Mehr Zeit für gute Schule heißt für die GEW, den Aufwand der Beschäftigten an Schulen reell zu bemessen und nicht unter den Auskömmlichkeitsvorbehalt des Senats zu stellen. D.h. die Arbeitszeit, die die Beschäftigten für alle ihnen aufgeladenen Aufgaben (Inklusion, Ganztag, Schulentwicklung, Integration von geflüchteten Schüler*innen, Teamarbeit usw.) brauchen, muss ihnen auch zur Verfügung stehen und bezahlt werden. Pädagoginnen und Pädagogen arbeiten nicht als Ehrenämtler*innen an den Schulen, sondern es ist Erwerbsarbeit. Es hat nichts mit guter Arbeit zu tun, wenn die Beschäftigten in der Schule häufig nur einen Weg sehen, die gesundheitsgefährdende Belastung zu minimieren, nämlich in Teilzeit zu gehen.
Genauso wichtig für gute Arbeit an Schule und guter Schule ist ausreichend Raum. Olaf Scholz weckte im Februar 2010 mit einem Gedanken große Hoffnungen: „Die Schulen müssen in schwachen Vierteln Paläste sein“, denn sie seien „das wichtigste Mittel der sozialen Stadtentwicklung“. Ob es allein ausreicht, die Schulen zu Palästen bzw. zu Bildungszentren im Stadtteil zu machen, ist zwar fraglich, wäre aber ein guter Start. Nach der Einrichtung des Landesbetriebs Schulbau und des Musterflächenprogramms für Schulen kommt es aber bei vielen Schulen nach den ersehnten Neubauten zu weniger Schule. Raum geht verloren! Und auch an den vorhandenen Schulen werden die Quadratmeter genau berechnet – egal, ob sie nun ein großer Flur sind und nicht als Klassen- oder anderweitige Räume zu nutzen sind. Es wird gezählt, gerechnet und da im Musterflächenprogramm keine Inklusion und kein Ganztag berücksichtigt wurden, gelten einige Schulen raummäßig als zu groß. So sollte zum Beispiel bei der Grundschule Moorflagen (letzte hlz) zur Abmietung eines Gebäudes kommen, das rein rechnerisch „überflüssig“ war. Der Protest der Schule war insofern erfolgreich, dass die Abmietung aus Sanierungsgründen bis 2019 verschoben wurde. Und dann wird sicher wieder eine Menge Kraft und Anstrengung von Beschäftigten, Eltern und Schülerinnen und Schülern nötig sein, um die – in diesem Fall für Rollstuhlfahrer*innen – notwendigen Räume zu sichern.
Wenn wir uns das Musterflächenprogramm ansehen, wird deutlich wie vorgegangen wird: zwölf Quadratmeter pro Schüler*in für die Gebäude, 5 Quadratmeter pro Schüler*in für die Schulhöfe und ganze ein Quadratmeter für jeden Beschäftigten sind festgelegt. Damit fallen 300.000 Quadratmeter weg, obwohl 10.000 Schüler*innen in Containern unterrichtet werden, obwohl individuelles Lernen, flexible Unterrichtssituationen, Schule als ganztägiger Lebensraum und inklusive Schule mehr Platz brauchen. Im Übrigen auch mehr Platz für die Beschäftigten! In einer Ganztagsschule müssen Arbeitsplätze vorgehalten werden. Wie in allen anderen Arbeitsstätten brauchen Schulen Pausen- und in einigen Einrichtungen auch Ruheräume für Beschäftigte. Und jede/r, der Schulen von innen kennt, weiß dass die meisten Lehrerzimmer nicht diesen Ansprüchen gerecht werden. In Baden-Württemberg wurde nach einer Studie an den Schulen ein Bedarf von mindestens 6 – 8 Quadratmeter pro Vollzeitbeschäftigtem festgestellt. Dabei werden Räume für Schulleitungen und Verwaltungsaufgaben noch einmal zusätzlich berechnet. Das hieße für Hamburg mindestens eine Verdoppelung der bisher vorhandenen Räume für Arbeit und Pause der Beschäftigten. In dieser hlz findet ihr einen Artikel unserer Referate B und C zum Thema Schulbau.
Die Haushaltsberatungen für den nächsten Doppelhaushalt 2017/18 beginnen demnächst und damit gibt es den beiden Regierungsparteien die Möglichkeit ihre Vorhaben zu überdenken und nachzulegen. Nachzulegen im Bereich des Personals, das mehr Zeit braucht! Nachzulegen bei den Schulbauten! Nachzulegen mit einem Musterflächenprogramm, das den tatsächlichen Bedürfnissen der Schulen Rechnung trägt! Es müssen nicht gleich Paläste sein, aber Schulen mit ausreichend Platz, die den Gegebenheiten von Ganztag und Inklusion Rechnung tragen und eine gute Umsetzung dieser Schulentwicklung eine Chance geben!
Anja Bensinger-Stolze, Fredrik Dehnerdt, Sven Quiring
Foto: Christopher Nobel / www.pixelio.de