Aktuell sind rund 90.000 Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine geflüchtet, die GEW rechnet mit mehr als 400.000. Um die jungen Menschen an deutschen Schulen zu integrieren, fordert die GEW mehr Personal und mehr Räume.
Jede zweite Lehrkraft in Deutschland hat an ihrer Schule bereits ukrainische Kinder und Jugendliche. Die meisten von ihnen lernen in Regelklassen, wie aus der repräsentativen Umfrage der Robert Bosch Stiftung „Das Deutsche Schulbarometer Spezial: Geflüchtete ukrainische Schüler:innen“ hervorgeht. Für die Mehrzahl der Lehrkräfte stellt die Aufnahme ukrainischer Schülerinnen und Schüler bislang indes kein zentrales Problem dar, im Vordergrund steht weiter der Umgang mit Corona, gefolgt vom Lehrkräftemangel. Angesichts der doppelten Herausforderung von Pandemie und Kriegsflüchtlingen bekräftigt die GEW ihre Forderung nach mehr Unterstützung von Bund, Ländern und Schulträgern.
„Die Schulen stehen bereit, die ukrainischen Kinder und Jugendlichen zu integrieren, brauchen aber dringend Hilfe - vor allem mit Blick auf Personal, Räume und Sachmittel. Die Fachkräfte sind hoch motiviert, diese Herausforderung zu meistern, viele aber nach über zwei Jahren Corona-Pandemie auch am Limit, teils sogar darüber hinaus“, sagte Anja Bensinger-Stolze, GEW-Vorstandsmitglied Schule am Dienstag.
„Die Schulen brauchen vor allem Lehrkräfte für Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache, aber auch Sozialarbeiterinnen und -arbeiter, Schulpsychologinnen und -psychologen, Fachkräfte für den Umgang mit Traumata sowie Dolmetscherinnen und Dolmetscher“, unterstrich die Expertin mit Blick auf aktuell rund 90.000 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine und der Prognose von künftig mehr als 400.000. „Diese Fachkräfte fehlen schon seit vielen Jahren. Schulen sowie die Kolleginnen und Kollegen hangeln sich von Anforderung zu Anforderung.“
Angebote für geflüchtete Lehr- und pädagogische Fachkräfte
Bensinger-Stolze verwies zudem darauf, dass ukrainische Lernangebote und ukrainische Lehrkräfte künftig wichtiger würden als im aktuellen Schulbarometer dokumentiert, da dessen Daten im April 2022 erhoben worden seien. Zentral sei dies für junge Menschen, die in der Ukraine den Schulabschluss vor sich hätten. Geflüchtete Lehr- und pädagogische Fachkräfte aus der Ukraine müssten schnell und niedrigschwellig Angebote zur Beschäftigung und (Weiter)Qualifizierung an Bildungseinrichtungen erhalten.
„Die schnellere und bessere Anerkennung der Abschlüsse und Qualifikationen, die nicht in Deutschland erworben worden sind, das Angebot herkunftssprachlichen Unterrichts sowie die Anerkennung der Sprachen geflüchteter und zugewanderter Kinder als Fremdsprache müssen zum Standard werden.“ Die Schulträger seien gefordert, zusätzliche und alternative Unterrichts- und Lernräume zur Verfügung zu stellen.
Das Deutsche Schulbarometer Spezial ist eine Umfrage der Robert Bosch Stiftung unter Lehrkräften an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen in Deutschland. Die repräsentative Stichprobe umfasste 1.017 Lehrerinnen und Lehrer und wurde zwischen dem 6. und 18. April 2022 als Onlinebefragung von Forsa durchgeführt.
Weitere Ergebnisse der Studie:
Lehrerinnen und Lehrer und wurde zwischen dem 6. und 18. April 2022 als Onlinebefragung von Forsa durchgeführt.
Die geflüchteten Kinder sind bei drei Vierteln der befragten Lehrkräfte (78 Prozent) zumindest teilweise in Regelklassen integriert und lernen gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern aus Deutschland. Reine Willkommensklassen ohne Anbindung an den gemeinsamen Unterricht sind mit 18 Prozent eher selten. Ukrainischsprachigen Präsenz- oder Onlineunterricht gibt es sogar nur an einem Prozent aller Schulen, die geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer aufgenommen haben.
Der Einsatz ukrainischsprachigen Personals als Übersetzerinnen und Übersetzer (9 Prozent) oder Lehrkräfte (7 Prozent) erfolgt ebenfalls bislang nur sporadisch.
49 Prozent der Befragten geben an, dass ihre Schule bislang für die Aufnahme von Kindern mit wenig bis keinen Deutschkenntnissen nicht über entsprechende Konzepte verfüge.
Schulen, die sich derzeit auf weitere Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine vorbereiten (58 Prozent), legen den Fokus vor allem auf die Bereitstellung von Räumen (43 Prozent) und auf die Suche nach Lehrkräften für Deutsch als Zweitsprache (40 Prozent). Erst danach kommen die Beschäftigung mit digitalen ukrainischen Lernangeboten (24 Prozent) und die Suche nach ukrainischsprachigem Personal (rund 16 Prozent).