Seit 50 Jahren gibt es an fast allen staatlichen Hamburger Grundschulen eine oder mehrere Vorschulklassen - VSK genannt. Während der Senat dies zum Anlass einer Feierstunde nimmt, will die GEW Hamburg anlässlich des Jubiläums mit einer kleinen und bunten Aktion auf die Missstände bei den Arbeitsbedingungen der dort beschäftigten Kolleginnen und Kollegen aufmerksam machen.
„Vorschullehrerinnen werden regelhaft mit einer Zwangsteilzeit von 85 % der Arbeitszeit eingestellt. Dies ist ein unhaltbarer Zustand, gegen den die GEW seit langer Zeit kämpft. Doch die BSB beharrt darauf, dass die anspruchsvolle und zeitintensive Arbeit mit den Kindern inhaltlich keiner Vollzeitstelle entspricht. Dazu kommt, dass die Vorschulklassenleitungen als diplomierte Sozialpädagogen die am schlechtesten bezahlte Gruppe von Lehrkräften in Hamburg bilden. Im Vergleich zu Sozialpädagoginnen in anderen Arbeitsfeldern haben sie daher nicht nur aufgrund der Zwangsteilzeit weniger Geld im Portemonnaie, sondern auch, weil sie als Lehrerinnen nicht von der tariflichen Aufwertung des Sozial- und Erziehungsdienstes profitieren. In den nächsten Jahren werden sie im Vergleich deshalb als Berufseinsteiger etwa 150 € brutto weniger verdienen, was sich bis zu einer Differenz von etwa 315 € als erfahrene Kraft steigert. Der Unterschied zu den Grundschullehrkräften ist noch wesentlich höher, je nach Entgeltstufe zwischen gut 400 € bis zu weit über 700 € brutto. Heute sind alle Vorschul-LehrerInnen nunmehr zu einer Feierstunde im Rathaus eingeladen; das ist schön und eine Anerkennung lange überfällig! Es ersetzt aber nicht eine grundlegende Anhebung der Vergütung für diese hochqualifizierte Tätigkeit und die Abschaffung der Zwangsteilzeit!“ so Birgit Rettmer von der GEW Hamburg.
„Vorschul-Lehrkräfte unterrichten von 8.00 bis 13.00 Uhr alleinverantwortlich in allen von der Behörde vorgegebenen Lernfeldern wie beispielsweise Erwerb von Sprachkompetenz, Sprachförderung, Mathematik, Naturwissenschaften und Musizieren. Bei dieser Vielzahl der Tätigkeiten werden die Vorschullehrkräfte regelhaft mit einer Zwangsteilzeit von 85% der Arbeitszeit eingestellt und sind die am schlechtesten bezahlteste Gruppe von Lehrkräften im Hamburger Schuldienst. Dagegen wehren wir uns“, kommentiert Kerstin Mögle, Vorschul-Lehrkraft und GEW-Mitglied.
Zur Information:
Hamburger Kinder haben – einmalig in Deutschland - die Möglichkeit, nicht mit 6 Jahren in der 1. Klasse in der Schule zu beginnen, sondern schon ein Jahr früher – mit 5 Jahren – in der Vorschulklasse. Der Besuch einer Vorschulklasse ist verpflichtend für Kinder, die bei der 4,5 jährigen-Prüfung nicht die nötigen deutschen Sprachkenntnisse haben und Sprachförderung benötigen. Ansonsten haben die Eltern die Wahl, ob ihr Kind z. B. ein weiteres Jahr in der Kita verbleibt oder in einer Vorschulklasse angemeldet wird. Das Angebot der VSK in der Schule wird sehr gut von Eltern angenommen, so dass sich die Anzahl der VSK in den letzten Jahren stetig erhöht hat. Im kommenden Schuljahr wird es deshalb in Hamburg 454 Vorschulklassen geben (24 mehr als im Vorjahr). Die Zahl der für die Vorschule angemeldeten Kinder hat sich um 357 Kinder im Vergleich zum Vorjahr erhöht.
In Hamburg arbeiten aktuell 454 studierte Sozialpädagoginnen als Vorschulklassenleitungen. Sie sind eingebunden in die Schule, unter der Dienstaufsicht der BSB. In der Vorschule arbeiten sie als Lehrerinnen eigenverantwortlich und leiten alleine eine Klasse von 19 bis 23 fünfjährigen Kindern. Die Anzahl der Kinder richtet sich nach dem KESS-Faktor der Schule und kann bei Bedarf auch überschritten werden. Die Vorschul-Lehrerinnen unterrichten von 8.00 bis 13.00 Uhr in allen von der Behörde vorgegebenen Lernfeldern. Als da sind: Erwerb von Sprachkompetenz, Sprachförderung, Systematische Förderarbeit, Einführen, Vermitteln und Anleiten von Ich-Kompetenzen, sozialen Kompetenzen, Sachkompetenzen und lernmethodischen Kompetenzen.
Zusätzlich für alle Bildungsbereiche: Körper, Bewegung und Gesundheit, Sprache, Schrift und Medien, Mathematik, Naturwissenschaften und Technik, Gestalten, Darstellen und Musizieren, Religion und Sport. Dazu kommen Beobachtung und Dokumentation, Kooperation mit den Eltern und Zusammenarbeit mit Behörden und Institutionen.
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