15.000 italienische Militärinternierte wurden ab Herbst 1943 als Zwangsarbeiter in Hamburger Unternehmen eingesetzt. Nach der Verkündung des Waffenstillstands der neuen Regierung Italiens mit den Alliierten am 8. September 1943 waren hunderttausende italienische Soldaten von der deutschen Wehrmacht entwaffnet und gefangenen genommen worden. Über 600.000 von ihnen weigerten sich, weiter an Seite der Deutschen zu kämpfen und wurden deshalb zur Zwangsarbeit in die nationalsozialistische Kriegswirtschaft verschleppt. Um nicht an internationale Regeln gebunden zu sein, überführten die Nationalsozialisten sie vom Status des Kriegsgefangenen in den Status eines „Militärinternierten“. Dadurch wurden ihnen die wenigen Rechte von Kriegsgefangenen entzogen und sie konnten auch in der Rüstungsproduktion eingesetzt werden.
Um den stetig zunehmenden Mangel an Arbeitskräften in der deutschen Kriegswirtschaft auszugleichen, verschleppten die Nationalsozialisten ca. 13 Millionen Menschen zur Zwangsarbeit ins Reichsgebiet. Zu diesen zählten auch die italienischen Militärinternierten. Als ehemalige Verbündete Deutschlands weigerten sie sich, auf deutscher Seite zu kämpfen, galten deshalb als „Verräter“ und wurden in den Lagern und Einsatzorten besonders schlecht behandelt. Mindestens 50.000 italienische Militärinternierte überlebten die Gefangenschaft in den deutschen Lagern nicht. Diejenigen, die die Gefangenschaft und Zwangsarbeit überstanden hatten, erlebten das Ende ihrer Gefangenschaft am Tag der Befreiung Hamburgs, am 3. Mai 1945.
Fast 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges weigert sich auch die jetzige Bundesregierung, eine Lösung in der Entschädigungsfrage zu finden. Erst im April 2022 verklagte die deutsche Regierung den italienischen Staat, um Entschädigungsklagen von NS-Opfern vor italienischen Gerichten zu verhindern. Zudem sollen bereits eingeleitete Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von deutschen Liegenschaften eingestellt werden. Unter dem Druck der deutschen Klage erließ die italienische Regierung Anfang Mai ein Dekret, nach dem alle existierenden Urteile faktisch annulliert werden und zukünftige Verfahren nicht mehr möglich sind. Zudem wird ein Fonds des italienischen Staats aufgelegt, aus dem die Entschädigungszahlungen erfolgen sollen. Es ist wohl ein einmaliger Vorgang, dass eines der von NS-Deutschland besetzten Länder seine Staatsbürger, die Opfer von NS-Verbrechen waren, mit eigenen Mitteln zu entschädigen hat.
Wir tragen gemeinsam dafür Verantwortung, dass das Thema NS-Zwangsarbeit nicht in Vergessenheit gerät und die Frage der Entschädigung im Interesse der Betroffenen gelöst wird. Dies gilt auch für die italienischen Militärinternierten, deren Geschichte bis heute nur wenigen bekannt ist.
"Erinnern und entschädigen” – unter diesem Motto ruft die Projektgruppe Italienische Militärinternierte in Hamburg 1943-45 zu einer Kundgebung am Ort des ehemaligen Zwangsarbeitslagers der Hamburger Wasserwerke auf:
Donnerstag, den 8. September 2022 um 18 Uhr auf dem Gelände der Süderstraße 112.
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Italienische Militärinternierte: Erinnern und Entschädigen! | 230.84 KB |