Frankfurt a.M. – Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mahnt Bund und Länder, die öffentlich finanzierte Weiterbildung in der Corona-Krise zu stabilisieren. Hierzu gehöre, die Lehrkräfte abzusichern und die Bildungseinrichtungen angemessen auszustatten. Zudem müssten der Datenschutz gewährleistet und professionelles Arbeiten der Lehrkräfte unterstützt werden. „Die Corona-Krise macht deutlich, in welch desolater Lage sich die öffentlich finanzierte Weiterbildung befindet“, sagte Ansgar Klinger, für Weiterbildung verantwortliches GEW-Vorstandsmitglied, am Donnerstag in Frankfurt a.M. Viele Lehrkräfte und Bildungseinrichtungen wüchsen trotzdem in der Krise über sich hinaus und entwickelten neue Kommunikations- und Unterrichtsformen.
„Wirtschafts- und Finanzminister müssen sofort nachbessern, damit auch soloselbstständige Lehrkräfte Anspruch auf staatliche Soforthilfen erhalten. Die Existenz dieser Lehrkräfte ist akut bedroht. Der Shut-Down zeigt noch einmal wie unter einem Brennglas, dass der Staat und die öffentlichen Auftraggeber ihrer Fürsorgepflicht für diese Gruppe nicht nachkommen“, betonte Klinger. Trotz der Aussage der Bundesregierung: „Wir lassen niemanden allein“ fielen die soloselbstständigen Lehrkräfte durch den Rost der meisten Soforthilfeprogramme des Bundes und der Länder. Die Verwaltungsbestimmungen schlössen sie von den Soforthilfen aus. Die Zuschüsse gebe es allein für den Ausgleich von Liquiditätsengpässen bei Betriebsausgaben, also beispielsweise für Mieten für Seminarräume oder Leasingraten für Fahrzeuge, sagte Klinger. Freiberufliche Lehrkräfte an Volkshochschulen, Sprach- und Musikschulen sowie Lehrbeauftragte an Hochschulen besäßen jedoch in der Regel keine eigenen Betriebsräume oder einen Fuhrpark.
Zehntausende Weiterbildungsträger seien von dem Druck der Maßnahmen, mit denen die Corona-Pandemie eingedämmt werden soll, betroffen, unterstrich der GEW-Weiterbildungsexperte. Sie könnten bis zu 75 Prozent des Durchschnittsbetrages der letzten zwölf Monate erhalten, wenn sie sich aktiv an der Bewältigung der Folgen der Krise beteiligen. Für Bildungsträger bedeute das, Arbeitskräfte, Räume und Sachmittel zur Verfügung zu stellen sowie neue Lernformen und digitale Formate einzusetzen. Das täten viele trotz ungünstigster Startvoraussetzungen. Die Vorgaben zur Digitalisierung in Form „virtueller Klassenzimmer“ etwa, wie sie das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge für die Berufssprachkurse bekannt gegeben hat, verdeutlichten beispielhaft den enormen Reformdruck, unter dem Träger, Lehrkräfte und Lernende zurzeit stehen.
Um diese Vorgaben erfüllen zu können, müsse es grundlegende, dauerhafte Verbesserungen der Finanzierung und der Beschäftigung in der öffentlich finanzierten Weiterbildung geben. „Die GEW hat hierfür klare Konzepte. Die Länder können einen ersten Schritt machen, wenn sie ihre Ausgaben für die Erwachsenenbildung auf ein Prozent ihres Bildungsbudgets erhöhen. Ähnliche Verbesserungen und ein klares Bekenntnis zur öffentlich verantworteten Weiterbildung erwarten wir vom Bund“, betonte Klinger.
Info: Bundesweit bestreiten über 100.000 Lehrkräfte in der Weiterbildung ihren Lebensunterhalt als Soloselbstständige mit dem Unterricht in Kursen und Lehrgängen, die zum großen Teil im öffentlichen Auftrag als Daueraufgabe angeboten werden. Die materiellen Bedingungen, unter denen diese Lehrkräfte arbeiten, entsprechen weder ihrer Qualifikation noch der gesellschaftlichen Verantwortung, die sie tragen.
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