Bodo Haß, Physiotherapeut an einer Sonderschule für körperlich-motorische Entwicklung (KME) und stellvertretender Vorsitzender der GEW Hamburg, hielt beim Warnstreik am 27.10 eine Rede:
Moin liebe Kolleg*innen,
wie gut ist es, mit Euch heute hier zu stehen!
Die Meisten von uns haben sich außerhalb ihrer Kohorten in den Schulen, kleinster Arbeitsbezugsgruppen im Büro oder in der Uni kaum live gesehen.
Wie gut ist es mit Euch, den Kolleg*innen von Verdi und der GEW, aber auch mit den Kolleg*innen, die noch nicht in einer Gewerkschaft sind hier zu sein!
Die erste Verhandlungsrunde ist vorbei und diese war nicht schön! Denn die Arbeitgeber wollen eigentlich nicht verhandeln. Sie erpressen die Gewerkschaften und wollen über Arbeitsvorgänge sprechen. Das klingt kompliziert, heißt aber am Ende, dass viele Berufe schlechter gestellt werden könnten.
Und so ist es richtig, dass die GEW und Verdi diesmal schon nach der ersten Verhandlungsrunde zu einem Warnstreik aufrufen. Wir müssen deutlich machen, dass wir bereit sind für unsere Forderungen zu kämpfen.
2,5 lange Jahre sind seit den letzten Tarifverhandlungen für den TVL vergangen und diese Jahre waren anstrengend!
Auf die lange Zeit der Pandemie will ich jetzt gar nicht so viel eingehen. Notbetreuung, unklare Hygienepläne, Entwicklung von ganz neuen Angeboten aus der Distanz. In den Schulen wurde viel geleistet. Ihr habt da viel geleistet!
Dafür gab es durchaus auch Anerkennung durch die Öffentlichkeit und unsere Arbeitgeber. Es gab Applaus und das war auch gut so.
Umso dreister ist es, dass die Arbeitgeber, jetzt, wo es ums Geld geht, sich verschnupft zurückziehen.
Die Forderungen der Gewerkschaften, GEW und Verdi, sind nicht überzogen, sondern der schwierigen Situation angepasst:
Eine Erhöhung der Tabellenentgelte um 5%, mindestens aber um 150€.
Aber wir wollen natürlich mehr. In den Tarifauseinandersetzungen 2019 haben wir mit der Einführung der SuE Tabelle für den Sozial- und Erziehungsdienst viel erreicht. Für viele Kolleg*innen an Schulen war dies eine deutliche Aufwertung ihrer Arbeit.
In Hamburg erreicht dies aber viele Kolleg*innen an Schulen nicht, weil sie formal nicht im Sozial- und Erziehungsdienst arbeiten.
Ich spreche hier von Euch schulischen Therapeut*innen und Euch, den Vorschullehrkräften. Für die Vorschulen ist dies noch einmal besonders bitter, weil für die anderen Lehrkräfte an Grundschulen der Wechsel von A12 auf A13 beginnt.
Deshalb hat die GEW Euch heute zu diesem ersten, ja noch kleinerem, Warnstreik aufgerufen. Wir wollen deutlich machen, dass wir eine grundsätzliche finanzielle Verbesserung für die Ergo- und Physiotherapeut*innen an Schulen und die Vorschullehrkräfte in dieser Tarifauseinandersetzung fordern und erwarten!
Beide Berufsgruppen haben in den letzten Jahren zusammen mit der GEW immer wieder auf ihre finanzielle Situation, aber auch auf die Wichtigkeit und Qualifikation ihrer Berufsgruppe innerhalb des Hamburger Schulsystems hingewiesen und in vielfältigen Aktionen deutlich gemacht. Zu Beidem gab es in diesen Jahren auch immer wieder eine Zustimmung des Arbeitgebers. Hier möchte ich die Veranstaltung zum Jubiläum der Einführung der Vorschulen und den Brief des Schulsenators an die Fachgruppe des Pädagogisch-Therapeutischen Fachpersonals der GEW erwähnen.
Hier fordern wir eine deutliche finanzielle Aufwertung der schulischen Therapeut*innen und der Vorschullehrkräfte. Ihr habt es wirklich verdient!!!
Aber auch Ihr, die Kolleginnen und Kollegen aus den Hochschulen stehen heute auf der Straße und das tut Ihr ja schon länger. Eure Initiative zur Einführung eines TV-Studs, eines Tarifvertrages für die studentischen Aushilfskräfte, ist richtig und notwendig! Vielen Dank für diese Initiative!
Die Studierenden, die sich mit dieser Arbeit häufig ihr Studium ja erst finanzieren, brauchen dringend eine Tarifierung. Selbstverständlich gehört ihr zu den Ersten, die die GEW zu einem Warnstreik aufruft!
Wir fordern die Tarifierung der Arbeitsbedingungen der Studierenden!
Ich gehe noch einmal zurück zum Anfang meiner Rede zur Situation am hoffentlich sich langsam anbahnenden Ende der Pandemie:
Natürlich merken wir alle jetzt, wo, trotz unseres intensiven Einsatzes, unsere Arbeit nicht gereicht hat, wo der Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern abgebrochen ist, wir die Sorge haben, dass wir sie verloren haben. Auch da wartet auf uns alle viel Arbeit!
Umso wichtiger ist es, dass unsere Arbeitsbedingungen gut sind, dass wir nicht im Alltag verschlissen werden.
Umso wichtiger ist es, dass wir ein gutes Tarifergebnis erreichen, damit wir bei steigender Inflation ein sicheres Einkommen haben.
Dafür bedarf es unser aller Engagement:
Engagiert Euch in den Betriebsgruppen Eurer Gewerkschaften und in den Personalräten. Wenn Ihr noch nicht in einer Gewerkschaft seid, tretet ein!
Wir alle brauchen in diesen schwierigen Zeiten, in der Pandemie, in der sich verändernden Arbeitswelt, starke Gewerkschaften mit vielen engagierten Mitgliedern. Wir brauchen starke Personalvertretungen.
Nur so können wir unsere Arbeitsbedingungen verteidigen, und ich sage bewusst verteidigen, aber natürlich auch verbessern. Und ganz nebenbei: Eine konstruktive, aktive Arbeit für die eigenen Interessen macht auch Spaß!
Ich freue mich auf diese Tarifrunde, auf die gemeinsamen Aktionen mit Euch und noch vielen weiteren Kolleginnen und Kollegen, auf die gemeinsamen Streiktage von Verdi und der GEW!
Bleibt gesund und bis bald!
(Foto: Andreas Hamm)