6 Prozent Festangestellte: Die Zahl macht deutlich, welch geringe Wertschätzung die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den 900 Volkshochschulen bundesweit erfahren. Dabei ist ihre Arbeit gesellschaftlich unerlässlich und oft in staatlichem Auftrag.
Schaut man auf etablierte akademische Berufe wie den des Lehrers oder des Arztes, fällt auf: Der Treiber hinter deren Professionalisierung war der Staat – weil er ein zentrales Interesse an der Gesundheit und Ausbildung seiner Bürgerinnen und Bürger hat. Man sollte annehmen, dass er diese Rolle auch in der Weiterbildung erfüllt, zumindest dort, wo er als Träger oder Finanzier direkt Einfluss nehmen kann. An Bedeutung scheint es dieser ja nicht zu mangeln. Es gibt kaum ein gesellschaftliches Problem, das der Staat nicht in die Hände der Weiterbildung legt, egal ob es um die Integration von Zuwandererinnen und Zuwanderern geht, die Sicherung von Fachkräften oder die Folgen der Digitalisierung. Doch wie sieht die Wirklichkeit aus, zum Beispiel an den 900 Volkshochschulen (VHS), die laut Länderverfassungen von Kommunen und Gemeindeverbänden vorzuhalten sind und deren Aufgaben und Finanzierung von Weiterbildungsgesetzen geregelt werden?
In den 1970er-Jahren postulierten Reformkonzepte den Ausbau der Erwachsenen- und Weiterbildung zum „quartären Bildungsbereich“. An den VHS entstand daraufhin die Figur des HPM (Hauptberuflicher pädagogischer Mitarbeiter), der die Programmplanung und Durchführung verantwortet, sowie die des Weiterbildungslehrers. Universitäre Studiengänge wurden entwickelt. Das entsprach in Ansätzen einer Professionsbildung, wie sie die Erwachsenenpädagogin Wiltrud Gieseke beschreibt: Es gehe darum, „berufliche Kompetenz auf wissenschaftlicher Basis und Handlungsautonomie zu gewinnen, (...) eingebunden (...) in ethische Verpflichtungen gegenüber dem jeweiligen Klientel, um den Ansprüchen von Trägern und Märkten aufgabenspezifische Standards entgegenzusetzen“.
Über diese Ansätze ist die Professionalisierung in der Erwachsenenbildung jedoch nicht hinausgekommen. Empfahl die Kommunale Gemeinschaftsstelle 1973 einen Betreuungsumfang von 2.400 Unterrichtsstunden für eine HPM-Stelle, ist dies heute ein Vielfaches davon – Überlastung gefährdet die Gesundheit und schränkt den Raum für pädagogische Reflexion ein. Zudem wurden Aufgaben der HPM zunehmend geringer vergüteten pädagogischen Assistentinnen und Assistenten sowie Verwaltungsmitarbeitern übertragen.
Bei jenen Kursen, die einen staatlichen Auftrag erfüllen –Schulabschluss-, Integrations- und Grundbildungskurse – gibt es für die Beschäftigung auf Honorarbasis keine Rechtfertigung.
Während das Angebot ständig ausgeweitet wird, sinkt die Zahl der hauptberuflich pädagogisch Beschäftigten. Auslaufende Stellen werden durch Honorarkräfte ersetzt; deren Anteil an den VHS-Beschäftigten liegt inzwischen bei 87 Prozent. Fest Angestellte machen nur noch 6 Prozent aus, jede vierte dieser Stellen ist zudem befristet. Die übrigen 7 Prozent verteilen sich auf sonstige und geringfügig Beschäftigte. Unbestritten profitieren die Kursteilnehmenden der VHS von vielen nebenberuflichen Honorarkräften, die ihre Expertise aus ihren Berufserfahrungen mitbringen. Dennoch: Auch für diese wäre eine einheitliche pädagogische Grundqualifizierung notwendig.
Und: Bei jenen Kursen, die einen staatlichen Auftrag erfüllen –Schulabschluss-, Integrations- und Grundbildungskurse – gibt es für die Beschäftigung auf Honorarbasis keine Rechtfertigung. Wenn es in den vergangenen Jahren vereinzelt wieder zu Einstellungen kommt, geschieht dies in der Regel nicht freiwillig. Oft steht dahinter der Druck der Rentenversicherung, die Scheinselbstständigkeit vermutet, oder der Widerstand der GEW, die über ihren Rechtsschutz Entfristungen für die Kolleginnen und Kollegen erstreitet.
GEW fordert Bundesrahmengesetz
Der Stopp der Professionalisierung fiel zusammen mit der Aufgabe der Daseinsfürsorge und der Einführung des Marktprinzips im öffentlichen Sektor in den 1980er-Jahren. Es war und ist vor allem die chronische Unterfinanzierung, die atypische Beschäftigungsverhältnisse hervorbringt. Das entstehende „Laboratorium moderner Arbeitsformen“ und die Parzellierung der Weiterbildung wurden für Kosteneinsparungen genutzt. In die Professionalität des Personals wurde kaum investiert. Stattdessen floss viel Geld in den Millionenmarkt der Qualitätsmanagement-Systeme (QM), die Qualität durch Standardisierung organisatorischer Abläufe versprechen. Dabei zeigt sich Professionalität gerade im nicht standardisierbaren wissensbasierten, situativen und klientenorientierten Handeln.
Die GEW hat mit ihrem Beschluss „Gute Arbeit in der Erwachsenenbildung/Weiterbildung“ auf dem Gewerkschaftstag 2017 ihre Professionalisierungsstrategie für diesen Bereich geschärft. Sie fordert ein Bundesrahmengesetz, das den Zugang, die Qualitätssicherung, die Finanzierung sowie Partizipations- und Supportstrukturen ebenso festlegt wie Grundsätze für die Professionalität des Personals. Festanstellung nach Tarifvertrag soll die Regel sein, insbesondere auch für Lehrkräfte, die in auf Dauer angelegten Fach- und Themengebieten tätig sind. Für das Berufsbild Erwachsenenbildner/Weiterbildner sind verlässliche Kriterien zur Professionalisierung und Vereinheitlichung zu entwickeln. Dazu gehören sowohl ein Hochschul- oder Fachhochschulabschluss als auch eine spezifische erwachsenenbezogene Lehr-, Beratungs- und Planungskompetenz. Bereits vorhandene berufliche Kenntnisse und Handlungskompetenzen sind anzuerkennen.