Im Kontext der Diskussion um die Bildungsplan-Entwürfe meldet sich auch unsere AG Queere Lehrer*innen zu Wort und kritisiert, dass eine klare Haltung zur Geschlechterdiversität fehlt:
Stellungnahme zu den Bildungsplan-Entwürfen der BSB
Die am 25.3.2022 vorgelegten Entwürfe zu den Bildungsplänen an Grundschulen, Stadtteilschulen und Gymnasien werden in der Gesellschaft und der Fachöffentlichkeit diskutiert. Zu den Stellungnahmen der Schulleitungen der Schulformen, sowie von renommierten Fachdidaktiker*innen der Universität Hamburg, die die allgemeine Stoßrichtung und rückwärtsgewandte Ausrichtung des Entwurfs kritisieren, möchten auch wir – als überfachlicher Zusammenschluss von Lehrkräften aller Schulformen unter gewerkschaftlichem Dach – unsere Stellungnahme abgeben.
Im Koalitionsvertrag zwischen SPD und den Grünen vom 2.6.2020 wird explizit vereinbart: „Im Rahmen der Überarbeitung der Bildungspläne sollen die gendersensible Bildung in Hamburgs Schulen sowie sexuelle und geschlechtliche Vielfalt als Querschnittsthemen verankert werden.“ Nach Prüfung des Entwurfs für den allgemeinen Teil des Bildungsplans (datiert auf 24.3.2022, im Folgenden „A-Teil“) stellen wir fest:
• Die gendersensible Bildung findet sich lediglich abgeschwächt unter der Leitperspektive „Wertebildung / Werteorientierung“ wieder, und zwar in der Beschreibung zwischenmenschlicher Beziehungen „nach den Grundsätzen der Achtung und Toleranz, der Gerechtigkeit und Solidarität sowie der Gleichberechtigung der Geschlechter zu gestalten und Verantwortung für sich und andere zu übernehmen“. Hier fehlt uns eine klare Haltung zur Geschlechterdiversität und eine konkrete Perspektive, in der die Gleichstellung aller Geschlechter im Unterricht und Schulalltag gelebt werden soll.
• Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt taucht im A-Teil weder als Leitperspektive noch als Querschnittsthema auf. Nur ein Hinweis auf die Sichtbarmachung von einer „Vielfalt von Partnerschafts- und Familienformen sowie Geschlechteridentitäten“ taucht in einem Nebensatz zur Wertebildung auf. Auch im Querschnittsthema „Inklusion“, in dem zumindest in Ansätzen eine – über den „engen Inklusionsbegriff“ in Form der Integration von Schüler*innen mit Behinderungen hinausgehende – Diversitätsperspektive angenommen wird, fehlt der Bezug zu genau diesen Vielfaltsdimensionen.
Der vorgelegte A-Teil zeigt deutlich: Die Schulbehörde hat keinerlei Interesse daran, die klare Haltung des Senats, die im „Aktionsplan geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“ dargelegt wird, und auch von der Freien und Hansestadt Hamburg als Unterzeichnerin der Charta der Vielfalt angestrebt wird, umzusetzen und sich für diskriminierungsarme Schulen einzusetzen.
Wir fordern die geschlechtliche und sexuelle Vielfalt als zentralen Aspekt innerhalb einer neuen Leitperspektive „diversitätssensible Bildung“, neben anderen Diversitätsdimensionen (wie ethnische Herkunft/Nationalität, körperliche/geistige Fähigkeiten, Religion/Weltanschauung, soziale Herkunft, Alter), aufzunehmen und somit als verbindliche Grundsätze der Schulgestaltung festzulegen. Nur so lässt sich gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit innerhalb von Schulen, aber auch nachhaltig in der gesamten Gesellschaft, wirksam bekämpfen.
Die Stellungnahme findet sich im Anhang. Weitere Infos zur AG Queere Lehrer*innen finden sich hier.