Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zeichnete am 4. Oktober 2017 im Schloss Bellevue 30 Bürgerinnen und Bürger mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland aus. Darunter auch Stefan Romey aus Hamburg. Stefan ist langjähriges, aktives und engagiertes Mitglied der GEW Hamburg. Als GEW Hamburg gratulieren ihm ganz herzlich!
Eine Gratulation von Guido Sprügel
„Manchmal muss es das volle Programm sein: mit Präsident, Standarte, Schloss und Orden“ - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist sonst nicht für Ironie und besonderen Witz bekannt. In seiner Rede zur Verleihung des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland lässt er sich eine humorvolle Anspielung auf das ganze Tamtam einer Ordensverleihung dann doch nicht entgehen. Am 4. Oktober lud der Präsident wie jedes Jahr zum Tag der deutschen Einheit eine handvoll Bürger in das Schloss Bellevue ein, um ihnen persönlich die Auszeichnung zu verleihen. Dreißig Menschen aus den verschiedensten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens wurden geehrt. Darunter Schrifsteller, Musiker und jede Menge Menschen, die mit ihrem persönlichen Engagement dazu beitragen, dass die Gesellschaft friedlich und demokratisch bleibt. Die AFD würde sagen, dass links-alternative Establishment feierte sich selbst.
Unter den Geehrten war in diesem Jahr auch Stefan Romey aus Hamburg. Ich habe ihn vor rund zwei Jahren für diese Auszeichnung vorgeschlagen. Dazu wendet man sich an die in dem jeweiligen Bundesland zuständige Stelle, schreibt einen umfangreichen Vorschlagstext und wartet danach auf Antwort. Diese kam im Sommer diesen Jahres. In der veröffentlichten Begründung wird im Wesentlichen auf Stefan Romeys Engagement in Bezug auf die Verfolgten des NS-Regimes abgezielt: „Stefan Romey macht sich seit langem für die Rechte von Verfolgten des NS-Regimes stark. Er gehörte 1988 zu den Initiatoren der Hamburger Stiftung Hilfe für NS-Verfolgte und ist seit acht Jahren deren Vorstandsvorsitzender“. Daneben erwähnt der Text auch das berufliche Wirken als Schulleiter einer Sonderschule. Genau genommen ging es mir in meinem Antrag vor Allem um den zweiten Bereich. Wobei der Erste natürlich genau so wichtig und relevant ist.
Ich habe mit Stefan Romey an der Förderschule Pröbenweg zusammengearbeitet. Als Kollege und nicht für sehr lange Zeit. Dennoch hat mich diese Zeit nachhaltig geprägt. Ich habe Stefan Romey als Jemanden erlebt, den man im eigentlichen Wortsinne als Kommunisten (lateinisch communis ‚gemeinsam‘) bezeichnen würde. Würde – denn heute ist dieser Begriff diskreditiert. Ich verwende ihn in seinem eigentlichen Wortsinn – für Jemanden, der zutiefst humanistisch denkt, der demokratische Werte ausstrahlt, ohne sie vor sich her zu tragen und der sich traut, dem Zeitgeist auch mal den gesunden Menschenverstand entgegenzusetzen. Stefan Romey selbst wird mir für diese Bezeichnung wahrscheinlich den Kopf waschen. Aber trotzdem fällt mir keine bessere ein. In einer Zeit, in der Schulen mit einem Ranking-Wahn und Kompetenzrastern überzogen wurden, hat Stefan Romey genauer hingeschaut und kritisch hinterfragt. Und eben nicht alles kritiklos gefressen, was dort serviert wurde. Die Schule Pröbenweg hat diesen Geist ausgestrahlt. Gegen den Zeitgeist der permanenten Optimierung hat Stefan Romey immer darauf geachtet, dass die Schule einer der Orte ist, an denen Demokratie gelebt und gebildet wird. Ein Ort, der zunehmend wichtiger für die demokratische Willensbildung wird. Der zu schade ist für Qualitätsmanagement und Schulinspektion, weil er selbstständig denkende Menschen beherbergt. An der Schule Pröbenweg umfasste diese Gemeinschaft alle – von der Küchenhilfe, über die Sekretärin bis zu den Lehrern, Erziehern und Schülern. Besonders schwache Schüler, die in dieser Gesellschaft keine Lobby haben, für die der Lions-Club kein Equipment spendet. Kein beliebiger Ort, sondern auch einer mit Widerspruch und Diskussion. Ein Ort zum Wohlfühlen. Mir war es wichtig, dass nach der Pensionierung von Stefan Romey etwas von diesem demokratischen Geist erhalten bleibt und gewürdigt wird. Es muss zwar nicht zwangsläufig ein Orden sein, aber manchmal braucht es eben das komplette Programm.
Foto: © Guido Sprügel