Es waren zähe Verhandlungen in Potsdam. Drei lange Tage verhandelten die Gewerkschaften mit den Vertretern der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL). Ein heftiger Streitpunkt war der Angriff der Arbeitgeber auf einen Eckpfeiler des Eingruppierungsrechts. Sie wollten den Begriff des Arbeitsvorgangs im Tarifvertrag neu definieren, was gravierende Auswirkungen auf die gesamte Eingruppierungssystematik gehabt hätte und deshalb von den Gewerkschaften mit Entschiedenheit abgelehnt wurde. Auch ein Scheitern der Verhandlungen drohte. Man einigte sich schließlich, in den kommenden beiden Jahren Gespräche über das Thema Arbeitsvorgänge zu führen.
Am Ende steht ein Tarifergebnis, dass sich sehen lassen kann. Insgesamt wurden lineare Gehaltssteigerungen in einem Gesamtvolumen von 8 Prozent bei 33 Monaten Laufzeit vereinbart.
Im Einzelnen:
- rückwirkend zum 1. Januar 2019 steigen die Entgelte um ein Gesamtvolumen von 3,2 Prozent (mindestens 100€), bestehend aus einer Anhebung der Stufe 1 um 4,5 Prozent und der anderen Stufen um 3,01 Prozent.
- zum 1. Januar 2020 steigen die Entgelte um ein Gesamtvolumen von weiteren 3,2 Prozent (mindestens 90€), bestehend aus einer Anhebung der Stufe 1 um 4,3 Prozent und der anderen Stufen um 3,12 Prozent.
- zum 1. Januar 2021 steigen die Entgelte um ein Gesamtvolumen von weiteren 1,4 Prozent (mindestens 50€), bestehend aus einer Anhebung der Stufe 1 um 1,8 Prozent und der anderen Stufen um 1,29 Prozent.
- die Auszubildendenvergütung steigt insgesamt um 100 Euro in zwei Schritten von 50 Euro, rückwirkend zum 1. Januar 2019 und zum 1. Januar 2020. Die Azubis bekommen darüber hinaus einen weiteren Urlaubstag (jetzt auch 30 Tage).
Dazu kommen:
- die Erhöhung der Angleichungszulage für angestellte Lehrkräfte von bisher 30 auf 105 Euro.
- die Angleichung der Gehälter im Sozial- und Erziehungsdienst der Länder an das Niveau von Bund und Kommunen zum 1. Januar 2020
- Die Aufspaltung der bisherigen Entgeltgruppe 9 in zwei Entgeltgruppen E9a (ehemals „kleine E9“)und E9b. Die neue E 9b wird der „normalen“ EG 9 entsprechen. Die Entgeltgruppe EG 9a wird im Volumen der bisherigen „kleinen“ E9 entsprechen, verteilt auf nun 6 Stufen. Damit werden insbesondere Probleme bei Höhergruppierungen beseitigt.
Der Abschluss enthält darüber hinaus weitere strukturelle Verbesserungen, so auch eine Erhöhung der Garantiebeiträge bei Höhergruppierungen. Im Verlauf der Verhandlungen hatten die Arbeitgeber darauf bestanden, dass strukturelle Verbesserungen teilweise finanziell kompensiert werden. Am Ende einigte man sich in den Verhandlungen darauf, dass die Jahressonderzahlungen vier Jahre lang auf das Niveau von 2018 eingefroren werden.
Insgesamt ist der Tarifabschluss sehr komplex. Dies gilt insbesondere für die Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes. Die Details der Überleitung in die sogenannte „S-Tabelle“ müssen in den Redaktionsverhandlungen noch geklärt werden. Bis dahin profitieren die Kolleginnen und Kollegen von der Erhöhung der "E-Tabelle" zum 1. Januar 2019 mit ihrer sozialen Komponente. Die GEW-Hamburg wird die Kolleg*innen noch genauer über die entsprechenden Regelungen informieren.
Was bedeutet der Abschluss für die Beschäftigten des PTF an Hamburger Schulen?
Insgesamt ist die Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienst zwar ein enormer Erfolg, zu dem auch die große Streikbeteiligung in Hamburg beigetragen hat. Hier waren die Kolleginnen und Kollegen des pädagogischen und therapeutischen Personals an Schulen auf der Straße: Erzieher*innen, Sozialpädagog*innen, sozialpädagogische Assistent*innen, Heilerzieher*innen und Heilerziehungspfleger*innen, gemeinsam mit Ergo- und Physiotherapeut*innen. Deshalb ist es umso bitterer, dass die therapeutischen Berufe im Schulbereich wieder einmal nicht von den Verbesserungen profitieren.
Obwohl es dank der Hamburger Mitglieder in der BTK gelungen ist, die spezielle Situation der schulischen Therapeut*innen in den Tarifverhandlungen zur Sprache zu bringen, verweigerte sich die Verhandlungsgruppe der TdL einer Regelung.
Jetzt ist die Hamburger Schulbehörde in der Verantwortung, hier bei gleich schlechten Arbeitsbedingungen für gleich gute Bezahlung zu sorgen. Dass die Therapeut*innen in Hamburg als Teil des „PTF-Personals“ zwar gleichermaßen wie ihre direkten Kolleg*innen unter der enormen Verdichtung der Arbeit durch die Einführung der neuen Arbeitszeitregelung und der Eintourigkeit an den speziellen Sonderschulen zu leiden haben, finanziell aber schlechter gestellt werden sollen, ist eine untragbare Situation. Die GEW Hamburg wird deshalb unverzüglich auf den Hamburger Arbeitgeber zugehen und ihn dazu auffordern, das SuE-Ergebnis auf die schulischen Therapeut*innen in Hamburg zu übertragen.
Was bedeutet der Abschluss für die Beschäftigten als Lehrkräfte in Hamburg?
Für vollausgebildete Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis, Lehrkräfte ohne Vorbereitungsdienst oder mit wissenschaftlichem Hochschulabschluss bis einschließlich E11 sowie tarifbeschäftigte Fachlehrer*innen steigt die Angleichungszulage von 30€ auf nun 105€.
Die Paralleltabelle(E12=A12, statt aktuell E11=A12) sowie die Weiterentwicklung des TV EntgO-L wird nach Abschluss dieser Tarifrunde Gegenstand von weiteren Verhandlungen sein. Dies ist ein enormer Erfolg, weil sich die Arbeitgeber zu konkreten Verhandlungsterminen Ende 2019 verpflichten mussten.
Dort wird beispielsweise auch die Anerkennung des Magisters als wissenschaftlicher Hochschulabschluss verhandelt werden. Gleiches gilt für die Aufwertung der Vorschullehrkräfte und ihrer Forderung der Eingruppierung in die E10. Auch ihnen ist es als diplomierten Sozialpädagog*innen nicht vermittelbar, dass sie nicht von der Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes profitieren werden. Bis zum Abschluss einer entsprechenden Regelung im Rahmen des TV EntgO-L ist der Hamburger Arbeitgeber in der Verantwortung, eine Lösung für diese Berufsgruppe zu finden.
Was bedeutet der Abschluss für verbeamtete Beschäftigten in Hamburg?
Der DGB hat umgehend den ersten Bürgermeister dazu aufgefordert, das Tarifergebnis zeit- und wirkungsgleich auf die Besoldung und Versorgung der Beamt*innen zu übertragen. Berücksichtigt werden sollen dabei spezifische Forderungen für Beamt*innen, die hier ebenfalls zu strukturellen Verbesserungen führen, wie beispielsweise die Abschaffung der Kostendämpfungspauschale.
Vielen Dank für Euer Engagement!
Birgit Rettmer
Referentin für Tarif- und Beamtenpolitik
Anhang | Größe |
---|---|
gew-hh-info_tarifabschluss.pdf | 238.3 KB |