Wie in den vergangenen beiden Jahren werden im Schuljahr 2016/17 alle Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 1 bis 10 auf ihre Rechtschreibleistung hin getestet. Die Jahrgänge 3, 5 und 7 werden im Rahmen der KERMIT-Erhebungen getestet, die übrigen Jahrgänge durch Testhefte, die für 1,01 Euro pro Test vom Ernst Klett Verlag gekauft werden müssen.
„Die öffentliche Schule war schon immer ein Geschäftsfeld für private Unternehmen. Verlage verkaufen Schulbücher und Lehrmaterial. Geräte-Hersteller rüsten Physikraum und Chemielabor aus. Unternehmen liefern Fußbälle und Turngeräte, das Klavier für den Musiksaal sowie die PC samt Software für den Computerraum. Unter der Überschrift ‚Selbstverantwortete Schule‘ und ‚Qualitätsentwicklung‘ finden Schulen sich jedoch zusehends in der Rolle des ‚Kunden‘ privater Dienstleister wieder, weil sie gezwungen sind, schulnahe Dienstleistungen von privaten Anbietern einzukaufen. Die GEW kritisiert diese Tendenz und fordert, öffentliche Mittel nicht privatwirtschaftlichen Anbietern hinterherzuschmeißen. Auch Kopien erfüllen den intendierten Zweck“, kommentiert Anja Bensinger-Stolze, Vorsitzende der GEW Hamburg.
Die Rechtsschreibtests können sowohl handschriftlich als auch elektronisch unter Verwendung einer webbasierten Anwendung der Ernst Klett Verlag GmbH ausgewertet werden. Bei der Online-Auswertung werden durch Eingabe der Testergebnisse sowie der damit regelmäßig einhergehenden Kennzeichnung der einzelnen Schülerinnen und Schüler personenbezogene Daten an eine privaten Stelle, den Ernst Klett Verlag übermittelt werden.
„Die Schulbehörde sagt, dass die personenbezogenen Daten der Schülerinnen und Schüler geschützt sind, weist jedoch zugleich darauf hin, dass bei der Online-Anwendung keine Klarnamen benutzt werden sollen. Wir fragen uns, warum die staatliche Aufgabe der Lernstandskontrollen an private Dritte ausgelagert wird und darüber hinaus ein dubioser ‚Auftragsdatenverarbeitungsvertrag‘ mit dem Klett-Verlag geschlossen wird, wenn eh nur anonyme Daten in das System eingegeben werden sollen. Dass solche Aufgaben aus der staatlichen Verantwortung gegeben werden, können wir nicht nachvollziehen. Ebenso wenig verstehen wir den Datenwahn des Schulsenators, der immer wieder prüfen und diagnostizieren will und so eine daraus folgende unnötige Belastung erzeugt. Es ist ein Mehraufwand für die Kolleginnen und Kollegen, der das einzelne Kind nicht einen Schritt weiter bringt“, so Anja Bensinger-Stolze.
Die Stuttgarter Klett-Gruppe machte sich einen Namen vor allem durch Schulbücher und andere Lehr- und Lernmaterialien. Doch das Geschäft mit den Schulbüchern stagniert. Grund genug, das ‚Geschäftsfeld‘ auszuweiten und unter anderem in den Bereichen Lehrerfortbildung, Testen und E-Learning neue Märkte zu erschließen.
„Die pädagogisch selbstständige und demokratische Schule – eine langjährige Forderung der GEW – tritt dahinter oft zurück“, so Anja Bensinger-Stolze abschließend.
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