„Gleiches Geld für gleichwertige Arbeit!“ lautet die Forderung am Equal Pay Day. Am 18. März 2017 markiert der internationale Aktionstag für gleiche Bezahlung von Frauen und Männern, den geschlechtsspezifischen Entgeltunterschied. Auch die GEW will diese Lücke schließen. Entgeltgleichheit auch im Schulbereich, dafür machen wir uns stark!
Mit der Kampagne „JA 13 – weil Grundschullehrerinnen es verdienen“ und den beeindruckenden Aktionstagen der Landes- und Kreisverbände haben wir deutlich signalisiert: Schluss mit der Entgeltungleichheit im Schulbereich! „JA 13“, das gilt für alle Schulformen, für Beamt_innen wie Tarifbeschäftigte. Und wir machen weiter unter dem Dach der GEW-Initiative „Bildung. Weiter denken!“
Große Resonanz auf die JA 13-Kampagne
Mehr als die Hälfte der GEW-Landesverbände haben sich mit Aktionen für das Thema „JA 13“ stark gemacht – in Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen oder Sachsen. Um auf die GEW-Forderungen aufmerksam zu machen wurden Unterschriften gesammelt, zu Veranstaltungen eingeladen, Fotoaktionen gemacht, Kundgebungen organisiert, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gemacht: Die gute Arbeit an Grundschulen muss endlich angemessen bezahlt werden und auch die Arbeit in der Sekundarstufe I, denn auch hier hinkt die Bezahlung der Lehrkräfte in einigen Bundesländern noch den Anforderungen an die Arbeit hinterher. Ob Zeitungen, Radio oder Fernsehen – unser Anliegen hat es bis in die Tagesschau geschafft. Ein gutes Zeichen, dass das Thema Lehrkräftebesoldung und Entgeltgleichheit nicht nur in der Organisation, sondern auch „draußen“ angekommen ist.
Gleiches Geld für gleichwertige Arbeit bleibt das Ziel
Und wir bleiben dran. Wie auch der europaweite Equal Pay Day zeigt, unser Ziel ist noch lange nicht erreicht. Am 18. März markiert er symbolisch den geschlechtsspezifischen Entgeltunterschied, der im Bundesdurchschnitt zurzeit bei 21 Prozent liegt. Frauen arbeiten somit 77 Tage umsonst, würde man bei Männern und Frauen den gleichen Stundenlohn ansetzen. Bei Grundschullehrkräften, die in der geringer entlohnten Besoldungsgruppe A 12 eingestuft sind, während ihre Kolleginnen und Kollegen an anderen insbesondere in der Sekundarstufe II nach A 13 bezahlt werden, bedeutet das Monat für Monat deutlich weniger Geld. Diese Entgeltlücke muss geschlossen werden!
Rechtliche Gutachten bestätigen Diskriminierung
Wie auch in anderen frauen-typischen Berufen zeigt sich hier, dass die Bezahlung überall dort schlechter ist, wo überwiegend Frauen arbeiten. Denn auch Lehrkräfte an Grundschulen sind zu etwa 90 Prozent weiblich. Sachliche Gründe lassen sich dafür längst nicht mehr finden. Lehrkräfte an Grundschulen leisten wertvolle Arbeit, die endlich gerecht bezahlt werden muss. Auch das Rechtsgutachten von Prof. Dr. Eva Kocher bestätigt, dass die ungleiche Besoldung an Schulen Frauen mittelbar diskriminiert und damit gegen das Gleichstellungsgebot des Grundgesetzes verstößt. Schon lange absolvieren alle Lehrkräfte eine gleichwertige und in vielen Bundesländern auch gleichlanges wissenschaftliches Hochschulstudium plus Referendariat und üben eine gleichwertige Tätigkeit aus. Die unterschiedliche, schulformspezifische Besoldung der Lehrämter ist verfassungswidrig, wie das Gutachten von Prof. Dr. Ralf Brinktrine zur rechtlichen Zulässigkeit der unterschiedlichen Eingruppierung beamteter LehrerInnen in NRW zeigt.
Professionalität anerkennen und wertschätzen
Sachliche Argumente für eine gleichwertige Bezahlung der Lehrkräfte gibt es also genügend, doch trotz hoher Anforderungen, Professionalität und einer akademische Ausbildung hält sich hartnäckig die Einschätzung, dass die Leistungen von Lehrkräften an Grundschulen geringer bewertet und somit geringer bezahlt werden können. Hier zeigt sich, dass Erziehungsarbeit immer noch weniger wert zu sein scheint als die Wissensvermittlung, dabei ist die Verantwortung für die Entwicklung des Menschen in der Grundschule besonders groß. Hier wird der Grundstein für Leben und Lernen gelegt. Hier werden Inklusion gestaltet und Geflüchtete integriert.
Diese enormen Leistungen und die große Verantwortung der Grundschullehrkräfte müssen endlich entsprechend vergütet werden. Die Abwertung der weiblich zugeschriebenen Tätigkeiten wird hier besonders deutlich. Die Erziehung der Kinder ist Frauensache und was kostenlos in der Familie geleistet wird, soll auch im Beruf nicht viel wert sein. Die vorhandene Professionalität wird außer Acht gelassen. Das gilt nicht nur für den Grundschulbereich, sondern betrifft auch die Erziehungs- und Pflegeberufe. Es muss Schluss sein mit diesen traditionellen und längst überholten geschlechtsbezogenen Rollenzuschreibungen.
Arbeitszeiten an Grundschulen auf dem Höchststand
Am Equal Pay Day wird außerdem deutlich, dass Arbeitszeit und Bezahlung ebenfalls auseinanderfallen. Die Niedersächsische Arbeitszeitstudie zeigt, dass die Belastungen, allein durch die hohe Stundenzahl an Grundschulen, überproportional groß sind. So arbeiten Grundschullehrkräfte pro Woche durchschnittlich 1:20 Zeitstunden über dem Sollwert, also über der 40-Stunden-Woche der Verwaltungsbeamt_innen. Hinzu kommt, dass Grundschulehrkräfte weniger Zeit für notwendige außerunterrichtliche Tätigkeiten und weniger Möglichkeiten zur flexiblen Gestaltung ihrer Lebenszeit zur Verfügung steht als Lehrkräften anderer Schulformen.
Demnach haben Grundschullehrkräfte nicht nur die höchste Unterrichtsverpflichtung von allen Schulformen, sie sind auch stärker als alle anderen mit ihrer Arbeit an die Schule gebunden. Darüber hinaus macht der reine Unterricht an Grundschulen mit 18 Zeitstunden 37,5 Prozent der Arbeitszeit aus. Mit Aufsichten und Vertretung arbeiten die Grundschullehrkräfte 19:30 Stunden oder 40,7 Prozent ihrer Arbeitszeit mit Schülerinnen und Schülern. Das ist ein Spitzenwert im Vergleich zu den anderen Schulformen (Gymnasien 30 %, Gesamtschulen 33 %). Ein eindeutiges Indiz, dass die Arbeit an Grundschulen mehr wert sein muss!
Teilzeitkräfte an Grundschulen besonders belastet
Die Situation spitzt sich besonders zu bei Teilzeitkräften, die an Grundschulen überproportional vertreten sind. So haben Teilzeitkräfte eine wöchentliche Sollarbeitszeit von 31:52 Stunden. In der Realität liegt sie jedoch mit 33:52 Wochenstunden deutlich darüber, in der Spitze bei 35,5 Stunden. Teilzeitkräfte wenden somit viel mehr Zeit für die Vor- und Nachbereitung des Unterrichts auf als Vollzeitkräfte. Die Teilzeitkräfte zeigen, wie groß der Zeitaufwand ist, wenn hohe professionelle Qualitätsansprüche an die Arbeit mit den Schülerinnen und Schülern erfüllt werden. Die nicht-teilbaren Aufgaben (z.B. Klassenleitung, Teilnahme an Konferenzen, Mitarbeit in Gremien der Schule), die die Teilzeitkräfte wie die Vollzeitkräfte leisten, führen ebenfalls zu der überproportional hohen Arbeitszeit.
Chance nutzen und weiter für unsere Forderungen eintreten
Die Ergebnisse aller Studien sind deutlich: Die Arbeit an Grundschulen ist gleichwertig, was Ausbildung, Anforderungen und Belastungen angehen. Jetzt müssen wir dran bleiben, unsere Forderungen nach A13 für alle auch durchsetzen. Und die GEW hat bereits Erfolge! In Berlin gibt es gute Aussichten, dass das Landesbesoldungsgesetz geändert wird und Grundschullehrkräfte nach A 13 eingruppiert werden. Damit wäre der Anfang gemacht, auch für die Tarifbeschäftigten! Das Argument „Wir können nicht die ersten sein, die die Grundschullehrkräfte höher eingruppieren als alle anderen Länder“ wäre damit vom Tisch.
Wir müssen die Chance nutzen, gemeinsam diesen Prozess anzustoßen und Schritt für Schritt zu gestalten. Landesregierung für Landesregierung muss für eine gerechte Besoldungspolitik gewonnen werden.
Ein Tag wie der Equal Pay Day eignet sich, um gewerkschaftliche Forderungen in die Öffentlichkeit zu bringen. Es ist wichtig, dass wir gehört und gesehen werden! „JA13“ ist kein Selbstläufer. Dafür gilt es, sich stark zu machen, gemeinsam!
Wir bleiben dran!
Frauke Gützkow, Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstands der GEW, verantwortlich für Frauenpolitik