Am 14.05 ruft die Organisation "Recht auf Stadt - never mind the papers" zur Demonstration auf. Die GEW unterstützt die Demo.
Treffpunkt ist Samstag um 12:00 • St. Pauli Fischmarkt 27
Einladungstext
Moin! Am 14. Mai wollen wir wieder mit euch auf die Straße gehen, um gegen Abschiebungen und für eine soziale Stadt des Ankommens zu demonstrieren. Wir wollen diesen Termin auch dazu nutzen, um euch dazu zu animieren, euch gemeinsam mit Betroffenen zu solidarisieren und zu organisieren.
Wir freuen uns auf euch!
Migration is a right! Deportation is a crime!
Hamburg, Januar 2016: Mitten in der Nacht dringen Polizist*innen auf das Gelände der Unterkunft am Kiwittsmoor, umstellen eines der Häuser und dringen um vier Uhr morgens in die Wohnung einer friedlich schlafenden afghanischen Familie ein, darunter eine hochschwangere Frau. Sie sollen nach Ungarn abgeschoben werden – in ein Land, das die internationalen und EU-Standards hinsichtlich Asyl, Menschenrechten und Haftbedingungen nicht anerkennt. Hamburg, im Februar 2016: Der Golden Pudel Club wird Opfer einer Brandstiftung. Unser Nachbar Kofi, ein Refugee von Lampedusa in Hamburg, der neben dem Club wohnte und wichtiger Zeuge der Tat ist, wird in Abschiebehaft genommen und im März schließlich nach Italien deportiert, wo er keinerlei staatliche Unterstützung erhält. Hamburg, seit Monaten werden immer wieder Roma und Romnija, in ihren Herkunftsländern rassistisch diskriminiert und des Zugangs zu existenziellen Gütern wie Wasserversorgung, Wohnraum oder Bildung beraubt, als „Wirtschaftsflüchtlinge“ stigmatisiert und ins Elend abgeschoben.
Mit dem Aufschwung der rechten Hetze und Stimmungsmache von Pegida und AfD sind die regierenden Parteien in Bund und Ländern immer mehr auf eine Politik der Abschottung, der Ausweisung und der Einschränkung grundlegender Rechte eingeschwenkt. Menschen, die geflüchtet sind, werden als „Problem“ markiert, für das eine „Lösung“ gefunden werden müsse. Nachdem das sogenannte Dublin-System gescheitert ist, werden an Europas Grenzen nun neue Mechanismen der Unterbindung und Regulierung von Migration installiert. Neben der Rückkehr von Zäunen und Stacheldraht vollzieht sich eine neuerliche Militarisierung Europas – zuletzt mit dem EU-Türkei-Deal, welcher erlaubt alle Menschen, die Griechenland erreichen, ohne Asylverfahren direkt in die Türkei abzuschieben. Mit den Asylrechtsverschärfungen diesen und letzten Jahres wurden die gesetzlichen Grundlagen gelegt, um eine drastische Abschiebepolitik zu etablieren. Die Bundesregierung schreckt dabei nicht davor zurück, immer mehr Länder als „sicher“ zu deklarieren – trotz nachweislicher Verfolgung von Minderheiten, trotz rassistischer Ausgrenzung oder Krieg – sowie Abkommen mit Ländern wie Afghanistan zu treffen, die die Abschiebung von Asylbewerbern dieses Landes erleichtern. Die Gesetzesverschärfungen erlauben außerdem Abschiebungen, die ohne Ankündigung quasi aus dem Nichts erfolgen, sowie eine geschlossene Unterbringung im Rahmen der Schnellverfahren, wodurch eine Kontaktaufnahme zu Aktivist*innen und Anwält*innen ausgeschlossen wird.
Auch der rot-grüne Senat in Hamburg zeigt sich in dieser Hinsicht von seiner unmenschlichen Seite. Die Zahl der „Rückführungen“ stieg in der Hansestadt von 1.304 (2014) auf 2.160 (2015), darunter 712 gewaltsam durchgesetzte Abschiebungen. Jede bzw. jeder dritte Abgeschobene ist noch ein Kind bzw. im schulpflichtigen Alter! Weit mehr Personen sind bedroht, mehrere tausend Menschen leben in unserer Stadt in ständiger Angst, mitten in der Nacht von Uniformierten aus dem Schlaf gerissen und „abgeholt“ zu werden, weil sie von irgendwelchen Bürokrat*innen als „ausreisepflichtig“ deklariert wurden. Abschiebungen – was bedeutet dieses Wort? Abschiebungen zerreißen Familien, Abschiebungen entwurzeln Menschen aus ihrem sozialen Umfeld, Abschiebungen versetzen Betroffene zurück in Lebenssituationen, aufgrund derer sie migriert sind, bzw. in Länder, in denen sie nie zuvor gewesen sind, da sie bereits in Deutschland geboren wurden. Eine Abschiebung ist der praktische und gewaltsame Entzug von Freiheit und Freizügigkeit, des Rechtes auf Stadt als Recht zu Bleiben.
Um die Abschiebemaschinerie noch effektiver zu machen, plant der Senat nun auch noch den Bau eines Knastes am Flughafen. Ein sogenannter „Abschiebegewahrsam“ soll bis zu 20 Menschen für mehrere Tage festhalten, um sie dann per Flugzeug in Leid und Elend zu verfrachten. Die unsägliche Tradition, Migrant*innen und Geflüchtete als Kriminelle zu behandeln, wird damit wieder aufleben bzw. weiter verfestigt.
Dabei hat Hamburg – wie viele andere europäische Städte – nicht erst seit der großen Migrationsbewegung letzten Sommer auch eine andere Seite bewiesen: ein Hamburg des Willkommens und der Solidarität, der gelebten Hilfsbereitschaft und der Menschlichkeit im Alltag. Neu-Hamburger*innen haben sich dagegen gewehrt, dass ihnen grundlegende Rechte verweigert wurden: Lampedusa in Hamburg, die seit 2013 für einen gesicherten Aufenthalt, Arbeitserlaubnis und Rechte kämpfen, Hamburger Roma und Romnija, die im September 2015 den Michel besetzten, und viele andere. Insbesondere Schüler*innen waren es, die immer wieder auf die organisierte Unmenschlichkeit von Abschiebungen aufmerksam gemacht und sich für ihre bedrohten Mitschüler*innen eingesetzt haben – ob für Fabiola, Ayodele, Jia Li und Jia Ru, Amad oder Seherezada. An vielen Stellen regt sich bereits der Widerstand gegen Abschiebungen, jetzt ist an der Zeit unsere Kräfte zu vereinen. Übersetzen wir die alltägliche Solidarität in eine lautstarke Bewegung, die sich sowohl den kleingeistigen Anwohner*innen in einigen Bezirken wie der gewaltsamen Abschiebepraxis des Senats entgegenstellt, und sich für ein Hamburg für alle stark macht!
Hamburg 2020: ein Hamburg, das als sicherer Hafen Migrant*innen willkommen heißt und Schutzsuchenden wie Exilant*innen Obdach gewährt. Ein Hamburg, in dem nicht Tausende aus Angst vor der Gewalt der Behörden in die Illegalität abtauchen müssen. Ein Hamburg, in dem soziale und politische Rechte unabhängig von einer zufällig erworbenen Staatsangehörigkeit gelten.
Lasst uns unsere Kräfte vereinen und lasst uns endlich gemeinsam für eine Stadt des Ankommens und Bleibens kämpfen. Lasst uns zusammen aufstehen für eine Stadt, die soziale Rechte für alle schafft. Schluss mit den nächtlichen Überfallkommandos auf unbescholtene Bürger*innen unserer Stadt! Und Schluss mit den Abschiebungen!
Kommt alle zur Demonstration: Samstag, 14. Mai
Recht auf Stadt heißt Recht zu Bleiben!