierung, den Referentenentwurf zur Kindergrundsicherung stark nachzubessern. „Ziel ist, die Kindergrundsicherung armutsfest zu machen. Mit dem Entwurf wird dieses Ziel deutlich verfehlt. Dabei ist dies dringend notwendig, um in Deutschland endlich gleichwertige Lebensverhältnisse für alle Kinder und Jugendlichen herzustellen“, betonte Doreen Siebernik, GEW-Vorstandsmitglied Jugendhilfe und Sozialarbeit, die die Bildungsgewerkschaft heute bei der Verbändeanhörung im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zum Referentenentwurf für die Kindergrundsicherung vertreten wird. „Allein existierende Leistungen zusammenzuführen, ohne dies mit substanziellen Leistungsverbesserungen zu koppeln, hilft einkommensschwachen Familien wenig.“ Zwar sei die Bündelung von Kinder- und Bürgergeld, Sozialhilfe, Kinderzuschlag sowie Leistungen des Bildungs- und Teilhabepaketes ein Schritt nach vorne. „Ohne die Leistungen jedoch tatsächlich zu verbessern, gelingt es nicht, die hohe Kinderarmut in Deutschland erfolgreich zurückzudrängen“, sagte Siebernik.
Sie bewertete besonders kritisch, dass die Kindergrundsicherung nicht für alle Kinder und Jugendlichen, die in Deutschland leben, gelten solle. „Eine Kindergrundsicherung muss für alle Kinder und Jugendlichen bessere Teilhabechancen an der Gesellschaft und bestmögliche Zugänge zu Bildung sichern. Sie darf keine Kinder ausschließen“, unterstrich die GEW-Expertin. Sie stellte fest, dass Regelungen der Kindergrundsicherung den Status quo nicht verschlechtern dürften: „Die Kindergrundsicherung darf nicht dazu führen, dass Kindern im Asylbewerberleistungsgesetz der Anspruch auf den Kindersofortzuschlag gestrichen wird.“
Siebernik machte deutlich, dass die 2,38 Milliarden Euro, die aktuell ab 2025 für die Kindergrundsicherung veranschlagt werden, nur „eine Anschubfinanzierung sein können“. Eine armutsfeste Kindergrundsicherung mit Leistungsverbesserungen erforderten Bundesmittel in Höhe von mindestens zehn Milliarden Euro jährlich. Diese Summe müsse zudem regelmäßig an die sozioökonomischen Entwicklungen angepasst werden.
Insbesondere Alleinerziehende und deren Kinder brauchten bessere Leistungen. Mit dem Schulbeginn der Kinder ein Mindesteinkommen von über 600 Euro vorauszusetzen, um von der geringeren Anrechnung der Kindergrundsicherung beim Unterhaltsvorschuss zu profitieren, könne zu ungerechten Härten führen. Alleinerziehende, die hart um die Existenzsicherung ihrer Familien kämpfen, dürften nicht allein gelassen werden. Das gelte insbesondere, so lange die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familien- und Erwerbsarbeit nicht gewährleistet sind. Laut Statistischem Bundesamt waren 2022 rund 2,27 Millionen Mütter und circa 487.000 Väter alleinerziehend.
„Die pauschale Auszahlung des Bildungs- und Teilhabepakets muss wie im Entwurf vorgesehen sichergestellt sein und mit einer höheren Teilhabeleistung für alle Kinder und Jugendlichen einhergehen“, sagte Siebernik. Die bisherige Begrenzung auf bestimmte Aktivitätsarten müsse geöffnet werden. „Jedem Kind muss es möglich sein, an Aktivitäten in Sport, Spiel, Kultur und Gesellschaft, Unterricht in künstlerischen Fächern und kultureller Bildung sowie Freizeitangeboten teilzunehmen“, hob die Gewerkschafterin hervor.
Info: Das BMFSFJ hat am 30. August den Referentenentwurf für eine Kindergrundsicherung vorgelegt. Die Verbände mussten ihre Stellungnahmen bis zum 6. September abgeben. Am 8. September findet im BMFSFJ die Verbändeanhörung statt, Beginn: 13.30 Uhr.
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