Das Projekt 23+ ist die Antwort der Bildungsbehörde auf die Herausforderungen der inklusiven Schule. Im Projekt, das auskömmlich aus dem Funktionspool aller Hamburger Schulen gespeist wird, werden den beteiligten Schulen zusätzliche Ressourcen für die Umsetzung der Inklusion zugewiesen.
Der Umgang mit diesen Ressourcen und deren Umfang hat die Personalräte von den 23 Schulen zusammengebracht. Auf Initiative der GEW-Mitglieder im PR der Nelson-Mandela-Schule wurden die Personalräte der betroffenen Schulen eingeladen. Auf mehreren PR-Treffen wurde die Belastung der Kollegien thematisiert. Es sind alles Schulen, die in besonderer Weise von der Inklusion betroffen sind, weil sie einen ungünstigen KESS-Faktor haben und damit über die Aufgabe der Inklusion hinaus zusätzlich belastet sind.
Die gemeinsame Arbeit der Personalräte ist der Behörde nicht verborgen geblieben und führte zu einer Einladung der PR durch den zuständigen Schulaufsichtsbeamten Herrn Altenburg- Hack. Auf dem Treffen fand ein erster Austausch statt.
In den darauf folgenden Beratungen der PR wurde schnell deutlich, dass die zeitliche Begrenzung des Projektes und die Verwendung der zugewiesenen Ressourcen ein gemeinsames Handeln sinnvoll machen. Da die Mehrzahl der Beteiligten Mitglieder der GEW sind, war es folgerichtig, dass die gewählte Sprecher_innengruppe unserer Gewerkschaft angehört, die die Forderungen aus der Versammlung redaktionell zusammenfasste. Das von allen abgestimmte Ergebnis ist ein Forderungspapier, das den Kollegien in den Schulen auf Personalversammlungen oder Konferenzen zur Beschlussfassung vorgelegt wurde. 585 Kolleg_innen stellten sich hinter die Forderungen, die von den PR ausgearbeitet worden waren.
Bei einem zweiten Treffen mit der zuständigen Schulaufsicht wurden dann die Forderungen überreicht und die Unterstützung durch die Kollegien bekanntgegeben. In den beteiligten Schulen hat es kaum Gegenstimmen oder Enthaltungen zu den Forderungen gegeben. Das hat den neuen Schulaufsichtsbeamten Herrn Schumacher sichtbar beeindruckt. In der Sache ergab sich noch nicht viel Neues. Es wurde lediglich klargestellt, dass die Kollegien bei der Erstellung des Vertretungskonzeptes ihrer Schule zu beteiligen sind. Damit wäre schulintern zu klären, dass die Ressourcen, die für die Inklusion bereitgestellt werden, nicht als „Steinbruch“ für Vertretungszwecke verwendet bzw. missbraucht werden. Doppelbesetzungen, wenn auch nur zeitweise, sollen ja einen pädagogischen Sinn erfüllen. Anerkennung seitens der Behörde erfuhr die von nahezu allen Schulen selbstgewählte Aufgabe der zusätzlichen Sprachförderung. Hier wurde die Idee geäußert, nach dem Prinzip der „best Practice“ voneinander zu lernen. Die weiteren Hinweise der PR wurden mit Hinweis auf die begrenzten Handlungsmöglichkeiten innerhalb des Projektes zu unerfüllbaren Wünschen erklärt. Hier kam von der Schulaufsicht der klare Hinweis auf die Notwendigkeit, die über das Projekt hinausgehenden Forderungen auf anderer Ebene zu befördern. Ein unausgesprochener Fingerzeig auf die notwendige Tätigkeit der GEW.
Einige Wochen später erfolgte eine Einladung der Sprecher_ innen, um die Forderungen im Einzelnen zu bewerten. Die Forderungen waren im Detail bewertet und analysiert worden. Die einzig bekannte Verbesserung ist die Bereitstellung von Teamzeiten für die Gymnasien im Projekt. Vorher war die Besserstellung der Gymnasien gegenüber dem vorherigen Standard sparsam ausgefallen, wenn man sie mit den anderen Schulformen vergleicht. Aber immerhin ist auch hier der Einstieg in die multiprofessionelle Schule durch die Schaffung von Sozialpädagog_ innenstellen erreicht worden. Die Ressourcen für die Stadtteilschulen und Grundschulen waren auf dem Papier deutlich besser, werden aber durch andere „Sachzwänge“ nicht immer für den eigentlichen Zweck eingesetzt.
Allen beteiligten PR ist klar, dass die neuen Herausforderungen der Inklusion von den Lehrer_ innen allein nicht bewältigt werden können. Die Bereitstellung von PTF-Stellen in allen Schulen, die die Inklusion bewerkstelligen sollen, muss das Ziel der GEW in der nächsten Zeit sein. Zukünftige Schulen müssen multiprofessionell besetzt sein.
Übersicht über die gestellten Forderungen:
● Funktionszeiten für SL erweitern, damit sie nicht dem Kollegium entzogen werden
● Koordinationszeiten im Stundenplan verankern
● Absentismusbearbeitung außerhalb der Schule
● Bauliche Voraussetzungen schaffen für Inklusionsarbeit: Differenzierungsräume, Lärmschutz, Ganztagesräume
● Sprachförderung ergänzen (Deutsch im Fachunterricht)
● Dolmetscherdienst bereitstellen
● Vertretungsreserve bereitstellen
● Beschäftigung von Betreuungspersonal mit mindestens einer halben Stelle
● Schulungsangebote zur Betreuung von LSE-Kindern und zur Kooperation
● Unangemessen hohe Fallzahlen in den Klassen vermeiden, Zuweisung von EUSE-Kindern steuern
● Doppelbesetzung in den Langfächern der Eingangsklassen
● Zuweisung von Teamzeiten
● Mindestens eine Sozialpädagog_innenstelle pro Schule
● Beratungslehrer_innen an jeder Schule.
Fazit: Die Gelegenheit, die Anliegen der Beschäftigten der Behördenspitze vorzutragen, ist insofern ein Erfolg, als wir sicher sind, dass unsere Anliegen nicht auf dem Weg zu den Entscheidungsträgern verloren gehen und irgendwo abgeheftet werden. Wenn der Dialog mit den Betroffenen zur neuen Leitungskultur würde, wäre das zu begrüßen.
Wir haben aber eben auch aus erster Hand erfahren, wo die Grenzen des Projektes gesehen werden und haben den deutlichen Hinweis bekommen, dass weitere Verbesserungen in der politischen Auseinandersetzung erstritten werden müssen. Wenn die Schulen, die die Herausforderungen der Inklusion meistern sollen, dauerhaft mit den notwendigen Ressourcen ausgestattet werden sollen, kann das nur im gewerkschaftlichen Kampf erstritten werden.
Wir haben gelernt, dass das Projekt 23+ zeitlich begrenzt ist und ohne personelle Erweiterungen des Personalbestandes durchgeführt wird. Die Inklusion kann aber nicht zum Nulltarif geleistet werden, sie erfordert dauerhaft eine erhöhte Personalzuweisung und das nicht nur an den Schulen im Projekt. Die GEW schließt an diese Arbeit an mit der Aktion „Stark vor Ort“, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Betriebsgruppen zu reaktivieren und zu stärken. Die Vorgaben aus der PR-Aktion zu 23+ müssen weiter getragen und im Zusammenhang mit den schulischen Bedingungen fortentwickelt werden.
Die Sprecher der Personalräte an den 23+ Schulen: Rudolf Riep (Gymnasien), Jörg Reincke (Stadtteilschulen), Dagmar Welke (Grundschulen), Lisa Lauer (Pädagogisch Therapeutisches Fachpersonal)
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