Die Hamburgische Bürgerschaft plant am 29. Januar 2025 über den Antrag der rot-grünen Regierungskoalition „Resilienz des öffentlichen Dienstes gegen Verfassungsfeinde stärken“ abzustimmen. Der DGB und seine Gewerkschaften sehen die mögliche Wiedereinführung der Regelanfrage beim Verfassungsschutz für die zukünftigen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sehr kritisch. Sie bieten den Regierungsfraktionen einen Dialog zu einem Gesamtkonzept und zu gemeinsam getragenen Maßnahmen an. Der am 29. Januar zur Diskussion stehende Antrag wäre entsprechend zu vertagen, um Zeit und Raum für eine ausführliche Erörterung zu gewinnen.
„Mit diesem Bürgerschaftsantrag wird in Hamburg die Tür geöffnet, um die Regelanfrage beim Verfassungsschutz wieder salonfähig zu machen. Das erinnert stark an die Hexenjagd, die vor 50 Jahren mit dem sogenannten Radikalenerlass in Bund und Ländern begann. Auf seiner Grundlage wurden zwischen 1971 und 1986 etwa 3,5 Millionen Bewerber*innen des öffentlichen Dienstes vom Verfassungsschutz überprüft. Davon waren 25.000 bis 35.000 verdächtig; es gab 11.000 Berufsverbotsverfahren. Diese führten dazu, dass etwa 2.250 Bewerber*innen nicht eingestellt und 256 Beamt*innen entlassen wurden - mit all den dramatischen beruflichen und persönlichen Folgen für die Betroffenen.
Es ist richtig, den Kampf gegen Islamismus und Extremismus viel konsequenter als bisher zu führen. Für beides darf in den Schulen kein Platz sein. Die von der GEW heftig kritisierte Verschärfung des Disziplinarrechts sollte hier als weitestgehende Maßnahme ausreichen. Unser Grundgesetz, das Strafgesetzbuch, die Hamburgische Verfassung oder auch das Schul- und Hochschulgesetz bieten bereits eine gute Grundlage zur Abwehr von Verfassungsfeinden im öffentlichen Dienst, sie müssen nur konsequent angewendet werden. Die mögliche Einführung der Regelanfrage birgt die Gefahr einer Ausweitung der anlasslosen Überwachung durch den Verfassungsschutz. Das ist unverhältnismäßig und dazu sagen wir Nein“, so Sven Quiring, Vorsitzender der GEW Hamburg.
„Selbstverständlich dürfen demokratiefeindliche, rassistische und antisemitische Positionen im öffentlichen Dienst, beispielsweise unter der Lehrer*innenschaft keinen Platz haben. Allerdings bedarf es bei der Umsetzung dieser Zielsetzung eines besonderen Augenmaßes. Dies lehren uns auch die historischen Erfahrungen mit dem sogenannten Radikalenerlass. Mit der Verschärfung des Disziplinarrechtes für die Beamtinnen und Beamten und der Wiedereinführung der Regelanfrage im Bereich der Polizei hat Hamburg bereits weitgehende Maßnahmen ergriffen. Nun ist zur Stärkung der Resilienz des öffentlichen Dienstes gegen Verfassungsfeinde ein Gesamtkonzept erforderlich. Hier spielen Fragen der Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie des Bildungsurlaubs ebenso eine Rolle wie die Gewährleistung demokratischer Mitbestimmung und Gestaltungsmöglichkeiten für junge Menschen. In diesem Kontext stellt sich somit dringend die Frage, ob es Alternativen zur Wiedereinführung der Regelanfrage beim Verfassungsschutz gibt“, ergänzt die Vorsitzende des DGB Hamburg, Tanja Chawla.
Der DGB Hamburg hat darauf mit einer Pressemitteilung reagiert. Diese findet ihr hier.
Am Mittwoch soll dazu ein Antrag der rot-grünen Regierungskoalition in der Bürgerschaft verabschiedet werden – noch kein Gesetzesentwurf! Den Antrag findet ihr hier.
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Bild: Arek Socha / Pixabay