Gesunde und sichere Arbeitsbedingungen sind die Voraussetzung für ein gesundes und motiviertes Arbeiten bis ins Renten- bzw. Pensionsalter und die Erhaltung der Arbeitskraft. Dies ist besonders vor dem Hintergrund des aktuellen Fach- und Lehrkräftemangels hervorzuheben. Hierzu gehört nicht nur die Vermeidung von physischen Gefahren, wie Stolperfallen oder Stromschläge, sondern insbesondere auch die Vermeidung von psychischen Gefährdungen, also mentalen Belastungen durch zum Beispiel nicht erholsame Pausen oder fehlende Verantwortlichkeiten. Mit den Instrumenten der Gefährdungsbeurteilungen (GBU) werden diese Gefährdungen analysiert, um somit Gefahren mittels adäquater Maßnahmen grundlegend angehen zu können. Die physische wie psychische GBU ist nach Arbeitsschutzgesetz gesetzlich alle fünf Jahre verpflichtend durchzuführen.
Wie die Lehrerkammer Hamburg in ihrer aktuellen Stellungnahme erläutert, stellte sich durch eine Rogatorabfrage zum Ende des Jahres 2022 heraus, dass 120 Schulen bislang noch nie eine GBU durchgeführt haben. Gleichzeitig kann das Landesinstitut für Lehrer*innenbildung (LI) zudem den Anfragen dieser Schulen zur Unterstützung beim Prozess der gesetzlich vorgegebenen GBU nicht nachkommen: Es hat sich gezeigt, dass mit den aktuell vorhandenen Mitteln allein 30 Schulen pro Jahr begleitet werden können. Somit ergibt sich eine Wartezeit von bis zu zwei Jahren. Da GBU regelmäßig durchzuführen sind, wird die Erledigung der aktuellen Anfragen nicht zu einer Verkürzung der Wartezeit führen.
„Die GEW sieht es als unhaltbar an, dass gesetzliche Vorgaben im Arbeits- und Gesundheitsschutz in weiten Teilen von den Verantwortlichen in Systematik und Prozess nicht eingehalten werden. Somit wird die mentale und körperliche Gesundheit der Beschäftigten an den Hamburger Schulen vom Arbeitgebenden in verantwortungsloser Weise gefährdet. Wir unterstützen daher die Stellungnahme mit den Forderungen der Lehrerkammer zu den Gefährdungsbeurteilungen mit aller Kraft. Nicht allein die Einstellungs- und Ausbildungspolitik sowie steigende Schüler*innenzahlen haben zum Fach- und Lehrkräftemangel in Hamburg geführt, sondern insbesondere auch eine langjährige Vernachlässigung und sogar Missachtung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes für die Beschäftigten. Eine weitere Missachtung forciert den jetzt auch an den Gymnasien angekommen Mangel sogar“, hebt Yvonne Heimbüchel, stellvertretende Vorsitzende der GEW Hamburg, hervor.
Die pädagogischen Herausforderungen Digitalisierung, mentale Gesundheit und Chancengleichheit der Schüler*innen sowie Gewalt an Schulen wiegen vor dem Lehr- und Fachkräftemangel noch schwerer. Die Kolleg*innen an den Schulen können diese bei voller Arbeitskraft und Motivation nur bewältigen, wenn die gesetzliche Fürsorgepflicht des Arbeitgebers endlich umfassend greift.
„Alle Aspekte des Arbeits- und Gesundheitsschutzes müssen gesetzeskonform angewendet und genutzt werden, um die gesundheitsschädlichen Arbeitsbelastungen der Beschäftigten an Schule zu mindern und die
Tätigkeit an Schule attraktiv zu machen. Dies sollte auch im Interesse der Schulbehörde sein, um die motivierte, volle Arbeitskraft auch bei höheren Beschäftigungsanteilen und auch bis ins höhere Alter zu erhalten,“ so Kai Kobelt, Vorsitzender der Lehrerkammer Hamburg.
„Die GEW fordert daher den Senator auf, nicht nur den Gesundheitsschutz an Schulen endlich zu priorisieren, sondern schnellstmöglich dem eigenen 13-Punkteplan nachzukommen und mit der GEW und dem Gesamtpersonalrat gemeinsam Maßnahmen zu erarbeiten, die die Attraktivität des Lehrerberufs weiter erhöhen“, so Sven Quiring, Vorsitzender der GEW Hamburg.
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