Bei den Tarifverhandlungen zum Ländertarifvertrag (TV-L) konnte die GEW gemeinsam mir ver.di bei der Eingruppierung der Lehrkräfte keinen Durchbruch und keinen Tarifabschluss erreichen. Die GEW hat das letzte Arbeitgeberangebot abgelehnt. Über die Gründe ist vielfach berichtet worden. In erster Linie hat die GEW das Angebot abgelehnt, weil es für etliche Gruppen von angestellten Lehrkräften zu Verschlechterungen geführt hätte.
Anders der Beamtenbund, in Hamburg der Deutsche Lehrerverband (DL-H). Er hat das Arbeitgeberangebot akzeptiert. Damit gibt es seit dem 1. 8. 2015 einen Eingruppierungstarifvertrag (Entgeltordnung) für Lehrkräfte.
Komplizierte tarifrechtliche Situation
Damit ergibt sich eine tarifrechtlich schwierige Sachlage.
Nach Auffassung von GEW und Ver.di gilt der vom Beamtenbund abgeschlossene Tarifvertrag zur Eingruppierung von Lehrkräften nicht für GEW Mitglieder. Denn: Tarifverträge gelten erst einmal nur für die Mitglieder der Tarifvertragsparteien. Für die GEW Mitglieder gilt damit der bisherige Stand im TV-L, in dem es heißt: „Die Entgeltordnung gilt nicht für Beschäftigte, die als Lehrkräfte – auch wenn sie nicht unter § 44 TV-L fallen – beschäftigt sind, soweit nicht ein besonderes Tätigkeitsmerkmal vereinbart ist.“ (Protokollerklärung Nr. 4 zur Entgeltordnung).
Auch der durch den neuen Tarifvertrag geänderte § 44 TV-L, in dem die Besonderheiten (Arbeitszeit, Stufenlaufzeiten o. ä.) für Lehrkräfte geregelt sind, gilt nach unserer Auffassung nicht für GEW Mitglieder. Für sie gelten die alte Fassung und die bisherigen Eingruppierungsrichtlinien.
Die Arbeitgeber sehen das allerdings anders. Klar ist, der neue Tarifvertrag gilt für die Mitglieder des DL-H. Er gilt wohl auch für nicht organisierte Beschäftigte. Sie haben nämlich, wie alle, einen Passus im Arbeitsvertrag, der besagt, dass der TV-L und die ihn ergänzenden und ändernden Tarifverträge in der jeweils für den Arbeitgeber geltenden Fassung gelten. Diesen Passus haben natürlich auch GEW Mitglieder in ihrem Arbeitsvertrag. Ob und inwieweit sich daraus arbeitsrechtliche Konsequenzen ergeben, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschließend beantworten.
Die GEW ist der Auffassung, dass der Tarifvertrag für GEW Mitglieder nicht gilt, sondern die bisherigen Regelungen, die in Teilen besser sind.
Die Arbeitgeber stellen sich auf den Standpunkt: Wir haben einen neuen Tarifvertrag. Der gilt für uns, den wenden wir an und die alten Regelungen setzen wir außer Kraft. Letzteres halten wir für unzulässig. Denn sie gelten unserer Auffassung nach für GEW Mitglieder weiter. Eine einseitige Änderung des Tarifvertrages ist unzulässig. Wie das rechtlich zu bewerten ist, wird irgendwann einmal das Bundesarbeitsgericht entscheiden.
GEW Mitglieder, die unbefristet beschäftigt sind, behalten ihren bisherigen Status. Es ändert sich nichts.
Wichtig: Es kann nicht zu einer einseitigen Verschlechterung eines laufenden Arbeitsvertrages kommen, auch wenn die neue Eingruppierung aus dem Tarifvertrag schlechter sein sollte als die bisherige. Allerdings: Wer einen Fristvertrag bis zu den Sommerferien hatte und nach den Ferien mit einem neuen Vertrag weiterbeschäftigt wird, die/der könnte herabgruppiert werden, wenn der neue Tarifvertrag eine schlechtere Reglung kennt.
Allerdings enthält der neue Tarifvertrag auch günstigere Regelungen gegenüber den alten Richtlinien. Es stellt sich also die Frage, ob in diesen Fällen es nicht besser ist, die neuen Regelungen in Anspruch zu nehmen.
Was können GEW – Mitglieder tun?
Auch diese Frage ist schwer zu beantworten. Das Wichtigste: Die neue Eingruppierung kommt nur zum Tragen, wenn man einen entsprechenden Antrag stellt. Andernfalls ändert sich nichts. Und für die Antragsstellung hat man vom 1. 8. 2015 an ein Jahr Zeit. Es bleibt also Zeit zur Beratung.
Schon jetzt kann man sagen, welche Gruppen in Hamburg zum jetzigen Zeitpunkt (ab dem 1. 8. 2016 treten weitere Regelungen in Kraft, auf die hier nicht eingegangen wird) besonders betroffen sind. Es sind dies:
1. Vorschulklassenleiterinnen
2. Lehrkräfte mit 1. Staatsexamen ohne 2. Staatsexamen
3. Lehrkräfte mit Hochschuldiplomen/Master- Bachelor Abschlüssen außerhalb von Lehramtsstudiengängen
Sozialpädagogische Fachkräfte nicht betroffen
Nicht betroffen von dem Tarifabschluss sind Erzieherinnen/Erzieher, sozialpädagogische Assistentinnen, Therapeutinnen und Therapeuten und Sozialpädagoginnen /Sozialpädagogen, die nicht als Lehrkräfte arbeiten und deshalb unter die seit 2012 geltende Entgeltordnung zum TV-L fallen.
Beratungsangebot der GEW nutzen
Nun ist es im Rahmen eines solchen Artikels unmöglich, den ganzen Tarifvertrag zu erläutern und alle denkbaren Fallkonstellationen aufzulisten, einmal ganz davon abgesehen, dass nicht einmal die Schulbehörde alle Fälle kennt. Deshalb wird die GEW ein mehrstufiges Beratungsangebot machen.
1. Es wird mehrere Informationsveranstaltungen geben, aufgeteilt nach Beschäftigtengruppen. Gesonderte Veranstaltungen wird es auch für die Personalräte geben. Zu den Terminen wird gesondert eingeladen.
2. Im Anschluss an die jeweiligen Infoveranstaltungen wird es die Möglichkeit einer individuellen Beratung geben.
3. Darüber hinaus ist eine persönliche Beratung möglich. Dazu ist eine Mail mit aussagekräftigen Unterlagen (Arbeitsvertrag, formale Qualifikation, Tätigkeit) an die Adresse rechtsschutz@gew-hamburg.de erforderlich. Die GEW wird sich dann mit den Betroffenen in Verbindung setzen. Von Anrufen bitten wir in dieser Sache abzusehen.
Andreas Hamm