Vortrag und Diskussion mit anschließender Lesung aus „Die Hexenjagd“
Die GEW Hamburg hat den fünfundvierzigsten Jahrestag des Radikalenerlasses 2017 zum Anlass genommen, Aktivitäten zum Thema Berufsverbote durchzuführen, um das immer noch nicht abgeschlossene und sogar weiterhin aktuelle Thema politisch aufzugreifen und einen Austausch unter den Betroffenen zu ermöglichen. Aktuelle Fälle zeigen, dass linke Praxis teilweise noch immer zur Nichteinstellung im öffentlichen Dienst führen kann. Erinnern bedeutet auch, für die Gegenwart und Zukunft zu lernen.
Bei dieser Veranstaltung wird Alexandra Jaeger, die im Frühjahr 2018 zum Radikalenbeschluss in Hamburg promovierte, ihre Ergebnisse vorstellen und diskutieren. Danach liest Hans-Peter de Lorent aus seinem autobiographischen Roman „Die Hexenjagd“. Im Anschluss besteht die Möglichkeit zum Austausch bei Brot und Wein.
Alexandra Jaeger
Alexandra Jaeger wird in ihrem Vortrag die staatliche Überprüfungs- und Einstellungspraxis in Hamburg aus geschichtswissenschaftlicher Perspektive skizzieren, die nach dem Radikalenbeschluss von 1972 etabliert wurde. Dabei beleuchtet sie die am Verfahren beteiligten Akteur*innen, die Entscheidungsgrundlagen und die schrittweise Veränderung der Praxis. Der Vortrag basiert auf ihrer Dissertation „Auf der Suche nach Verfassungsfeinden. Der Radikalenbeschuss in Hamburg 1971 – 1987“. Sie arbeitet als freiberufliche Historikerin. Aktuell beforscht sie die Unvereinbarkeitsbeschlüsse der GEW Hamburg.
Hans-Peter de Lorent
Hans-Peter de Lorent hat in seinem 1980 veröffentlichten Roman „Die Hexenjagd“ beschrieben, wie ein Lehrer das „Berufsverbotsverfahren“ erlebte: Anhörung beim Senator, Konflikte in der Schule, Solidaritätsveranstaltungen und psychische Belastung. Aufgrund der Ähnlichkeit mit seinem eigenen Verfahren stellte der Senat einen Strafantrag wegen Beleidigung und übler Nachrede – vor Gericht gewann der Autor: Der Roman sei von der Kunstfreiheit geschützt. „Als selbst Betroffener habe ich meine Empörung und Wut einer allmächtigen Behörde gegenüber von der Seele geschrieben“, so de Lorent. Er war von 1990 bis 1996 GEW-Vorsitzender in Hamburg.
+++ Forschungsprojekt zu den Unvereinbarkeitsbeschlüssen der GEW Hamburg in Auftrag gegeben +++
Die Unvereinbarkeitsbeschlüsse waren ein Ergebnis von politischen Konflikten innerhalb des DGB und führten auch in der GEW zum Ausschluss von Mitgliedern kommunistischer Organisationen. Einerseits hat sich die GEW bereits für ihr Verhalten damals entschuldigt, andererseits steht eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas noch aus.
Nun wurde ein Forschungsprojekt in Auftrag gegeben, das aufarbeiten soll, wie die GEW Hamburg mit den Unvereinbarkeitsbeschlüssen umging. Welche Gruppen waren betroffen? Reichte die Mitgliedschaft oder war das konkrete Verhalten ausschlaggebend? Wie sah der weitere Lebensweg der Betroffenen aus? Die Arbeit soll bis Ende 2018 vorliegen und wir werden dann eine Veranstaltung durchführen.
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Berufsverbote 4_6_2018 | 424.28 KB |