Diese Handreichung legt einen Fokus auf Jugendliche und Kinder und ihre Bedeutung für Narrative und Mobilisierung der Pandemieleugner*innenszene. Den Begriff Pandemieleugner*innenszene nutzen wir als Sammelbegriff für Corona-Leugner*innen, Gegner*innen der staatlichen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz (z.B. dem Tragen von Schutzmasken, dem Einhalten von Abstandsregeln) Impfgegner*innen, Verschwörungsgläubigen, Esoteriker*innen, Rechtspopulist*innen und rechts-offenen Personen bzw. (extrem) rechten Personen, deren inhaltliche Übereinkunft auf einem diffusen Dagegen-sein beruht. Dieses richtet sich vor allem gegen die derzeitigen staatlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung, bietet aber Anknüpfungspunkte zu anderen Themen. Dabei ist es kein Zufall, dass Kinder in Protestaufrufen von „besorgten Müttern“ der verschwörungsideologischen Szene, oder ihren Protest-inszenierungen mit Kuscheltieren und Kinderschuhen eine wichtige Rolle spielen. Für viele Menschen bieten Kinder und die Sorge um sie Anknüpfungspotential. Mal geht es um die eigenen Kinder, vielleicht auch um die eigene Kindheit. Das Thema Kinder und Jugendliche und ihr Wohlergehen emotionalisiert und aktiviert uns auf eine besondere Weise. Diese Reaktion ist keineswegs schlecht oder falsch, nur muss die dahinterstehende Motivation mit-bedacht werden. Geht es dabei tatsächlich noch um die Kinder, oder um deren Instrumentalisierung für eine verschwörungsideologische und antidemokratische Agenda? Dabei gilt es Emotionen nicht auszublenden, oder mit Sachlichkeit zu überdecken. Vielmehr sollten Inhalte entemotionalisiert und gleichzeitig Emotionen adäquat thematisiert werden.
Kinder und Jugendliche und Entscheidungen darüber, was „das Beste“ für sie sei, bieten außerdem oft Potential für Konflikte zwischen Kindern, ihren Familien, oder Sorgeberechtigten und dem Staat. Da die Ablehnung von und das Misstrauen gegenüber staatlichen Institutionen ein Kernelement verschwörungsideologischer Zusammenhänge ist, sind Konflikte zwischen diesen Eltern und staatlichen Einrichtungen vorprogrammiert. Wenn es um Pandemieverordnungen, Schulpflicht, Maskenpflicht, Sorgerecht und Impfempfehlungen geht, sind es gerade Einrichtungen, wie Kita, Schule, offene Kinder- und Jugendarbeit, Jugendämter und Familiengerichte, wo verschwörungsideologische Überzeugungen in Familien überhaupt erst außerhalb des Privatlebens in Erscheinung treten. Noch besteht in Hamburg keine Präsenzpflicht an Schulen und die Corona Schutzimpfung ist keine Voraussetzung für den Kita- oder Schulbesuch. Doch was passiert, wenn alle Schüler*innen in die Schulen und Jugendliche in Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit und Sportvereine zurückkehren und diese Einrichtungen für die Einhaltung der Hygienemaßnahmen verantwortlich sind? Was passiert, wenn Lehrkräfte, die ihre Klassen erst wieder etablieren müssen, auch noch mit den verschwörungsideologischen Einstellungen von Jugendlichen, ihren Eltern, oder auch Kolleg*innen konfrontiert werden? Vermutlich werden die Konflikte um und Folgen von Corona-bezogenen Verschwörungserzählungen nicht so schnell wieder verschwinden. Bereits jetzt sehen Eltern aus pandemieleugnerischen Zusammenhängen, wie „Eltern stehen auf“, die Gründung von freien Schulen und Möglichkeiten „alternativen Lernens“ als einen Ausweg und ein Umgehen staatlicher Einflussnahme.
Mit dieser Handreichung möchten wir zum einen Expert*innen aus den Bereichen Beratung, und Bildung zu ihren Erfahrungen im Kontext Kinder und Verschwörungserzählungen zu Wort kommen lassen. Zum anderen möchten wir überblicksartig, die strategische Instrumentalisierung von Kindern der pandemieleugnerischen Szene verdeutlichen und deren Strukturen und Verbindungen aufzeigen.
Die Handreichung in der Druckversion findet sich im Anhang und kann unter http://beratungsnetzwerk.hamburg/wp-content/uploads/2021/07/elternstehenauf_06_29_druck.pdf und in der interaktiven Version unter http://beratungsnetzwerk.hamburg/wp-content/uploads/2021/07/elternstehenauf_06_29_interaktiv.pdf heruntergeladen werden.
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