Ein breites Bündnis aus Bildungsorganisationen verlangt ein Sondervermögen Bildung, eine Ausbildungsoffensive für Pädagoginnen und Pädagogen, eine zukunftsfähige und inklusive Schule sowie einen Bildungsgipfel auf Augenhöhe.
Rund 90 Bildungsorganisationen, Gewerkschaften sowie Eltern- und Schüler*innenvertretungen haben den Appell „Bildungswende JETZT!“ unterzeichnet und am Donnerstag veröffentlicht. Sie richten darin vier Forderungen an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Bundesregierung, die Regierungschefinnen und -chefs der Länder sowie die Kultusministerkonferenz (KMK).
„Unsere Gesellschaft erlebt aktuell eine der schwersten Bildungskrisen seit Gründung der Bundesrepublik“, heißt es in dem Appell. „Ein enormer und sich vergrößernder Mangel an Lehrer*innen und Erzieher*innen trifft auf ein veraltetes, unterfinanziertes und segregiertes Bildungssystem, das sozial ungerecht ist. Kinder und Jugendliche werden viel zu oft nicht ausreichend auf die Zukunft vorbereitet, und notwendige Aufgaben wie Digitalisierung und Inklusion wurden viel zu lange verschlafen.“
Konkret verlangen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner, darunter die GEW, ein Sondervermögen Bildung und eine ausreichende Finanzierung, eine Ausbildungsoffensive für Lehrkräfte sowie Erzieherinnen und Erzieher, eine zukunftsfähige und inklusive Schule sowie einen echten Bildungsgipfel auf Augenhöhe.
„Der dramatische Lehr- und Fachkräftemangel sowie die chronische Unterfinanzierung sind das Kardinalproblem an den Schulen. Wichtige Reformvorhaben wie der Ausbau des Ganztags oder der Inklusion stocken“, sagte die GEW-Vorsitzende Maike Finnern. „Die Lehrkräfte arbeiten bereits jetzt am Limit – und oft weit darüber hinaus, wie zahlreiche Arbeitszeitstudien belegen. Ein System, das so auf Verschleiß fährt, kollabiert früher oder später.“ Die Vorschläge der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz (KMK) belasteten die Lehrkräfte noch mehr und bürdeten ihnen die Folgen des Versagens der Politik auf. „So wird der Beruf nicht wieder attraktiver und man gewinnt zu wenige junge Menschen für den eigentlich wunderbaren Lehrkräfteberuf.“
Philipp Dehne von der Bildungskampagne „Schule muss anders“ betonte, die Bildungsungerechtigkeit in Deutschland verschärfe sich immer weiter. „50.000 Schüler*innen verlassen jährlich die Schule ohne Abschluss, jungen Menschen werden Zukunftschancen geklaut und Lebenswege verbaut.“
100 Milliarden Euro, ein Staatsvertrag und BNE im Lehrplan
Ihre vier Forderungen an Bund und Länder begründen die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner des Appells auch ausführlich. So soll das Sondervermögen Bildung ein Volumen von mindestens 100 Milliarden Euro für die notwendigen Investitionen in Kita und Schule haben. Zudem sollen mindestens zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) jährlich in Bildung und Forschung fließen.
Ein Staatsvertrag Lehrkräftebildung soll alle Bundesländer dazu verpflichten, genügend Lehrkräfte auszubilden und die Studienabschlüsse gegenseitig anzuerkennen. Das Lehramtsstudium muss überarbeitet und enger mit der Praxis verzahnt werden, neue Wege ins Lehramt müssen klar geregelt werden.
Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) muss als verbindliche Lerninhalt verankert werden, damit sich Schülerinnen und Schüler auf die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts vorbereiten können. Lehrpläne und Lerninhalte sollten so überarbeitet werden, dass sie Freiräume für die intellektuelle, emotionale und soziale Entwicklung der Kinder und Jugendlichen schaffen und die Bildungsqualität erhöhen. Darüber hinaus sollten multiprofessionelle Teams fester Bestandteil in allen Schulen werden.
Bundesweiter Bildungsprotesttag am 23. September
Initiatorinnen und Initiatoren des Bildungsappells sind die Bildungskampagne „Schule muss anders”, „Teachers for future” und die Elternvertretung „ARGE-SEB”. Zu den Erstunterzeichnerinnen und -zeichnern zählen neben der GEW der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), ver.di, der Bundeselternrat, das Bundeselternnetzwerk der Migrantenorganisationen für Bildung & Teilhabe (bbt), die Bundeselternvertretung für Kinder in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege (BEVKi), der Bundesverband der Kita- und Schulfördervereine, die Föderation der Türkischen Elternvereine, der Bildungsrat von unten, die Omas for Future sowie mehrere Landesschüler*innenvertretungen.
Der Bildungsappell dieses breiten Bündnisses aus bundesweiten und regionalen Bildungsorganisationen bildet den Auftakt für einen am 23. September geplanten großen bundesweiten Bildungsprotesttag.