Schulen bezahlen regulären Unterricht auf Pump aus Vertretungsmitteln

04. Dezember 2012Von: PresseredaktionThema: Schule
Aktuelle GEW Auswertung der Ausgaben für Vertretungs- und Organisationsmittel (VOrM) weist auf versteckten Lehrermangel in Hamburg hin

Bei jeder Gelegenheit weist die Bildungsbehörde einen möglichen Lehrermangel in Hamburg weit von sich. Hamburg sei eine attraktive Stadt und habe ein hohe Anziehungskraft für BewerberInnen heißt es dann immer.

Die objektiven Zahlen sprechen jetzt eine andere Sprache. Hans Voß, ehemaliger Vorsitzender des Gesamtpersonalrats Schulen, hat für die GEW die Ausgaben der Schulen für "Vertretungs- und Organisationsmittel" (VOrM) analysiert. Die Zahlen stammen von der  Bildungsbehörde selbst (Bürgerschaftsdrucksachen 19/6770, 20/2573  und 20/5470).

Aus diesen Zahlen wird deutlich, dass vor allem in den Sek I / II-Schulen ein erheblicher Teil der VOr-Mittel zur Abdeckung des regulären Unterrichts genutzt wird:

• Gymnasien: 33,6%

• Stadtteilschulen: 53 %

• Berufliche Schulen: 37%

Die VOr-Mittel sind eigentlich gedacht zur Abdeckung kurzfristiger Ausfälle und Erkrankungen. Wird damit regulärer Unterricht finanziert, sind die Mittel in kürzester Zeit erschöpft. Das zeigen auch die Zahlen 2008 - 2012. Betrug die Ausgaben der VOr-Mittel an allen Schulen im Schuljahr 2008/9 noch 14.501.328,59 €, so waren es im Schuljahr 2011/12 schon 31.854.717,00 €. Diese Summe konnte nur aus den Resten der vergangenen Schuljahre finanziert werden. Es war dann Ende des Schuljahrs nur noch ein Rest von 3.581.744,48 € "übrig". Wenn die Ausgaben der Schulen also so fortgesetzt werden, sind sie schon im laufenden Schuljahr nicht zu finanzieren. Daraus dann noch reguläre Aufgaben der Inklusion zu finanzieren ist also finanziell schon völlig undenkbar. Damit  belegt die GEW Analyse auch, dass 13 Millionen für einen Inklusionsfonds, wie ihn die GRÜNEN vorgeschlagen haben, aus diesen Mitteln nicht zu holen ist.

"Es ist zu befürchten, dass bei gleichbleibend hohen, notwendigen Ausgaben der Schulen die zugewiesenen Mittel nicht mehr ausreichen. Das wird sich auf die Unterrichtsversorgung und auf die Belastung der KollegInnen verschärfend auswirken, " kommentiert Klaus Bullan, Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW Hamburg).

"Die Analyse der VOr-Mittel ergibt deutliche Zeichen des Lehrkräftemangels. Es stellt sich die Frage, ob Hamburg überhaupt in der Lage ist, alle freien Lehrerstellen mit festen Lehrkräften zu besetzen. Hinweise aus den Schulen, dass es da erhebliche Probleme gibt, liegen uns vor. Behördenvertreter bestreiten, dass es einen Lehrkräftemangel – außer in den sogenannten Mangelfächern - gäbe, da Hamburg als „wachsende Stadt“ eine extrem hohe Anziehungskraft besäße. Die Zahlen sprechen eine andere Sprache".

Bullan ergänzt: “Dazu kommt noch das Thema, dass mit VOr-Mitteln häufig prekäre Arbeitsverhältnisse finanziert werden - Lehraufträge als befristete Verträge, die z. T. während der Schulferien ausgesetzt werden, in denen die KollegInnen dann zur Arbeitsagentur müssen. Und das für reguläre Lehrertätigkeit!

Wir fordern als GEW von der Behörde:

- Reguläre Lehrertätigkeit muss durch feste unbefristete Stellen abgedeckt werden!

- Die Schulpersonalräte müssen Einblick in die Führung der VOrM-Töpfe erhalten, um die negativen Auswirkungen für die Kolleginnen und Kollegen rechtzeitig zu verhindern!"

Hintergrund: Die gesamte Analyse der Ausgaben VOr-Mittel 2008-2012 findet sich unter

www.gew-hamburg.de/themen/arbeitsbedingungen/versteckter-lehrermangel