---mit Bildergalerie und der Rede von Kerstin Mögle, VSK---
Heute fand der dritte Warnstreik aller Tarifbeschäftigten der Freien und Hansestadt Hamburg, der Hamburger Schulen, der Regionalen Bildungs- und Beratungszentren (ReBBZn), der Hochschulen, der Jugendmusikschule (JMS) und VHS im Geltungsbereich des TV-L und des TV Prakt-L statt.
Um zehn Uhr begann die Kundgebung auf dem Gänsemarkt. Es redet die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe. Im Anschluss demonstrierten gut 3000 Beschäftigte zum Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof, wo eine Abschlusskundgebung stattfand. Nachmittags trafen sich die Kolleginnen und Kollegen in der GEW-Geschäftsstelle zu einer Streikversammlung mit Mittagessen und Musikprogramm.
Nach Jahren des Sparens und des Personalabbaus macht sich die GEW für deutliche Verbesserungen für den öffentlichen Dienst stark. „Die Arbeit im öffentlichen Dienst muss wieder attraktiver werden. Schon jetzt sind viele Einrichtungen nicht mehr in der Lage, freie Stellen zu besetzen, weil sich zu wenige junge Menschen für eine Arbeit im Landesdienst entscheiden“, so Tepe. Eine spürbare Verbesserung der Einkommen leiste einen wichtigen Beitrag, wieder mehr junge Menschen für den öffentlichen Dienst und den Lehrerberuf zu gewinnen.-
Die GEW fordert in der Tarifrunde 2019
- Erhöhung der Tabellenentgelte um 6 Prozent, mindestens aber 200 Euro bei einer Laufzeit von 12 Monaten!
- Die Entgelte der Auszubildenden und Praktikant*innen sollen um 100 Euro monatlich erhöht werden.
Info
Die Gewerkschaften verhandeln seit dem 21. Januar mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über eine Gehaltserhöhung (es geht in der Tarifrunde nicht nur um eine Gehaltserhöhung!) für die Tarifbeschäftigten der Länder. Auch in der zweiten Verhandlungsrunde am 6./7. Februar haben die Arbeitgeber dafür kein akzeptables Angebot vorgelegt. Die dritte und voraussichtlich letzte Verhandlungsrunde findet vom 28. Februar bis 2. März in Potsdam statt.
Der Tarifvertrag gilt für über eine Million Beschäftigte der Länder. In Hamburg betrifft er ca. 50.000 Tarifbeschäftigte, davon etwa 6000 Tarifbeschäftigte an Schulen und etwa 4000 Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst.
Fotos: GEW Hamburg
Rede vom Kerstin Mögle, VSK
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich heiße Kerstin Mögle.
Ich arbeite seit mittlerweile 12 Jahren in der Vorschule.
Aktuell leite ich eine der drei Vorschul-Klassen in der Grundschule Arnkielstraße.
Für alle, die sich darunter nicht so recht etwas vorstellen können, hier das Wichtigste in Kürze:
„Die Vorschule“ ist ein Konstrukt, das es in dieser Form nur in Hamburg gibt – nämlich eingebunden in die Schule, unter der Dienstaufsicht der BSB, als – auch manchmal sogenannte – „0te“ Klasse.
Das bedeutet, dass es in Hamburg für viele Kinder nicht mit 6 Jahren und der 1. Klasse in der Schule beginnt, sondern eben schon ein Jahr früher – mit 5 Jahren – in der Vorschulklasse.
In Hamburg hat (fast) jede Grundschule zwischen einer und drei VorSchulKlassen – VSKs genannt – in Ausnahmefällen auch mal noch mehr.
Der Besuch einer Vorschulklasse ist verpflichtend für Kinder, die bei der 4,5 jährigen-Prüfung nicht die nötigen deutschen Sprachkenntnisse haben und Sprachförderung benötigen.
Für die Kinder, die das nicht betrifft, entscheiden die Eltern darüber, ob das Kind ein weiteres Jahr in der Kita verbleibt oder in eine Vorschulklasse angemeldet wird.
Das Angebot der VSK in der Schule wird in Hamburg sehr gut und gerne von Eltern angenommen, so dass sich die Anzahl der VSKs in den letzten Jahren stetig erhöht hat. Zur Zeit haben wir in Hamburg ca. 440 Vorschulklassen.
Das heißt, hier arbeiten 440 Kolleginnen – und auch einige Kollegen – die studierte Sozialpädagoginnen sind.
(In meinem Fall noch Diplom-Sozialpädagogin aber natürlich auch Kolleginnen mit Bachelor oder Master-Abschluss.)
- Und sie arbeiten dort als LehrerInnen!
… so sind wir nämlich – seit wir uns das im Tarifkampf vor vier Jahren erkämpft haben – im TV-L endlich eingruppiert.
Denn das entspricht der tatsächlichen Tätigkeit, die wir jeden Tag in der Schule leisten!
- Wir leiten eigenverantwortlich und alleine eine Klasse von 19 bis 23 fünfjährigen Kindern – manchmal auch einige mehr, da diese Richtwerte der Klassenbelegung bei Bedarf auch überschritten werden dürfen…
- Wir unterrichten von 8:00 bis 13:00 Uhr; und zwar in allen von der Behörde vorgegebenen Bereichen bzw. Fächern – die heute ja KOMPETENZEN und LERNFELDER heißen… - diese sind in der „Richtlinie für die Bildung und Erziehung in Vorschulklassen“ beschrieben.
Es wird erwartet, dass wir alle dort genannten Bereiche umsetzen und den Kindern vermitteln.
Demnach sind wir zuständig für:
- den Erwerb von Sprachkompetenz
- die Sprachförderung
- die Systematische Förderarbeit
- das Einführen, Vermitteln und Anleiten von
- Ich-Kompetenzen
- Sozialen Kompetenzen
- Sachkompetenzen
- Lernmethodischen Kompetenzen
- Und für alle Bildungsbereiche – als da sind:
- Körper, Bewegung und Gesundheit
- Sprache, Schrift und Medien
- Mathematik, Naturwissenschaften und Technik
- Gestalten, Darstellen und Musizieren
- Erkannt? Das sind alle Fächer, die man so aus der Schule kennt.
Dazu kommt dann
- die Beobachtung und Dokumentation
- die Kooperation mit den Eltern
- und das Einbinden der Vorschulklasse als Teil des Schullebens
Das Ganze soll – das gehört natürlich auch dazu – in der heterogenen Gruppe gut differenziert werden, so dass ausreichend Gelegenheiten für
- soziales und individuelles Lernen,
- ganzheitliches Lernen und
- individuelle Förderung dargeboten wird.
Außerdem muss nach der Vorgabe alles entsprechend evaluiert werden.
So ist unsere Tätigkeitsbeschreibung vorgegeben – und ich finde, da kommt schon Einiges zusammen!
Und das können wir alles und machen wir alles!
- Leider spiegelt sich das so gar nicht in der Bezahlung wieder!
Während eine angestellte Lehrerin in der Gehaltsgruppe E11 eingruppiert ist, werden wir nach E 9 bezahlt...!
Das sind zwei Gehaltsgruppen weniger!!
Und bei diesen Anforderungen aus den Richtlinien sind manche Tätigkeiten noch gar nicht erwähnt…
z. B. dass
- …Vorschullehrerinnen ganz automatisch und selbstverständlich und allein die Inklusion in der Klasse umsetzen – denn im VSK Bereich gibt es keine zugewiesenen Schulbegleiter oder regelhafte Doppelbesetzungen.
- ...außerdem natürlich selbstverständlich auch die Integration für alle Kinder möglich machen – leider auch alleine…
- …Vorschullehrerinnen in alle Abläufe von Schule genauso eingebunden sind, wie jede andere Lehrkraft auch, z.B. an der Organisation und Durchführung von Schulfesten, Tagen der offenen Tür, Veranstaltungen wie Bastelnachmittagen, Laternenumzügen, Adventscafés und ähnlichem.
- …viele Vorschullehrerinnen an vielen Schulen die 4,5 jährigen Prüfungen übernehmen
- …oder Sonderaufgaben, wie Choranleitungen, KinderKunstKlub oder ähnliches
- …und außerdem, dass auch Vorschullehrerinnen verpflichtet sind, Fortbildungen über mindestens 30 Stunden pro Jahr abzuleisten.
Und das alles immer noch bei einer vom Dienstherren regelhaft vorgegebenen Zwangsteilzeit von 85% der Arbeitszeit...!
Mit einer 85% Stelle und einer Eingruppierung in E9 Stufe 1 – also dem Startgehalt einer Berufsanfängerin – erhält die Kollegin mit Steuerklasse 1 ca. 1.500 Euro netto….
- …damit ist ein Leben in der Großstadt Hamburg nicht finanzierbar!
- Das ist ein Skandal!!
- Diese Voraussetzungen rechtfertigen seit langer Zeit die Hochstufung!
Wir fordern daher:
Endlich eine angemessene Vergütung für eine wichtige, hoch anspruchsvolle, anstrengende, komplexe und fordernde Tätigkeit!
- E 10 für alle Vorschullehrerinnen!
Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit!