---mit Bildergalerie und Rede von Bodo Haß, Physiotherapeut---
Heute fand der zweite Hamburgische GEW-Warnstreik statt. Aufgerufen wurden alle tarifbeschäftigten Mitglieder im Geltungsbereich des TV-L und des TV Prakt-L, die als pädagogische und therapeutische Fachkräfte an Schulen beschäftigt sind (nicht VSK) sowie die entsprechenden Kolleg*innen an ReBBZn und in allen weiteren sozialen Bereichen der Freien und Hansestadt Hamburg.
Der Streik begann um halb zehn mit einer Kundgebung auf dem Gänsemarkt. Gut 1500 Beschäftigte haben sich beteiligt. Im Anschluss spazierten die GEW-Kolleginnen und Kollegen zum Curiohaus, wo ab elf eine Streikversammlung stattfand.
„Die Arbeit der Erzieherinnen, Therapeuten, Sozialpädagoginnen und sozialpädagogischen Assistenten an Hamburger Schulen hat sich seit Einführung der neuen Dienstzeitregelung im letzten Sommer enorm verdichtet. Sie alle sind trotzdem hoch motiviert und engagieren sich sehr für die ihnen anvertrauten Kinder und Jugendlichen. Sie arbeiten oft über die Belastungsgrenze hinaus. Die Krankheitsrate steigt, die Unzufriedenheit wächst und einige verlassen deshalb das Arbeitsfeld Schule. Wenigstens das Geld im Portemonnaie muss da stimmen. Heute gehen sie gemeinsam mit ihren Kolleg*innen aus den Jugendämtern und weiteren sozialen Bereichen der Stadt auf die Straße, um gemeinsam mit ihnen deutlich zu machen, dass die sozialen Berufe endlich mehr Geld verdient haben. Eine Aufwertung, wie sie die Kommunen schon lange vollzogen haben, muss nun endlich auch für die Landesbeschäftigten erfolgen.“, so Birgit Rettmer, Tarifexpertin der GEW Hamburg.
Die GEW fordert in der Tarifrunde 2019
- Erhöhung der Tabellenentgelte um 6 Prozent, mindestens aber 200 Euro bei einer Laufzeit von 12 Monaten!
- Die Entgelte der Auszubildenden und Praktikant*innen sollen um 100 Euro monatlich erhöht werden.
Darüber hinaus fordert die GEW, dass die Beschäftigten im Sozial- und Erziehungsdienst der Länder so bezahlt werden, wie ihre Kolleg*innen in den Kommunen.
Info
Die Gewerkschaften verhandeln seit dem 21. Januar mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über eine Gehaltserhöhung für die Tarifbeschäftigten der Länder. Auch in der zweiten Verhandlungsrunde am 6./7. Februar haben die Arbeitgeber dafür kein akzeptables Angebot vorgelegt. Die dritte und voraussichtlich letzte Verhandlungsrunde findet vom 28. Februar bis 2. März in Potsdam statt.
Der Tarifvertrag gilt für über eine Million Beschäftigte der Länder. In Hamburg betrifft er ca. 50.000 Tarifbeschäftigte, davon etwa 6000 Tarifbeschäftigte an Schulen und etwa 4000 Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst.
Foto: GEW Hamburg / Joachim Geffers
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Rede von Bodo Haß, Physiotherapeut
Guten Morgen
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
mein Name ist Bodo Haß, ich stehe hier für die GEW als einer der Sprecher der Fachgruppe PTF, aber auch ausdrücklich als Physiotherapeut an einer Hamburger Sonderschule.
Einmal eine Erklärung für die Kollegen und Kolleginnen, die nicht aus den Schulen kommen. PTF, das ist die Abkürzung für einen Begriff, den die Schulbehörde sich ausgedacht hat.
Das Pädagogisch Therapeutische Fachpersonal.
Darunter fallen die Erzieher, die Ergo- und Physiotherapeutinnen, die Sozialpädagoginnen, die Heilerziehungspfleger und die sozialpädagogischen Assistentinnen.
Auch wenn das F für Fachpersonal steht, hat das Ganze leider nichts mit Fachlichkeit zu tun, im Gegenteil. Gibt es in der Schulbehörde doch kaum ein Wissen darum, wie unsere Arbeit aussieht.
Mittwoch waren wir mit 1500 Kollegen und Kolleginnen aus den Schulen hier. Heute streiken wir zusammen mit den Kollegen und Kolleginnen aus der sozialen Arbeit in Hamburg. Ich freue mich, dass so viele Kolleginnen und Kollegen dem Streikaufruf der Gewerkschaften gefolgt sind. Ich freue mich auch darüber, so viele mir bekannte Gesichter zu sehen. Ich habe das Mittwoch schon gesagt und ich wiederhole es, die Organisation von uns, Kollegen und Kolleginnen ist besser geworden.
Darauf dürfen wir uns nicht ausruhen, im Gegenteil!
Auch in dieser Tarifauseinandersetzung nicht.
6% mehr sind von den Gewerkschaften gefordert und, mit denen ich gesprochen habe, sind der Meinung, dass diese Forderung nicht zu hoch ist.
Trotzdem mauern die Arbeitgeber und es gibt noch kein Angebot!
Das ist eine Unverschämtheit!
Der TVL muss in dieser Tarifrunde an den TVöd anschließen.
Viele Kolleginnen und Kollegen sind wütend, weil sie in der letzten Tarifrunde einfach vergessen wurden. Der Sozial- und Erziehungsdienst sollte verbessert werden. Wir alle sind dafür auf die Straße gegangen. Mit dem Gefühl, dass wir, die Erzieher, die Sozialpädagoginnen, die Ergo- und Physiotherapeuten, die Heilerzieherinnen und sozialpädagogischen Assistenten an den Schulen eine große PTF Gemeinschaft sind. Jedenfalls wurden wir von der Schulbehörde dazu gemacht.
Als die Tarifrunde vorbei war, mussten wir aber feststellen, dass das plötzlich nicht mehr gilt, wenn es um das Geld geht.
Natürlich...
Da fielen dann plötzlich alle Therapeutinnen, die sozialpädagogischen Assistenten und Teile der Sozialpädagogen raus und wir bekamen die von uns mit erkämpfte neue SUE-Zulage nicht.
Seit zwei Jahren bekommen wir weniger Geld als unsere anderen PTF Kollegen.
Das ist weder fair, noch hilft das dem Arbeitsfrieden. Es ist einfach eine Frechheit.
Wir wollen diese Zulage, rückwirkend für die letzten zwei Jahre, aber mindestens mit diesem Tarifabschluss.
Es ist richtig, dass wir heute hier sind, weil sich die Anforderungen und die Arbeitsbelastung in den letzten Jahren immer wieder erhöht wurden.
Ein paar Beispiele:
Seit letztem Sommer gilt die neue Dienstzeitregelung für das PTF. Eine gleiche Regelung für alle Berufsgruppen und Schulen.
Da kann man sich die Silbe Fach im Fachpersonal auch gleich sparen
Bei uns in den speziellen Sonderschulen ist der Schultag der Schüler und Schülerinnen deutlich verlängert worden ohne das sich die Ressource an Personal verändert hat.
Therapeutinnen der speziellen Sonderschulen sind seit letztem Sommer auch flächendeckend für die Versorgung der Schüler und Schülerinnen in der Inklusion zuständig.
Mal wieder ohne ein Konzept, wie diese Versorgung aussehen soll, welche Räumlichkeiten es dafür, gibt, wie die Kommunikation mit der betreffenden Schule und dem Kollegium stattfinden soll, wie das Ganze in die neue Dienstzeitregelung passen soll usw.
Dieses Konzept wird dann im laufenden Betrieb von den Kolleginnen erarbeitet.
Jeder von uns kann vorstellen, was das für eine Belastung ist, vor allem wenn man eine fachlich qualifizierte Arbeit mit den Schülern und Schülerinnen leisten will.
In den Regelschulen führt die Umsetzung der Inklusion immer noch zu großen Herausforderungen für alle Kolleginnen, auch weil die personellen Ressourcen deutlich schlechter sind, als zu Zeiten der Integration.
Und das sind nur Beispiele aus meinem Umfeld.
Deshalb ist es richtig, dass wir heute hier sind und streiken.
Wichtig ist es aber, Kolleginnen und Kollegen, weil sich nur etwas ändern wird, wenn wir es fordern und wir uns dafür einsetzen, hier und heute auf der Straße, aber auch sonst!
Also:
- bleibt aktiv
- kommt am Montag zum großen Warnstreiktag. Gerade wenn dann alle Beschäftigten des TVL zum Streik aufgerufen sind, ist es wichtig, dass wir aus den pädagogischen, sozialen und therapeutischen Berufen da sind. Wir unseren Willen für bessere Bezahlung und gute Arbeitsbedingungen zu streiken sichtbar machen.
- Aber bleibt auch nach diesem Streik aktiv: organisiert Euch, bildet Berufs- und Betriebsgruppen, sorgt für einen starken Personalrat an Eurer Schule, in Eurem Betriebe, engagiert Euch in den Gewerkschaften. Kommt in die Fachgruppe PTF der GEW. Traut Euch für Eure Interessen einzutreten.
- All diese Gruppen sind nur so stark wie das Fundament, auf dem sie stehen.
Und nicht vergessen, nur wenn wir gute Arbeitsbedingungen haben, können wir auch eine gute Arbeit mit "unseren" Schülerinnen und Schülern, unseren Klienten machen.
Ich wünsche uns allen einen erfolgreichen Streiktag.
Vielen Dank