Mit der grausamen Ermordung des Geschichts- und Geographielehrers Samuel Paty am 16. Oktober hat der islamistische Terrorismus in Frankreich einen neuen Höhepunkt erreicht. Opfer des Terrorakts ist zum ersten Mal ein Pädagoge. Der achtzehnjährige Täter rechtfertigte seine Tat mit dem Hinweis auf dessen Unterricht. Er kannte weder sein Opfer noch dessen Schule und war nach bisherigem Kenntnisstand durch eine Verleumdungskampagne gegen Samuel Paty in den Social Media auf diesen aufmerksam geworden.
Das Zusammentreffen mehrerer Faktoren gibt Anlass nicht nur zur Empörung, sondern auch zur Sorge. Bestürzt und betroffen sind wir, weil der Lehrer wegen der Erfüllung seines fachlichen und pädagogischen Auftrags getötet wurde. Dass er seine Schulklasse mit verschiedenen Grafiken zum Themenfeld künstlerischer und politischer Polemik konfrontierte und somit im Sinne des kontroversen Denkens unterrichtete, wurde ihm zum Verhängnis, weil zu den Bildern die von der Zeitschrift Charlie Hebdo erneut publizierten Mohammed-Karikaturen gehörten. Allein dieses Detail genügte, um den Lehrer zur Zielscheibe eines Shitstorms zu machen, bei dem böswillige und offenkundig unwahre Unterstellungen mit Appellen verbunden wurden, gegen den Lehrer vorzugehen.
Sorge macht uns dieser Hergang, weil er eine Wechselwirkung aufzeigt, die sich sehr leicht wiederholen kann: Ein auf Urteilsbildung und Mündigkeit zielender Unterricht wird durch Denunziation zum Gegenstand digitaler Erregungswellen, in deren Folge Name und Arbeitsort des späteren Opfers genannt werden; und offensichtlich nur hierdurch kann sich bei dem späteren Täter eine Mordabsicht herausbilden, da er weder den Lehrer noch dessen Unterricht persönlich kannte. Wir machen zugleich darauf aufmerksam, wie verletzlich und wenig geschützt Lehrpersonen sind.
Sorge macht uns aber auch, dass der Lehrermord von Conflans-Sainte-Honorine sein terroristisches Ziel, nämlich Angst und Schrecken zu verbreiten und Lehrkräfte einzuschüchtern, erreichen könnte. Deshalb gilt die Solidarität der GEW Hamburg all jenen französischen Kolleginnen und Kollegen, die in den Kundgebungen nach dem Anschlag mutig ihren Willen bekundeten, die Freiheitswerte ihrer Republik durch einen Unterricht zu verteidigen, der kein Blatt vor den Mund nimmt, sondern sich mit allen Versuchen geistiger oder religiöser Unterwerfung auseinandersetzt.
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