Griechenland I - Rede zum 1. Mai

Magazin
Ausgabe: 
Kämpft weiter! Journalistin Eurydike Bersi aus Athen

Hallo, liebe Freund_innen und Kolleg_innen!

Hier zu sein ist für mich eine Ehre. Noch einmal ein Dankeschön an die Organisator_innen für ihre engagierte Arbeit, für die wir ihnen von Herzen danken.

Lasst mich mit einer Frage anfangen: Nehmen wir mal an, ihr habt untragbare Schulden aus einer früheren Zeit, als euer Einkommen höher war. Wäre es korrekt, wenn euer Gläubiger verlangen würde, mit eurer Tochter zu schlafen? In einer zivilisierten Welt dürfen Gläubiger bestimmte Dinge tun und andere nicht. Diesen Unterschied gibt es in Griechenland nicht mehr. Die Vergewaltigung des Landes und der Menschen, die eigentlich am meisten schutzbedürftig sind, hat historische Dimensionen angenommen. Unter den hässlichen Kindern, die dieser Gewaltakt erzeugt hat, sind die Neo-Nazi-Banden, die ihre Popularität nicht verlieren werden, solange nicht der enorme Druck auf die Bevölkerung aufhört. Wenn die Neo-Nazis der Goldenen Morgenröte nur einwanderungsfeindliche, antikommunistische, rassistische Hass-Sprüche klopfen würden, würden sie immer noch nur 0,3 Prozent der Wählerstimmen bekommen, wie es vor der Krise der Fall war. Aber sie reden auch darüber, auf ihre verzerrte Art und Weise, was in den letzten vier Jahren mit dem Land geschehen ist. Wenn ihr also versucht, das Phänomen „Goldene Morgenröte“ zu verstehen, so nehmt die wirtschaftliche Erklärung (Faschismus als Waffe der Herrschenden gegen die Linke) und die psychologische Erklärung (das Bedürfnis nach einem starken Führer) und stellt sie in den Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Verwüstung und der Aushöhlung der Demokratie, die wir in den letzten vier Jahren in Griechenland erleben.

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Eurydike Bersi
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