Für die Verbesserung der Lebensbedingungen Aller sind erhebliche staatliche Investitionen in Bildung, Gesundheit, Kultur, Wohnen, Mobilität, Energieversorgung und öffentliche Infrastruktur dringend notwendig. Für den Bildungsbereich bedeutet das beispielsweise kleinere Gruppen- und Klassengrößen, moderne Räume und die soziale Öffnung des Bildungszugangs durch Ausweitung des öffentlichen unentgeltlichen Angebotes sowie Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und Einkommen der Beschäftigten. Das alles kostet Geld.
„Auf nahezu jede Forderung an die Regierungen kommt die Antwort: Dafür ist kein Geld da! Sorry, wir müssen die Schuldenbremse einhalten!“, schrieb die GEW-Bundesvorsitzende Marlis Tepe 2017 im Vorwort zur Broschüre „Bildung. Weiter denken!“.
Die Schuldenbremse wurde vor nun gut 10 Jahren eingeführt, als die Folgen ungezügelter Spekulation auf die Allgemeinheit abgewälzt wurden. Sie verbietet dem Staat bedarfsgerecht Kredite für sinnvolle Ausgaben aufzunehmen. Damit begrenzt sie künstlich die Mittel, die für soziale Aufgaben zur Verfügung stehen und bürdet so die Folgen der „Finanzkrise“ der Bevölkerung auf. Die Schuldenbremse verschärft die soziale Ungleichheit, schränkt die demokratische Teilhabe ein, steigert die Konkurrenz um die künstlich verknappten Mittel und gefährdet die Substanz öffentlicher Infrastruktur.
Wo eine Regulierung der Finanzwirtschaft, Umverteilung von Oben nach Unten und eine lebendige demokratische Entwicklung und internationale Solidarität eine solidarische Antwort auf die Krise sind, bleibt durch die Schuldenbremse die unregulierte Bankenmacht unberührt. Mit der Ideologie der Schuldenbremse wird stattdessen der Mythos verbreitet: Nicht die Verursacher der Krise, sondern der „überbordende“ Sozialstaat und die anspruchsvolle Bevölkerung seien Schuld und müssten fortan den Gürtel (noch) enger schnallen.
Was unter der Schuldenbremse aufgeschoben wurde, wird gegenwärtig nur noch drängender. Schulsanierung, Straßenbau, die energie- und verkehrspolitische Wende zur Bekämpfung des Klimawandels, gerechte und menschenwürdige medizinische Versorgungsqualität für Alle, sozialer Wohnungsbau, sozial gerechte und würdige Alters- und Grundsicherung stehen auf der Tagesordnung und machen erforderlich, die Schuldenbremse als Bremse dieser erforderlichen gesellschaftlichen Entwicklung zu beseitigen.
Nicht nur die Erfahrungen mit der Schuldenbremse in Griechenland, Spanien, Italien usw. sondern selbst namhafte ehemalige Befürworter der Schuldenbremse bestätigen inzwischen die Notwendigkeit konjunkturfördernder, auszuweitender staatlicher, sozial förderlicher und die Binnenkaufkraft steigernder Investitionen, zumal die nächste Abschwung sich schon ankündigt. Und selbst der gewerkschaftlicher Positionen eher unverdächtige Internationale Währungsfonds verweist wiederholt darauf, dass die aus der Schuldenbremse resultierende Zurückhaltung bei Investitionen und Lohnentwicklung in Deutschland brandgefährlich ist für die exportorientierte deutsche Wirtschaft und vor allem für das internationale Handelsgefüge.
Das Engagement für die Abschaffung der Schuldenbremse hat eine positive, belebende Wirkung für die Öffentlichkeit: jegliches begründete Eintreten für eine solidarische Entwicklung der Kommunen, für Gesundheit, Bildung, Kultur, Mobilität, Wohnen, Energie, Infrastruktur und würdige Arbeitsverhältnisse für Alle ist berechtigt, gesamtgesellschaftlich förderlich und hat Bedeutung.
Durch eine so vitalisierte und demokratisch partizipierende Öffentlichkeit kann Hamburg nicht nur zur notwendigen Wiederherstellung auch eines Grundgesetzes ohne Schuldenbremse beitragen, sondern versetzt sich zudem in die Lage, die dringend nötigen, sinnvollen Investitionen dann tatsächlich und unverzüglich zum Wohle Aller auch breit gesellschaftlich begründet tätigen zu können. Hamburg schafft so ein Beispiel, dem in anderen Bundesländern und international für eine solidarische, soziale und demokratisch nachhaltige Gesellschaftsentwicklung gefolgt werden kann.
Die GEW Hamburg wird sich auf Grundlage dieser Positionen:
1. verstärkt in die Auseinandersetzung um die Finanzpolitik einmischen,
2. eine anschauliche Darstellung der Anforderungen zur Verbesserung der Arbeits- und Rahmenbedingungen in den Bildungseinrichtungen und eine Begründung der jeweils erforderlichen Finanzbedarfe erarbeiten und
3. gesellschaftlichen Druck erzeugen durch Aktionen, Bündnisse und gemeinsame Appelle mit gesellschaftlich relevanten Gruppen.
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